Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

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/ ^. / oitiftzui' 9MmU9em,9cS I ROMAN VON HANS SCHULZE ^^ Tiefschwarzc Ebenlioirscssel standen auf einem Fußboden aus liclricbenem Kupfer, und aus wundervoll j<eschnitzlen Vitrinen schimmerten hauchdünne Tassen und Vasen in märchenhaften Formen, diese zartesten, köstlichsten Din^c der Welt, die in ihrem Farben und Gestaltenreichtum den jjanzen Zauber länf^st versunkener asiatischer Kulturen neuerstehen lassen. Evelyn hatte Walter mit altgewohnter Herzlichkeit begrüßt und sich anfan<«s nach Kräften bemüht, beherrscht und unbefangen zu erscheinen, doch schon nach den ersten Worten war ihre Fassung dahin gewesen, und sie halte den immer wieder hervorquellenden Tränen nicht mehr zu wehren vermocht. In einer leidenschaftlichen Selbslanklagc halte sie sich der Alleinschuld an dem Tode ihres Gatten bezichtigt, an der nun auch Kurt zugrunde gehen müsse, ohne daß iemand helfen könne. Was dies Bewußtsein für sie bedeute, was sie in der letzten Zeit an Gewissensqualen durchgemacht habe, könne iiir niemand nachfühlen. Sie sei seelisch und körperlich völlig am Ende und kenne nur noch den einen Wunsch, daß es bald Jjanz aus mit ihr sein möchte, ehe man sie noch hinter den Mauern eines Irrenhauses bei lebendigem Leibe einsargen müsse. Vergebens hatte sich Walter mit dem Aufgebot seiner ganzen Beredsamkeit bemüht, aufmunternd und tröstend auf sie einzuwirken, sie mit neuem Lebenswillen, neuer Zukunftshoffnung zu erfüllen. Evelyn hatte ihm schließlich überhaupt nicht m-'hr geantwortet und in tränenloser Starre fast unwillig icdcn weiteren Zusprucli abgelehnt. t)a hatte er ihr cndlicli leise die Hand gedrückt und war still zu Lore auf die Terrasse hinausgegangen, aufs tiefste erschüttert von der Hoffnungslosigkeit dieser Verzweiflung, unter der die strahlende, lebensprühende Frau in wenigen furchtbaren Wochen zu einem Schalten ihres früheren Selbst geworden war. Walter hatte schon am Vormittag im Sladtbüro Brandstettcrs angerufen und ihm lür den Abend seinen Besuch angemeldet. Als er jedoch gegen sieben Ühr in dem großen Geschäftshause im Filniviertel der südlichen Friedrichstadt eintraf, fand er von dem Personal der Firma nur noch ein bleichsüchtiges Schreibmaschinenfräulein vor, das ihm mit einer betrüblichen Zahnlücke schüchtern entgegenlächelte und ihm mitteilte, daß Herr Brand.stetter nachmittags noch einmal nach außerhalb gerufen worden sei und Herrn v. Prayer bitten lasse, falls die Angelegenheit sehr dringlich sei, ihn gleich in seiner Privalwohnung abzuholen. Walter dankte ihr mit der ihm eigenen liebenswürdigen Höllichkeil, die ihm ein abermaliges beglücktes Lächeln des freud Oüo Gebühr in dem Emelko-Filni „Die keusche Kokotte" losen kleinen Menschenwesens einbraclilc, und fuhr dani\ sofort nach dem Berliner Norden weiter, wo der Kommissar in einem großen Pensionat in der Luisenstraße wohnte. Als Walter jetzt bei ihm anklopfte, saß er bereits in Schlafrock und Pantoffeln bei einer großen Weiße, zcilunglesend auf seinem kleinen Balkon und blinzelte aus kurzsichtigen Augen dem späten Besucher erstaunt entgegen, dann aber erkannte er Walter und begrüßte ihn geräuschvoll. ,, Welch ein Glanz in meiner Hütte!" sagte er. ,, Verzeihen Sic nur meine Kragcnlosigkcit! Ich werde mich aber sofort wieder vermenschlichen. Denn ich kann mir denken, daß es irgendwo brennt!" Walter nickte bejahend. „Ganz recht, Herr Brandätetter! Ich bringe wichtige Nachrichten vom Kriegs'schauplatz! ' Damit überreichte er dem Kommissar den an Evelyn eingegangenen Brief und berichtete ihm über seinen Besuch in der Villa Karr. ,,Wir fahren selbstverständlich noch heute nach dem Wilhelmsgarten!" sagte dieser nach kurzem Besinnen. ,,Es ist ein altes Studenlenlokal mit Schrammelmusik und einem ewigen Bockbierklamauk. Der Wirt, ein früherer Ringkämpfer, ist zufällig ein alter Bekannter von mir, der uns über die Persönlichkeit des Anonymus vielleicht einen Wink geben kann!" P'ine Viertelstunde später standen die beiden Herren vor einem düsteren, grauen Hause in der Nähe des Oranienburger Tores. Eine Rotte halbwüchsiger Kinder spielte unter den Hallenbogen einer breiten Durchfahrt, die nach der Straße zu mit grellgelbcn Plakalen gepflastert war. Dahinter öffnete sich ein geräumiger Hof. Ein alter Mann fegte bedächtig allerlei Müll und Papierfelzen zwischen ein paar bestaubten Oleanderbäumen zusammen, die im Verein mit einem schwindsüchtigen Holundergebüsch den Gartencharakter des Lokals andeuteten. Wäsche liing an den Fenstern zu ebener Erde zwischen Schildern mit ,, Frischer Wurst" und ,, Hackepeter". Irgendwo quäkte ein Grammophon. Es roch nach gebratenem Fett und Zwiebeln. Eine einsame Bodenlampe streute zitternde milchige Kreise auf den schmutzigen Asphaltboden und begann einen stillen Kampf mit dem dämmrigen Zwielicht des sinkenden Abends. Mit der Sicherheit alter Bekanntschaft stieg der Kommissar die ausgetretenen Sleinfliesen einer kleinen Treppe hinauf und trat dann mit Walter in das Lokal. Es war ein langgestreckter, halbdunkler Raum, grellbunt mit Bockbierfahnen und verblichenen Papiergirlanden dekoriert.