Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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entdeckten dann meine Erstleistung in einem Kino in Tripolis — und holten mich aus der römischen Vergessenheit, aus der Versenkung des Nichtstuns zu einer neuen Rolle hervor: der Film hieß „Liberazione". Ich kam nach Deutschland zurück, vertrieb mir die Zeit mit Malen und Warten und kam endlich, ohne daß ich in meiner Geduld aggressiv geworden wäre, zu einigen kleinen Filmaufträgen, die längst vergessen und begraben sind. Die „Jagd nach dem Tod" hieß der eine Versuch, dann schrieb mir jemand aus Mailand, wo man eine Ibsen-Verfilmung ,.Die Frau vom Meere" vorhatte, — und hinterher war ich abermals in der Versenkung verschwunden. Und nun kam der letzte Zufall, allem Anschein nach bisher der entscheidendste. Ich hatte mich in einem Berliner Atelier photographieren lassen, und just bei demselben Photographen muß sich Direktor Neumann, der Schöpfer des ,,Inri"-Films, mit seiner Tochter zum Porträt einstellen. Er sieht meine Photos, erfährt meine Adresse — und ich spiele den Oberon im „Sommernachtstraum". Ob's ein Erfolg ist oder nicht, spielt für mich keine Rolle, d. h. ob der Film ein Erfolg war. Allerdings glaube ich, daß der „Sommernachtstraum" gut abschnitt, aber der Zufall hatte es mit mir persönlich noch günstiger gemeint; denn ich schnitt wahrscheinlich noch günstiger ab und bekam nunmehr endlich die Angebote, von denen ich bereits vor Jahren geträumt hatte. Also, der Zufall ist's gewesen, denn hätte ich nicht in Zürich meine Amateurbilder gehabt, wäre mir Italien verschlossen geblieben, — hätte ich nicht einen Bekannten des Regisseurs Zelnik kennengelernt, hätte ich nie bei Zelnik gefilmt, — wäre ich nicht im Atelier Rieß photographiert worden, würde ich nie als Oberon herausgekommen sein . . . Woraus sich ergibt, daß doch i c h recht habe und nicht der bewußte Herr, der das Gegenteil behauptete. 2. Römische Tage i. Der Regen sickert aus undurchdringlichem Grau, — ich lehne mich in die Vettura zurück und lasse die nassen Hausfronten vorbeiziehen; nur Zipfel sehe ich von den Häusern; Fensterecken, Türecken, Mauerecken . . . Und ich sehe Zipfel von den Menschen, — einmal ein paar eilende Füße, dann nasse, schlenkernde Hände, dann ein tropfendes Jackett . . . Tamtaimtam — tamtamtam — trottet das Pferd durch Rom, — ich sehe nur Zipfel der ewigen Stadt, — Zipfel, wie sie vor Jahrhunderten gleichfalls tropften, überliefen, rieselten, platschten und klatschten . . . Und das ist Rom, — Rom trotz alledem . . . Ich beuge mich vornüber, wie eine Gebirgswand ragt altes Gemäuer hoch, wie ein Berg steigt altes Gemäuer aufwärts . . . Der Kutscher deutet auf das Mauerwerk, stammelt Unverständliches, ich nicke, er fährt weiter . . . Was das ist — , es ist ja so gleichgültig: es ist ein Ewigkeitsmonument, ein Denkmal aus Jahrhunderten, aus Jahrtausenden . . . Was weiß ich — ! Das Mauerwerk ist ewig, ewig wie das blaue Meer, das jetzt vom Himmel herniedergraut, — ewig wie der Sand der Campagna, der jetzt Lehm ist, — ewig wie der Kreislauf der Natur . . . Und ich lasse diese Ewigkeit unter strömendem Regen an mir vorbeihuschen, — Zipfel der Ewigkeit, Ecken von ihr . . . Zipfel und Ecken vom Unvergänglichen . . . Und von den vergänglichen Menschen . . . II. Dann — der Himmel bricht auseinander, er zerreist, er birst, er zerspringt . . . 56 Und aus den gebrochenen Stellen lacht Bläue hervor, lacht das Paradies und glimmt heißer Goldglanz über. Wie war der Himmel so irdisch grau, — und wie strahlt das Paradies so unwirklich schön . . . Und aus den Zipfeln werden ganze Bilder: die Menschen strecken Köpfe und Hände und Füße aus den Kleidern, sie lachen zur Sonne empor, sie beginnen mit lautem Zungenschlag ihre sonderbar weiche Sprache zu sprechen . . . Und ich begreife, warum diese Menschen sich beim Regen verkriechen, wie scheue, spielerische Schmetterlinge. Ach, dieses Volk der Kinder, der großen, großen, nie alternden, nie reifenden Kinder. Das Paradies sendet heiße Freudenstrahlen aus dem blauen Aether, und die Menschen sitzen inmitten der Ewigkeitsdenkmäler, lachen und sind sorglos, sind kokett und schön, sind untätig und — ach ja, sie sind so überflüssig, so unsagbar überflüssig auf dieser Erde . . . Und darum schauen sie auch stets ins Paradies hinauf . . . Luxus? Ah bah! Das sind weltliche Dinge: man nimmt sie mit. wenn man sie hat, — aber man verlacht sie, wenn man sie nicht hat. Schönheit liegt im Lachen, im Wesen, im Glück, im Unbesorgtsein, im Sonnenglanz, in der Liebe . . . Ja, in der Liebe, denn sie ist die untätigste, faulste Lebensregung des Menschen . . . Und sie ist ein Kind des Paradieses . . . Eine seltsame Stadt, dieses Rom, — und ein seltsames Volk: die Römer . . .