Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Pollard schnitt die knappen Ausführungen mit einer schnellen Handbewegung ab: „Das ist alles, ja?" „Jawohl!" Pollard nickte: „Ich freue mich, daß Sie heute nicht mehr von Celeste sprechen, sondern von Medame Richepin! Ich bitte Sie, bei dieser Ausdrucksweise zu bleiben." Ueber Leblancs Rücken lief es eiskalt. Der Atem stockte ihm, als er sich zu sagen bemühte: „Gerne, Herr Pollard!" Und der Oberinspektor nickte befriedigt, um dann fortzufahren: „Ich war soeben bei Madame Richepin ... Sie hat mir erzählt, wie Sie sich benommen haben, — einfach skandalös . . . Einfach skandalös, mein Herr!" Leblanc in seiner Ehre als Kavalier gekränkt, erhob sich. Und auch Pollard stand auf. Er gab seiner Stimme mehr Kraft, um Leblanc schonungslose Wahrheiten ins Gesicht zu werfen: „Jawohl! Oder wollen Sie leugnen, daß Sie Madame Richepin wie eine Kokotte behandelt haben, Herr? Lassen Sie das den Präfekten erfahren, dann sind Sie als Beamter erledigt! Sie wußten wohl nicht, wen Sie vor sich haben, wie?" „Verzeihen Sie . . ." sagte Leblanc schüchtern. „Schweigen Sie," donnerte nun Pollard, der seine ganze Traurigkeit der letzten Woche vergessen, ausgestrichen zu haben schien. „Sie haben nicht ungefragt zu reden, merken Sie sich das! Sie sind wie ein Dilettant umhergetappt, wie ein Blinder! Man erkundigt sich, ehe man unglücktiche Auftritte inszeniert, nach den Persönlichkeiten, Herr! Das sollten Sie wissen .." „Nun ja — " lallte Leblanc. Diese Hilflosigkeit deutete Pollard an, daß ein weiterer Stimmenaufwand nicht mehr nötig sei; Leblanc war gezähmt. Also machte er eine Pause, strich sich eine Haarsträhne aus derSlirn, setzte sich wieder und sagte zu Leblanc: „Nehmen Sie Platz, Herr! Ich muß mich beherrschen, so sehr habe ich mich über Sie aufgeregt! Was habe ich nicht beim Präfekten Ihretwegen zu hören bekommen! Ich habe Sie herausgestrichen, indem ich auf Ihre früheren Dienste hin „Schweigen Sie," donnerte Pollard wies, — nun, es hat geholfen; er will Sie noch einmal dulden. Das bleibt ganz unter uns! Sie haben mir viel Aerger verursacht." „Aber — wieso?" stammelte Leblanc, der heiß und kalt zu transpirieren begann. „Ja, sehen Sie," sagte Pollard, Madame Richepin ist eine geborene Charta, eine geborene Celeste Charte. Hören Sie gut zu! Fräulein Charte hat einen Stiefbruder mütterlichseits: ihre Mutter war in erster Ehe mit einem gewissen Sabadell verheiratet, — mit Emile Sabadell . . ." „O Gott," stöhnte Leblanc. „Hören Sie weiter," sagte Pollard. „Henri Sabadell ist Celestes Stiefbruder, den sie zärtlich liebt. Sowohl Sabadell wie auch Madame Richepin sind sehr bemittelt, nur hat Sabadell viel eingebüßt. So kam er in Konkurs, und Celeste konnte ihm nicht beispringen, weil ihr Geld festgelegt ist. Um Sabadell zu halten, hat sie — alles das wußte ich auch nicht, lieber Leblanc! — hat sie seine Flucht begünstigt; Sabalell £.rb°i*ete al<o im Geheimen wener, um Gelder seiner Schwester flüssig zu machen. Das ist ihm gestern gelungen; heute morgen hat er auf dem Gericht die Summe von vierhunderttausend und etlichen Franken hinterlegt." „Das Verfahren ist also eingestellt, wie?" „Jawohl, mein lieber Leblanc . . . Die Familie Charte hat überhaupt ein sehr starkes Zusammengehörigkeitsgefühl," plauderte Pollard weiter. „Henri Sabadell wurde in seinen schweren Stunden von seiner wirklichen Schwester begleitet, von Serafina Charte, die unter dem Namen Encima Soberbia alsTänzerin bekannt geworden ist . . ." „Es ist rührend," sagte Leblanc. „Eigentlich ist in dieser moralischen Familie Madame Richepin die unmoralischste, wie mir scheint?" Pollard lächelte vor sich hin: „Sie ist die bemiiteltste," sagte er. „Und ihr gehört fortan auch die Bank von Sabadell . . . Vielleicht ein sehr tüchtiger Schachzug dieser seltsamen Frau!" „Aber die Summe, die Radeau der Frau Richepin vorschoß," fragte Leblanc, der bei klaren Sachen nie einen Punkt aus dem Auge verlor. „Was hat Frau Richepin mit der Summe angefangen?" 53