Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Sie behauptete nämlich, im Film sähe man noch dicker aus als im Leben. Das fehlte mir gerade noch! — Wir fuhren einige hundert Meter mit allen Koffern, Viechern und sämtlichem Schachtehverk vom Hause fort. Zuerst wurden die Kinder und Dienstboten auf den Balkon und in den Vorgarten gestellt. Sie winkten lebhaft gegen die Seite, wo wir waren, und von wo aus man nie im Leben von der Bahn kommen kann. Die Hausgehilfinnen konnten das Glück nicht fassen, daß die liebe Herrschaft wieder daheim sei, und es malte sich sichtliche freudige Erregung in ihren Zügen, unterstützt durch aufmunterndes Brüllen des Herrn Regisseurs: „Lustiger, bitte!" Auf der Straße hatten sich Passanten eingefunden, die sich auf Ersuchen ebenfalls an dem Glücksgefühl über unser Kommen beteiligten. Mütter mit Säuglingen auf dem Arm wurden veranlaßt, mit diesen zu winken. Auf einmal hieß es: „Vorwärts !" — Der Wagen fährt langsam vor, im langsamen Schritt (auf der Leinwand wird es ein Galopp) — ich kegle mir alle Glieder aus und winke glückstrahlend mit dem Hut, einem Ueberzieher, zwei Handtaschen und einem Hund. Ich hänge derart aus dem Wagen, daß ich herauszufallen drohe. Meine Frau Elisabeth — bekannt unter dem Namen ..Liesi, die Gründliche" — sagt sich den Text vor, murmelt etwas von „Wiederdaheimsein" und „Oh, sieh doch Leo, die Kinder" — damit sie ja kein Gesicht macht, das mit der wonnigen Situation in irgendeinem Widerspruche steht. Die Arme war befangen, aber maßvoll im Spiel. Nun hält der Wagen. Alles stürzt auf die Straße^ die Mäntel und Käfige werden uns aus den Händen gerissen, ein Begrüßen hebt an, das meines Erachtens selbst bei Wahnsinnigen nicht üblich sein kann. Der Regisseur schreit dazwischen: „Fröhlicher! Lachen! Hunde vor! Die Katze zeigen! So — so ist's recht!" Die Kinder fliegen uns an den Hals und verbiegen uns das ganze Gesicht mit ihren Küssen. Liesis Mama — ich will das anrüchige Wort „meine Schwiegermutter" nicht anwenden — fliegt mir an den Hals und gebärdet sich unheimlich zärtlich. Sie will demonstrieren, welch eine Ausnahme sie unter den gewissen .Wintern bildet. Luxi und Schnauzi. die beiden Haushunde, springen an mir herauf und bellen wie toll, sie meinen, es geschähe mir etwas! — Die klugen Tiere! — Dann geht es langsam ins Haus. Die beiden Malteserhiindchen am Arme meiner Frau halten uns für blödsinnig. Nachdem alle leeren Koffer und ebenso leeren Vogelkäfige abgeladen und beiseite gestellt sind, treten wir ein. Das ist das erste Bild. Umzug. — Das Stadtgewand herunter. Ich trete allein aus dem Hause, in der Lederhose, als Stimmritzenprotzenbauer, wie ich hier genannt werde, weil ich, wie die treuherzigen Aelpler behaupten, mit den Stimmritzen protze. Selige Gebärde. Strahlendes Lächeln, soviel die Gesichtsmuskeln hergeben. — Endlich daheim! — Ferien! — Weltumfassendes Händeausbreiten. Dann geht es zu Tisch. Elsa, mein Gemahl, hat eine sehr dekorative Torte backen lassen und mir und den Kindern eingeschärft, daß sie zum Mittagessen gehöre und die Stücke, die sie uns auf den Teller legt, wieder zurückgegeben werden müssen. Beim Servieren fehlt ein Stubenmädchen. Sie kommt nicht, sie ist beleidigt, weil ich der andern beim Begrüßen die Hand gereicht habe und ihr nicht. Sie sitzt in der Küche und weint bitterlich. Also gut, nur ein Mädel da. Wir sitzen um den Tisch herum, markieren Gefräßigkeit, und sowie gekurbelt wird, meine Frau sich nicht wehren kann und die sonnige Hausfrau darstellen muß, fressen wir die ganze Torte auf. Dieses Bild wird am natürlichsten. Dann gehen wir in die Küche, nach dem schwerbeleidigten Mädchen sehen, und entschuldigen uns, daß wir auf der Welt sind. Dort weint auch die Köchin herzbrechend. Sie sagt, sie wäre aufgefordert worden, erst im letzten Moment, — und wenn sie gewußt hätte, daß Kino gemacht wird, hätte sie sich frisieren lassen und das neue semmelfarbene Kleid mit den grünen Tupfen angezogen. — Außerdem wäre ihr übel, und sie müsse sich ins Bett legen. Während ich die Gute im Geiste verstümmelte, redete ich ihr ihren Kummer liebevoll aus. Das Bild geht weiter. Nun nehme ich Gartenrequisiten zur Hand, die eigens schon zum Photographieren für mich hergerichtet waren, und schneiden an den Rosenbäumchen herum. Dieses Bild wird namentlich Gartenfachleute mit Erstaunen erfüllen. Alle Lieblingsbeschäftigungen werden bis zur Gehirnerweichung vorgeführt. Lieblingsbeschäftigungen wie: Umgraben, Ausjäten, wo man sich bücken muß, daß einem das Rückenmark wie eine verrostete Türe knarrt, dann begieße ich ohne jeden Grund irgend etwas, füttere die Kiniglhasen — und so geht es von einem geliebten Fleck zum andern. Am Fischteich sitzen wir behaglich in Strohsesseln und hören sichtlich befriedigt dem Geigenspiel meiner Tochter zu. Gottlob sieht man nicht, daß ihr humor= 20