Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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gegeben, und es lag nun an ihm, die Konjunktur so auszunutzen, wie sie für die Zukunft die besten Früchte zeitigen mußte. Die erste Idee war, Pollard fallen zu lassen; das wäre jedoch unklug gewesen. Er wußte nicht, wie weit die Geschichte vom „toten Leblanc" sich herumgesprochen haben mochte, mußte aber damit rechnen, daß er für Pollards Posten sowieso noch nicht in Betracht gezogen wurde. Also war es besser, diesen Trottel auf dem Sessel eines Oberinspektors sich zu verpflichten. Aber — wie sollte er Celeste Richepin gewinnen? Er ging schon am Nachmittag zur ihr und traf sie daheim an. „Guten Tag, meine Liebe!" begrüßte er sie, als wäre er gestern zum letztenmal hier gewesen. „Ah, Richard, mein Einziger, — guten Tag!" Er mußte sich setzen, mußte erzählen. „Ein blöder Schlingel, dieser Pollard," platzte sie mitten in seinen Reisebericht hinein. Leblanc machte ein dummes Gesicht: „Das habe ich dir ja schon vorher gesagt; — aber et gefiel dir besser, als ich!" „Du mußt das richtig verstehen, Richard . . ." „Ach was," sagte er gleichgültig, „was willst du denn? Ich habe mich in Quimper kostbar amüsiert ... Ich bin dir nicht böse . . . Uebrigens habe ich geahnt, daß ihr beide nicht lange aushalten würdet . . . Pollard ist zu verbohrt und zu unverträglich . . . Ich war beinahe sieben Wochen mit Anne Cedraille zusammen, eine Kleine aus Nantes, vom Staatstheater dort . . . Und ich habe mich über nichts zu beklagen gehabt. Ich hätte mir nie träumen lassen, daß eine Frau so süß sein kann!" „Du bist ein kompletter Flegel," sagte Celeste. „Entschuldige," widersprach er. „Meinst du, ich hätte die Verpfichtung, dir Nettigkeiten zu erzählen, nachdem du Pollard mir vorgezogen hast? Aber du hast zu meinem Glück beigetragen . . . Na, lassen wir das! Wie geht's dir?" „Was macht Pollard?" „Keine Ahnung," log Leblanc. „Hast du ihn nicht getroffen?" „Getroffen — nein, ich habe mich bei ihm zurückgemeldet ... Er war arrogant wie immer, schob mir eine Diebstahls-Akte hin und sagte etwa: sieh zu, was du fertig bringst . . ." „Eine Diebstahls-Akte?" „Ja, eine kleine Geschichte . . . aus dem .Printemps' . . .," nickte Leblanc, ohne die Augen aufzuheben. „Die Diebstähle häufen sich, nun soll das Publikum überwacht werden . . ." „Hat man denn keinen Anhalt, — keinen Verdacht?" plauderte Celeste, indem sie zur Zigaretten-Dose griff und eine Zigarette auf deren Deckel ausklopfte. Leblanc fiel es auf, mit welchem Interesse sie nach etwaigen Einzelheiten forschte, und zum erstenmal kam er auf die Idee: wovon lebt diese Frau. 44 „Man hat keinen Anhalt," beantwortete er ihre Frage und gab ihr Feuer. „Aber man soll sich im „Printemps" selber vorsehen," fuhr er fort, „die Polizei kümmert sich besser um wichtigere Dinge. Ich werde mich ein oder zweimal im Warenhause aufhalten, damit ist die Sache für mich erledigt. Ich kann doch nicht allen Marktweibern unter die Mäntel gucken, ob sie nicht drei Meter Spitze gestemmt haben . . ." Celeste Richepin sah verträumt vor sich hin: „Den Wunsch nach Reichtum und Wohlhabenheit hat ein jeder, mein Lieber! Ihr von der Polizei seid ein wenig hartleibig . . . Der „Printemps" wird seine Preise schon so kalkulieren, daß er die paar Diebstähle verwindet, ohne pleite zu gehen . . ." Um ein Haar hätte Leblanc bei dem Wort „pleite" von Henry Sabadell gesprochen, doch besann er sich noch rechtzeitig — und war im geheimen nicht wenig stolz auf seine Selbstbeherrschung. „Vielleicht hast du recht," meinte er. „Das ganze Polizeiwesen müßte reformiert werden . . ." „Aber gründlich", bestätigte Celeste. „Und das Gesetzbuch außerdem. Stell' dir mal die Lage eines Bankiers vor, Richard, der fallit gegangen ist und nun, wenn die Verhältnisse so liegen, für die Verluste geradestehen soll. Das ist doch Mumpitz! Die Leute sollen ihr Geld auf eine gemeinsame Kasse, auf eine Sparkasse bringen und sich mit wenigen Prozent zufrieden geben . . . Wer Aktien kauft, ist genau so ein Waghals — wie ein Bankspekulant. Wer etwas sagt, sollte nicht noch unter gesetzlichen Schutz gestellt werden, — und wer im Auftrage dieser Waghalsigen handelt, der Bankier, sollte nicht als Betrüger betrachtet werden. Das sage ich!" „Gib mir auch eine Zigarette," sagte Leblanc ablenkend. „Nimm eine, — hier . . ." Celeste reichte ihm die Dose hin. Leblanc bediente sich, gab sich Feuer und dachte dabei nur immer: wovon lebt diese Frau? Und: — sie möchte, daß ich von Sabadell anfange . . ., und von Pollard. Aber ich werde ihr den Teufel tun! — „Was ist eigentlich Radeau für ein Mensch?" fragte Celeste endlich ganz unvermittelt. „Dein Freund," erwiderte Leblanc lakonisch. Sie musterte ihn aufmerksam. „Und was weiter?" erkundigte sie sich, als sei Leblancs Antwort etwas ganz Selbstverständliches. Leblanc hob die Achseln: „Er ist ein Mann, mit dem die Verbrecher rechnen müssen..., weiter weiß ich auch nichts. Er interessiert mich nicht." „Hat er Geld?" „Damit mußt du dich an Pollard wenden, meine Liebe." „So so..." Leblanc begann, sich unbehaglich zu fühlen.