Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

Farnuni fühlt sich unangenehm berührt von dieser Mimik. Er empfindet das Zwinkern wie ein Tasten auf seiner Haut, wie ein Beklopfen . . . Doch er beherrscht seinen Ekel und fragt: „Darf man wissen — ?" Der Kommissar wiegt den Kopf auf dem Halse: „Warten wir, Sir, warten wir noch ein wenig . . . Wir werden an Ihnen nicht vorbeigehen!" Ein verhängnisvolles Wort ist dieses „Wir werden an Ihnen nicht vorbeigehen". Farnum knirscht mit den Zähnen vor Wut: warum sagt man ihm den Verdacht nicht ins Gesicht? Aber er will sich nicht foltern lassen. „Kennen Sie Monsieur Habet?" fragt er geradheraus. Dieser Kommissar soll schon Farbe bekennen! Aber der Kommissar verrät nichts. „Wen, bitte —?" fragt er. „O, Sie kennen ihn", sagt Daniel Farnum mit klopfenden Pulsen. „Sie kennen ihn sicher; denken Sie nach. Ich meine den Marseillaiser . . ." Der Kommissar kraut sich hinter dem linken Ohr und erwidert: „Ich bedaure wirklich . . ." Schurke — , denkt Daniel, als er die Treppe wieder hinabsteigt. Als er im Wagen sitzt, kommt ihm der Einfall, an Park Road 29 vorbeizufahren. Auf dem Wege überdenkt er, wie er für den Abend oder die Nacht des Mordes ein Alibi nachweisen könnte. Er war zu Hause, er kam um etwa acht Uhr heim, niemand sah und hörte ihn kommen . . . War da ein Alibi gegeben? Der Regent Park, die Park Road . . . „Fahren Sie ganz langsam . . ." ruft er dem Chauffeur nach vorne. Im Schritt passiert der Kraftwagen die Straße. Da ist Nummer 29 . . . Wie, wenn ihn hier der Marseillaiser sähe? Würde er nicht sagen: es zieht den Verbrecher stets an die Stätte der Untat zurück? Unheilvoller Verdacht! Und das ganze Haus wie verhängt! Sanft fächelt der Regent Park seinen Schatten herüber, Sonne liegt auf den Rasenplätzen, eine leichte Brise stäubt in den saftgrünen Blättern . . . ..\\ ir werden an Ihnen nicht vorbeigehen — ", hatte der Kommissar gesagt. Wie konnte er wagen, das ihm, dem Erben von Daniel Farnum Getreide engros, ins Gesicht zu sagen? Die Park Road liegt wie im Mittagsschlaf, kaum einige Menschen überqueren die Straße. Aber dort hinten . . . Ist's — ? Daniel richtet sich auf, als sähe er etwas sehr Ersehntes, etwas sehr Liebes. Er fühlt, wie sein lästig mattes Herz schneller zu pochen beginnt. . . . rauscht er sich auch nicht? Aber wenn seine Augen ihn täuschen, wie kommt es. daß schon der Gedanke seine Pulse belebt ? Ist's Helen Franklin, die dort aus dem Park heraustritt und hinübergeht zur Park Road 29? Im gleichen Augenblick will der Wagen abbiegen. „Zurück!" schreit Daniel dem Chauffeur zu. „Fahren Sie die Straße zurück . . . Bis 29 schnell zu, dann stoppen Sie!" Der Wagen fährt zurück, stoppt sehr plötzlich . . . Aber die Straße ist wieder gleichgültig. Die Frau, die Helen hätte sein können, ist spurlos verschwunden. „Nach Hause", befiehlt Daniel müde. Und bald hält das Auto vor Farnums Privatbesitz. Untätig verbringt er den Nachmittag, gegen fünf Uhr meldet er sich endlich im Geschäft. Sein Vater erwartet ihn; schweigend stehen sich die beiden Männer gegenüber. Endlich fragt Daniel Farnum senior: „Du hast Sorgen?" Der junge Farnum knickt in sich zusammen; soll er jetzt sprechen? Soll er von dem Verdacht sprechen, der sich gegen ihn erheben kann? Und er gewinnt es nicht über sich, ein Geheimnis daraus zu machen. Der Alte schüttelt mißbilligend den Kopf: „So wolltest du einen Coup machen? Mit solchen Karten spielt man nicht, das merke dir!" Und nach einer Weile fragt er: „Wo wohnt das Mädchen?" Auf diesen Einfall ist Daniel junior noch gar nicht gekommen, und ein freudiger Schimmer durchstrahlt ihn. Aber er denkt an Helen Franklin nicht als an seine Feindin, er denkt nur an das Mädchen, das er wiedersehen möchte. Eine halbe Stunde später stehen die beiden Männer vor einer ernsten Frau mit weißem Haupthaar. Es ist vergebens, daß sie sich hierher bemühten: die Mutter weiß nicht, wo Helen steckt. Das Mädchen hat vor zwei Tagen einen Zettel hinterlassen, auf dem nur die Worte stehen: „Ich verlasse die Enge — , aber ich kehre bald zurück. Sorge dich nicht um Geld!" „Eine nette Privatsekretärin hast du dir genommen", sagt der alte Farnum voller Bitterkeit. „War sie hübsch?" „Ja — ", erwidert der andere. Und der Alte brummelt vor sich hin: „Das ist das ärgste, was einem jungen Chef passieren kann; vielleicht mußt du Lehrgeld zahlen. Daniel . . ." Es sieht so aus, als soll er recht behalten. Eine unruhige Nacht geht an dem jungen Farnuni vorüber, und am Morgen meldet sich der Kommissar im Geschäft. Daniel sieht ihn hereintreten und fühlt Stahlschellen um die Hand; gelenke. Kaum kann er sich erheben; es ist schade, daß der Vater noch nicht anwesend ist. „Man hat Sie verdächtigt, Sir", sagt der Kommissar. Es klingt gefühllos kalt, fast schadenfroh von diesen blutleeren Lippen, über 42