Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

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So saß er lange, ganz in sich zusammengekauert, wie erdrückt von der Not seines Herzens, Irgendwo, wie in weiter Ferne, schlug eine Tür zu. Eilige Schritte knirschten leise über den Kies der Gartenwege. Evelyn verließ wohl sein Haus, er rührte sich nicht. Er hatte das Spiel, um das er noch zwei Tage zuvor den Tod herausgefordert, ja doch verloren. Hoffnungslos, wie der Mann auf der Bühne, starrte er in eine entgöttcrte Zukunft. — — — Die Zeit verwehte. Mitternacht kam und ging. Und noch immer hockte Karr in seinem Sessel, ein plötzlich ganz alt gewordener Mann mit einem stumpfen, leeren Bauerngesicht. Was sollte nun werden? Es war ja Wahnsinn zu denken, daß er morgen früh vielleicht, wie immer, zu seinem Büro hineinfuhr und sich wieder in die Tretmühle der täglichen Arbeit einspannte. Dieser Arbeit, die bisher sein Leben ausgemacht hatte und die im Grunde nicht um ein Gran sinnvoller gewesen war als die ewige Glücksjagd der raffgierigen Menschen nieute, die ruhelos von früh bis spät durch die Sleinwüste der Weltstadt einem unsichtbaren Ziel zutobte. Ein alter Bibelvers kam ihm auf einmal in den Sinn, den ihm der Vater bei seiner Einsegnung auf den Weg ins Leben mitgegeben hatte und der ein halbes Jahrhundert lang in ihm verschüttet gewesen war, ,,Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele?" Mit zuckendem Munde sprach er die feierlichen Worte leise vor sich hin. ,,Und nähme doch Schaden an seiner Seele." Er hatte seine Seele einst dem Moloch des Geldes verschrieben. Gold und Macht, so hatte von jeher die Devise seines Lebens gelautet, rücksichtsloser, erbarmungsloser Kampf um den Erfolg. Und was war das Ende gewesen? ^ Eine ungeheure Leere und ^"^^^^"~~^"^"^"~"~"^'~" Herzenseinsamkeit, die Eiseskälte des Alleinseins. Die Frau, an die er sein liebearmes, alterndes Herz gehängt, deren Seele er sich mit seinem Geld erkaufen zu können geglaubt, sie hatte ihn heute nacht für immer verlassen, sie übte jetzt Vergeltung an ihm für die Vergewaltigung ihrer Jugend, die Schändung ihres Lebens. Als ein Wrack, ein hinfälliger, willenloser Mensch, ein lebender Toter war er zurückgeblieben. Und eine große Sehnsucht nach Erlösung aus all diesen Qualen zog auf einmal übermächtig durch sein Herz. Ein leises Klopfen schreckte ihn endlich aus seiner Versunkenheit auf. Der alte Diener war geräuschlos eingetreten und fragte, ob er für ihn noch Befehle habe. Karr raffte sich gewaltsam zusammen und trat zu seinem Schreibtisch. Hin seltsamer Entschluß war plötzlich in ihm herangereift, daß er hastig ein paar kurze Zeilen auf ein Briefblatt warf und den Umschlag an Dr. Kurt Steinhoff adressierte. ,,Es tut mir leid, Franz," sagte er, ,,daß ich Ihnen ein Teil Ihrer Nachtruhe raube, aber ich muß Sic bitten, diesen Brief noch unverzüglich nach Schlachtensee zu besorgen und, wenn irgend möglich, dem Adressaten persönlich auszuhändigen. Mein Privatauto soll Sie hinüberbringen. Sie können dann gleich schlafen gehen, ich bedarf Ihrer heute nicht mehr!" Wie lange Karr noch an seinem Schreibtisch gesessen hatte, er wußte es nicht. Der Kopf war ihm auf die Arme herabgesunken, die Glieder schmerzten ihm vor Müdigkeit, doch schwerer noch war die Müdigkeit seines Herzens. Ein Riß klaffte auf einmal in seinem Denken, wie wenn eine Welle im Antrieb seines Gehirns zerbrochen war; und über dem Ganzen lag eine trostlose Verzweiflung, durch die doch immer wieder das Wissen hindurchbrach und ihn zerfleischte. Wie ein Schlafwandler trat er endlich an das offene Erkerfenster am Kamin und sah in die blaue Mondnacht hinaus. Kein Laut stieg aus ihr empor. Ganz still und einsam war die Welt, „In solcher Nacht stirbt man", dachte er, und er fühlte, wie die völlige körperliche Erschöpfung jede Todesangst in ihm ausgelöscht hatte, _-^_^_^_^^_^_^_^__ Noch einmal rann die Sehn sucht nach der fernen Frau in ihm. Süß, schwer und brennend. Dann schloß er leise das Fenster und ging langsam nach seinem Schlafzimmer hinüber. VII. Kurt hatte das Theater •schon während der ersten Szenen des dritten Aktes durch einen Seitenausgang des Bühnenhauses heimlich verlassen. Auf einma' hatte ihn inmitten der Vorstellung das Bewußtsein seiner Lage wieder mit niederschmetternder Gewalt überkommen, daß ihn alles, was er tat und dachte, völlig sinn und zwecklos dünkte, nun da er die Faust des Todes schon im Genick zu spüren meinte. Wie im Fieber nahm ei am Steuer seines Autos Platz und fegte durch den Flammcntraum der Großstadt, die ihm in tausendfachen, farbentrunkenen Lichtkaskaden entgegenblühte. Er achtete kaum darauf ■^■^———^^^^^—^-^ wohin ihn sein Weg führte. Er hatte nur den einen Gedanken, den tiefen Sturm seiner Nerven in einer rasenden, hemmungslosen Fahrt zu betäuben. Immer weiter über den spiegelnden Asphalt der sich endlos auseinanderzweigenden, lichtübergleißten Straßenschächte, in denen das Leben bereits langsam zur Ruhe ging, um sterbend aus seinem Schoß schon wieder einen neuen Tag verzweifelten Ringens und Raffens zu gebären. Eine halbe Stunde später hielt er vor seiner Wohnung in Schlachtensee, Unterwegs war ihm plötzlich eingefallen, daß die vereinbarte Benachrichtigung an Karr ja noch ungeschrieben war, auch glaubte er, Walter ein paar Abschiedsworle schuldig zu sein,^ wenn er seinen Wagen, wie es jetzt ganz sicher bei ihm feststand, zur Fahrt in den Tod benützte. Der seltsame Gedanke, der bei dem letzten Besuche des Freundes in ihm aufgesprungen war, hatte sich allmä+ilich zu einem unerschütterlichen Entschluß verdichtet. Aus früheren Wanderfahrten in die Umgebung Potsdams kannte er eine Bahnunterführung in den einsamen Wäldern um Neubabelsberg. SINGER NÄHMASCHINEN AKTIENGESELLSCHAFT SINGER LXDBS ÜBERALL