Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

Record Details:

Something wrong or inaccurate about this page? Let us Know!

Thanks for helping us continually improve the quality of the Lantern search engine for all of our users! We have millions of scanned pages, so user reports are incredibly helpful for us to identify places where we can improve and update the metadata.

Please describe the issue below, and click "Submit" to send your comments to our team! If you'd prefer, you can also send us an email to mhdl@commarts.wisc.edu with your comments.




We use Optical Character Recognition (OCR) during our scanning and processing workflow to make the content of each page searchable. You can view the automatically generated text below as well as copy and paste individual pieces of text to quote in your own work.

Text recognition is never 100% accurate. Many parts of the scanned page may not be reflected in the OCR text output, including: images, page layout, certain fonts or handwriting.

sich und die schon Lebensschicksale, in Worte gekleidet, geflossen sind. „Bitte — , eine Antwort nur!" sagt der Kommissar. „Wo waren Sie am Mordtage, abends um etwa neun, zehn oder elf Uhr . . .?" Die Erregung der letzten Tage hat aus Daniel Farnum einen zermarterten, furchtsamen Menschen gemacht; niemand hätte ihm sonst eine solche Frage stellen dürfen. Er formt eine matte Antwort: „Ich war zu Hause . . ." „Haben Sie Zeugen? Ihren Diener vielleicht — ?" „Er hat mich nicht gesehen ... Ich bediente mich an jenem Abend allein!" Um des Beamten Mundwinkel scheint es zu zucken. „Bitte," sagt Farnum hartnäckiger, „ich war daheim . . . Ich glaube, mir war nicht wohl . . . Lassen Sie mich nachdenken, vielleicht fallen mir Einzelheiten ein ... Es ist schwer, sich momentan auf alles zu besinnen . . ." Der Kommissar sieht mechanisch nach der Uhr, klappt den goldenen Deckel auf und läßt ihn, zufallend, wieder einschnappen. Wie das Schnappen eines Schlosses klingt es Daniel Farnum ins Ohr; es stört sein verwirrtes Grübeln, es schreckt ihn auf. Sein Blick hebt trifft auf die Augen des Kommissars, die ungeduldig sprühen. Vor dieser Ungeduld zuckt er zusammen. „Mir fällt nichts ein", sagt er bedrückt. Ein Wirbel erfaßt ihn, ein betäubendes Gefühl der Ohnmacht . . . Der Kommissar steckt die Uhr in die Westentasche und sagt: „Die Meldung rührt von einer Miß Helen Franklin her, Sir!" Daniel ist es, als hätte er einen Schlag auf den Kopf erhalten; was der Beamte da sagt, leichthin und ohne jede Betonung, ist etwas so Unerhörtes, daß er den Boden unter den Füßen verliert. Er taumelt, faßt nach irgend etwas, fühlt unklar, daß er ja sitzt, und schließt nun die Augen, um alle Dinge in sich zu ordnen. Da hört er die Stimme seines Vaters, der eben gerade den Raum betreten haben muß. „Ist er leidend?" fragt der Vater. Und der Kommissar antwortet leise: „Ein Schwächeanfall, Sir ... Er wird vorübergehen. Sorgen Sie dafür, daß wir nicht gestört werden, — ich möchte alles Auffallende vermeiden." An diesen Worten richtet sich Daniel junior auf; die Furcht eines Eklats tritt zurück, er öffnet die Augen und sieht die Blicke beider Herren auf sich gerichtet. „Ich bin unschuldig", sagt er, obwohl er im gleichen Moment weiß, daß seine Worte wie eine schale Behauptung wirken. Er gewahrt sich in der Rolle eines Verbrechers, — er, der auf den Spuren eines Enkels Rockefellers zu wandeln glaubte, — er, der nach Zahnpasta und Savon d'Orinoco duftete und stolz und jähzornig war in seinem Selbstbewußtsein. Blitzschnell fliegen diese Vorstellungen an seinem Hirn vorüber, er schüttelt sich, als würfe er eine Last ab, stemmt sich aufbegehrend in die Knie und richtet sich gegen die Tischkante auf: „Was wollen Sie?" sagt er schneidend, „sind Sie ge= kommen, um mich wie einen cowboy zu behandeln?" Der Diener Treabiirn ist ein schlottriger Alter Der Kommissar lächelt indifferent: „Verzeihung, ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß Sie sich Geschäfte des Verstorbenen angeeignet haben . . ." „Angeeignet — ?" schreit da Farnum auf. Ein unerwarteter Wille springt ihm in die Adern und rötet das bleichgewordene Gesicht. „Ans geeignet? Der Teufel soll Sie holen, wenn Sie mir einen Mord zutrauen! Hinaus — , wenn Sie noch ein Wort dieser Art reden! Wo ist das Mädchen, das Sie aufhetzt?" „Helen Franklin?" „Dieselbe!" „Sie wartet im Vorraum . . ." Mit einem kühnen Satz ist Farnum in Helens Zimmer . . . Wieder ist es leer. Auch der Kommissar ist erstaunt. „Ich ließ sie hier zurück", sagt er bescheiden. Und Daniel junior ist es, als äffe ihn ein Spuk. Mitten im Zimmer steht er, aufrecht jetzt und selbstsicher, — er faßt sich an die Stirn: war's nicht draußen in der Park Road, daß ihm bereits einmal . . „ nein, vorher schon: — genau so, wie jetzt, hatte sich Helen aus eben demselben Zimmer in Sicherheit gebracht . . . 43