Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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rutig, — Sie brauchen Madame nichts zu sagen; ich verrate Sie nicht!" Und nun wurde der Kommissar etwas ungeduldig, trotz des behaglichen, hochlehnigen Stuhles. Aber er hatte einen gewaltigen Schritt vorwärts getan — zur Entlarvung Celestes. Und er sonnte sich im voraus im Glänze eines ihm ueuwinkenden Ruhmes . . . Nach zwanzig Minuten ließ Madame Richepin ihn bitten: sie hatte sich nach dem Bade wieder niedergelegt und nahm soeben das kleine Frühstück ein. Bestrickend sah sie aus in ihrem morgenlichen Negligee, mit den von den weichen Schultern herabgleitenden Spitzenbändern und jenen Andeutungen, die für den Mann, und sei er noch so wissend, immer wieder bezaubernd sind. Sie reichte Leblanc die Hand zum Kusse, und der Kommissar ließ sich einen kurzen Augenblick dem Gefühl hin, daß er nur den Ann auszustrecken brauchte, um wieder von allem Besitz zu nehmen. Dann aber dachte er mit der Beharrlichkeit des versessenen Strebers an seine Carriere, an den Ruhm des Erfolges, und er kehrte zu einer kühlen Verbindlichkeit zurück. „Du bist sehr zeitig auf den Beinen." lächelte Celeste ihn an. „Und wie in früheren Zeiten gilt mir Dein erster Besuch, — das ist lieb von Dir, Richard!" Er machte eine gleichgültige Bewegung, die überlegen sein sollte, und sagte mit einem markierten Gähnen: „Ich komme eben vom Boulevard Voltaire zurück — und dachte, — gehst Du bei Celeste vorbei!" Aufmerksam beobachtete er sie. In ihrem hübschen Gesicht bewegte sich keine Muskel. „Vom Boulevard Voltaire, — sagte ich . . ." wiederholte er hartnäckig. Celeste lachte: „Nun ja doch..., ich habe gehört . . . Aber was weiß ich, wo der liegt? Hast Du dort gebummelt?" Leblancs Sicherheit ging auf und davon. „Ich habe dort nun, gebummelt auch . . ., sagte er. Und er wurde über seine Unentschlossenheit verwirrt. Madame Richepin schob wieder ein Schulterbändchen in die Höhe, — er ärgerte sich über diese Bewegung. Und er platzte hart und unvermittelt heraus: „Haben denn Deine Reize gar keine Wirkung auf Henri Sabadell ausgeübt, meine Liebe?" Sie ließ die Tasse mit Schokolade sinken; große Augen starrten Leblanc an, — Augen, aus denen plötzliche Angst aufleuchtete. Wirklich: Celeste hatte sehr schöne Augen! Leblanc trommelte mit dem Mittelfinger der rechten Hand auf dem Teetischchen, das ans Bett gerollt worden war. „Ja, ja," sagte er boshai und niederträchtig. „Henri Sabadell wäre doch sonst nicht so schnell wieder gegangen. . heute nacht . ." ..Was willst Du von mir?" fragte Celeste. „Sag es doch rund heraus - und quäle mich nicht erst lange ... Ist er festgenommen, ja?" 50 Leblanc schwieg. Und Celeste setzte das Täßchen auf den Tisch, um sich vorwärtsbeugen zu können, Leblanc entgegen, der keinen Blick von ihr ließ. „Sprich doch," bat sie ihn, „und wenn Du willst, verhafte mich . . . Was liegt an mir? Habt ihr ihn . . . Oder ist er entkommen . . ." Und da Leblanc immer noch nicht antwortete, fuhr sie in steigender Erregung fort: „Du hast ihn nicht, nicht wahr? Sag's doch! Ich sehe es Dir ja an! Du hast ihn nicht! Er ist entwischt, gottseidank ist er enwischt . . . Was hetzt ihr ihn denn noch? Genügt euch denn sein El?nd nicht?" „Er hat vierhunderttausend Franken auf dem Gewissen, meine Teure," sagte Leblanc schneidend. „Das heißt, er hat etwa vierhundert Sparer um ihr Geld gebracht . . ." „Mich auch . . ." stöhnte Celeste. „Nun — Dich . . ." sagte Leblanc geringschätzig, verächtlich. „Dich hat er beschwatzt..., Du läßt Dich ja von jedem Hansnarren beschwatzen . . . Wieviel hast Du eigentlich eingebüßt?" „Das ist doch ganz gleichgültig!" „Verzeihung, nein, — meine Teure. Deine Forderung ist angemeldet, wie?" Celeste schüttelte den Kopf. Leblanc lehnte sich auf seinem Stuhl zurück: das war ja großartig! Hier saß noch eine betrogene Clientin, die Masse der Schulden erhöhte sich also noch! Aber es ging nicht an, daß Madame Richepin ihre Forderung nicht geltend machte; wenn Sabadell nun verhaftet würde, mußte der Konkurs möglichst groß dastehen! Damit gewann seine Arbeit an Bedeutung — und wurde Sabadell umso strafwürdiger. Blitzschnell gingen Leblanc diese selbstverständlichen Ueberlegungen durch den Kopf. „Also — wie hoch sind Deine Forderungen?" wiederholte er seine Frage. Da lächelte ihn Celeste unter Tränen an: „Ich habe keine Forderungen an ihn," sagte sie. Du hast Geld verloren, behauptetest Du soeben!" widersprach er versessen. „Ja, — und das, das er mir versprochen hatte," nickte sie, noch immer mit feuchten Augen lächelnd. Leblanc machte sein hämischstes Gesicht: „Hm hm... Und wohin ist er geflohen, was?" „Suche ihn!" Ratlos betrachtete Leblanc seine einstige Freundin. „Suche ihn!" forderte sie ihn nochmals auf. A\ enn ich sie jetzt aus dem Bett heraus festnehme', überlegte Leblanc, .so ist eigentlich nichts damit gewonnen. Ich hätte die Verhaftung schon vor drei oder vier Tagen mit demselben Recht durchführen keimten. Aber dann erreiche ich gerade, was ich vermeiden will... und was Pollard und Radeau vermeiden