Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Ich versteifte mich, wellte nicht ändern, denn mein Konflikt war ja für mich das Beste, das seelisch Tiefste. Ich zog ab, um an der nächsten Stelle mein Heil zu versuchen. Ergebnis: dasselbe anders rum. „Ja — das Manuskript an sich gefällt uns sehr, aber sehen Sie, unsere Auslandsverleiher wollen keine Kostümfilme — ihr „Publikum" will das nicht." Erst war ich verstimmt, dann begann ich auf die verschiedenen „Publikümer" zu lauschen, um das Uebel an der Wurzel zu fassen. Doch ein Resultat wollte sich nicht sofort ergeben. Ich drehte meine ersten Filme. Die „Publikümer" verfolgten mich und wurden mehr und mehr. Der Dramaturg der Firma begann mit den ersten § en „Publikumsratschlägen" — der Verleiher folgte — der Auslandsverkäufer gab den Rest. Hatte ich mit meinen Schauspielern eine besonders schöne Szene fertig und zeigte sie stolz, so war bestimmt irgend ein Geschöpf da, das nie selbst produktiv gearbeitet, sondern nur mit großer Hornbrille bewaffnet, alle Zeitungen und Fachzeitschriften gelesen hatte, das irgend einen „Publikumsrat" wußte, der meine ganze schöne Schöpferfreude mir verdarb. Mit der Zeit wappnete ich mich gegen dieses sogenannte „Publikum", denn ich sah, daß es immer vielgestaltiger wurde — in den Köpfen der anderen nämlich. Ich begann lächelnd und fast dankbar an das Leipziger Bild zu denken und meinen Weg innerlich ohne ein aufgezwungenes sogenanntes ., Publikum" zu gehen. „Verzeih, liebes Publikum, aber dies schien und scheint mir noch heute die größte Wertschätzung deiner gewichtigen und hochachtbaren Persönlichkeit. Denn wo man hinhört, jede produzierende Firma, jeder Verleiher, jeder Regisseur hat eine andere Vorstellung von dir, jeder hat sein Publikum, und darum kann man es niemandem recht machen. Heute heißt es, du, liebes Publikum, willst nur das, und morgen das. Heute Kostüm, und morgen den modernen Film. Heute Literatur und morgen Sensation. Und wenn du nun siehst, geliebtes Publikum, wie, wo und wer es wagt, mit dir anzubinden, dann verstehe ich die böse Hydra auf meinem guten alten Leipziger Bild. Jeder Jüngling, der heute die intellektuelle Hornbrille trägt, jeder Outsider, der mal irgendwo durch einen „guten Freund" oder gar „eine gute Freundin" in die schwierige, allzu schwierige Filmbranche die Nase gesteckt hat, bindet in seitenlangen Artikeln mit dir an. Uff, — was wird nicht alles geschrieben. Jeden Morgen, Mittag, Abend kannst du leider, leider nur zu oft von Unberufenen, in den Tageszeitungen seitenlang lesen, woran der deutsche Filmmarkt krankt, warum das und das gut und das andere schlecht, warum du, o Publikum, so und nicht anders behandelt werden mußt. Und dabei — wie bist du, liebes Publikum, so viel älter und erfahrener als alle die Herren und „Herrchen" . So habe ich nun auch als praktischer Arbeiter meine eigene Meinung von dir, geboren durch mein Leipziger Bild — „geläutert" durch die Filmbranche, und dies Bild zeigt nicht den Albdruck der zahllosen Gesichter, sondern ein einziges großes Gesicht, und dies Gesicht sah ich in verschiedenen Ausdrücken, die sich nicht änderten nach Konflikt — Kostüm — oder moderner Frage, nicht nach „happy end" oder „Gifttod", nicht nach Jackie Coogan oder Asta Nielsen, nicht nach Stil oder Sensation, sondern lediglich nach der Qualität der Arbeit. Ich sah dich, o Publikum, in ehrlicher Begeisterung und Einmütigkeit bei wirklich guten, einwandfreien Filmen, gleichgültig, was sie behandelten, ob der seelische Konflikt im dritten Akt da war oder nicht. Und ich sah dein gerecht empörtes, dein drohendes Gesicht bei Dreck, den man dir fälschlich als anständige Ware vorzusetzen versuchte — auf deutsch: bei Filmen, für die irgendein Handlanger den Geldgebern das Geld entlockt und sich „als Regisseur" bezeichnet hatte. Ich sah wohl auch Schwanken und Irrtümer bei dir, sah ein Stutzen vor neuen Dingen, aber im großen und ganzen wandelte sich dein Gesicht nur nach der wirklichen Qualität des dir Gebotenen. Es gibt in meiner Heimat einen guten alten Satz, den ein alter plattdeutscher Schmierendirektor seinen Darstellern zu sagen pflegte, wenn sie sich über irgendeinen Mangel an Requisiten oder Kostümen beklagten: „Spelt man god" (Spielt nur gut), und darum glaube ich, deine Meinung, o liebes Publikum, dahin deuten zu dürfen: ...Wacht nur gute — wirklich gute Filme und werft nicht soviel Geld für schlechte hinaus!" Und darum ist für mich aus deinen vielen Gesichtern des Leipziger Bildes ein einziges — allerdings ein unerbittlich klares geworden. 4S