Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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kritzelten Papier gefesselt ... Er bleibt überrascht stehen — und liest . . . „Mister Farnuni — ", sagt plötzlich Helen Franklin leise. Er kehrt aus einer andern Welt, aus einer Welt, die hinter dem Balkan liegt, zurück, sieht auf und bemerkt, daß Helens Augen glühendheiß sind. „Was gibt es denn?" fragt er. Helen deutet in der Richtung auf die Park Road zurück und erkundigt sich: „Was halten Sie von dem alten Treaburn, Sir?" Farnum würde bei jedem andern Menschen unwillig angefahren sein, — bei seiner unbedeutenden Privatsekretärin aber wagt er das aus irgendeinem seltsamen Grunde des Respektes seit heute nicht mehr. Er nimmt es nicht übel, daß er in seiner Lektüre aufgestört wurde: wenn Helen Franklin etwas sagt, wenn sie ihn unterbricht, während er liest, so muß das maßgebende Beweggründe haben. Also hebt er unschlüssig die Schullern: ,Ich habe nicht auf ihn acht gegeben, Miß Franklin", erwidert er. „Glauben Sie, daß — " Helen sieht ihn groß an, — ihre Augen sind so groß, daß Daniel Farnum fast erschrickt. Schöne, sprechende Augen hat sie! - denkt er. Sie nimmt von seinem Gebanntsein nichts wahr, sondern meint bedächtig: „Treaburn hatte es sehr eilig, wegzukommen. Und er betete zu viel. Haben Sie das nicht bemerkt?" Trotz des wichtigen Schriftstückes in seiner Hand muß Daniel lachen: „Er betete — , ich habe davon nichts bemerkt, Miß Franklin." Auch Helen lächelt: „Doch, doch! Er faltete die Hände und blickte zum Himmel . . . oder zur Decke, Mister Farnum!" Farnum bläst den Atem durch die Nase heraus: „Zur Decke . . .? Und was folgt daraus, Miß Franklin'^' Einige Sekunden denkt Helen nach, dann winkt sie mit der Hand ab und sagt: „Lesen Sie weiter . . . Ich will mir's überlegen!" Und beide setzen sich wieder in Bewegung, in der Richtung auf Weymouthstreet zu. Die Polizei hantiert unterdessen an allen erreichbaren amtlichen und nichtamtlichen Hebeln: sie verfolgt drei, vier Spuren auf einmal. Sie beobachtet das Haus in der Park Road, beobachtet Steen und auch Treaburn, und sie harrt außerdem auf die Damen, die doch, wie es zu erwarten ist, den alten Junggesellen ahnungslos besuchen kommen müssen. Aber niemand erscheint. Eine der Spuren, die die Polizei für wichtig hält, geht in die Austin Road jenseits der Themse. Dort wohnt einer von jenen Maklern, die für Hand und Schmiergeld die unwürdigsten Geschäfte machen. Man weiß, daß Mister Hobson mit ihm das anrüchige russische Geschäft einfädelte. Starglance nennt sich der Makler, dem man gar zu gerne eins auf die Finger geben möchte. -40 Und die Presse bemächtigt sich des Mordes als eines dankbaren Sensationsstoflev. Daniel Farnum bekümmert sich um all diese einander widersprechenden Nachrichten nicht, er hat einen Faden gefunden, der nach Marsaille weist, und dieser Faden spannt sich über das Mittelmeer weiter nach Konstantinopel und der Türkei. Hobson stand vor dem Abschluß einer großen Sache, eines Millioneilgeschäftes mit Angora. Daniel verrät mit keiner Geste, daß die Erbschaft dieses Abschlusses in seine Hand übergegangen ist, — er läßt sich die Eingänge allmorgendlich von Helen Franklin anstreichen, verteilt die Post nach dem fünften oder sechsten Brief — und arbeitet dann an seinem ersten großen Coup. Vorsichtig — und doch nervös. Der Tote, der schon seit Tagen begraben liegt, macht ihm nichts aus; die Hauptsache ist, seine Firma geht weiter . . . Da kommt ihm ein unangenehmer Besuch dazwischen: aus Marseille wird Monsieur Habet gemeldet, dessen Rolle Daniel nicht ganz klar durchschaute. Romain Habet ist über den Tod Hobsons erstaunt. Mister Hobson war sein geheimer Freund, und er fordert von Daniel Farnum den Beweis dafür, daß Farnum das Riesengeschäft mit Angora an sich reißen will. Daniel wird unsicher, verliert aber äußerlich seine Haltung nicht. „Mister Hobson vvar mein Disponent!" sagt er. „Er arbeitete für m ich, und ich verfolge die Sache weiter, da er starb." Romain Habet springt von seinem Sessel auf: „Hobson arbeitete nicht für Sie! Er arbeitete für mich ... Er war mein Agent, Monsieur! Sie sind vermutlich dahintergekommen und haben ihn deshalb erschossen!" Nun wird auch Daniel Farnum erregt: „Was erlauben Sie sich?" schreit er. „Sie bezichtigen mich des Mordes, — habe ich Sie recht verstanden?" „Das haben Sie!" gibt Habet schonungslos und giftig zurück. „Sie wollten sich das Geschäft nicht entgehen lassen!" „Hinaus!" brüllt Farnum. Fr wirft sich mit der Wucht seines stattlichen, sehnigen Körpers auf den Besucher. Habet weicht aus, zieht sich schnell in Helens Zimmer zurück, sagt hier kühl, als sei nichts vorgefallen, „Au revoir!" — und tritt auf die Treppe hinaus. Mit stieren, entsetzten Augen unilaßt Daniel I arnum die offene Tür, er soll gemordet haben? Das ist ja Wahnsinn, was dieser Marseillaiser spricht. Aber wie kann er nachweisen, daß er die Papiere im Besitz hat? „Miß Franklin!" lallt er. Seine Stimme versagt fast, so groß ist die unmittelbare Erregung. Und er reißt sich zusammen, ruft abermals, jetzt etwas lauter: „Miß Franklin, — bitte!"