Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

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P-in endloses, den Alkoholjicnuß verherrlichendes Spruchband iinizois die j^raiiweiß gekalkten Wände. Der Inhaber des Lokals, ein ricsijier Mann von jjewalti<sem Schulterbau, stolzierte {iravitätisch zwischen den enjsgestellten Tischen einher und schob hier und da einn Bierfilz, einen Streichholzständer zurechl. Als er der beiden Gäste ansichti<i wurde, kam er sofort in bcschleunijjter Gan;4art näher und bejjriißle sie mit devoten Bücklingen. Der Kommissar bestellte eine Lajje Kognak und erkundii^te sich leutselig nach dem allgemeinen Geschäftsjlan}«. Der dicke Wirt war ;4erade in einer beweglichen Klage über den Steuerdruck der miserablen Zeiten begriffen, als ein weiterer Gast im Lokal erschien. Es war ein schlanker, auffallend diskret und gutgekleideter Herr im Anfang der Zwanzig, mit raschen, sicheren Bewcguniien und einem regelmäßigen, scharfzügigen Gesicht, in dem nur der unruhige Flimmerblick der dunklen Augen verriet, daß sein Charakter viellciclil nicht ganz einwandfrei war. Mit einer leichten, weltmännischen Verbeugung wandte er sich an den Kommissar und fragte, ob er den Vorzug mit einem Herrn aus Wannsee habe. Dann trat er zu einem runden Tisch im Hintergrunde neben einer kleinen Musikempore und wartete höflich, bis die beiden Herren bei ihm Platz genommen hatten. Der Wirt schaltete dienstbeflissen eine rosa-magische Beleuchtung ein und brachte selbst das Bier. Der Kommissar bot Zigaretten an. Dann saß man eine Zeitlang abwartend in beredtem Schweigen ,,Wir wollen zur Sache kommen", eröffnete Walter endlich mit gedämpfter Stimme die Verhandlung. ,,Sie haben an Frau Generaldirektor Karr ein Schreiben gerichtet, daß Sie gegebenenfalls in der Lage wären, zu ihrem Prozeß wichtige Mitteilungen zu machen!" Der junge Mann entblößte ein tadelloses Gebiß. ,,Well, Sir, so ist es!" versetzte er dann in einem leichtgefärbten Deutsch. ,, Natürlich kommt es ganz darauf an, was Sie mir hierfür zu bieten haben!" ,,Das heißt also, um das Kind gleich beim rechten Namen zu nennen, Sie beabsichtigen eine Art Erpressung!" Ein Achselzucken war die Antwort. ,,lch bitte Sie, Ihre Ausdrücke etwas vorsichtiger zu wählen, l'iir mich handelt es sich nur um ein kaufmännisclics Geschäft. Ich glaube mich im Besitz wertvollen Entlastungsmaterials zu l)eiinden, das ich selbstverständlich so teuer wie möglich zu verkaufen wünsche. Von einer iirpressung kann daher wohl niclit tlie Rede sein." Walter biß sich auf die Lippen. Kr fühlte, daß er sich gleich zu weit vorgewagt hatte; die kühlüberlegene Art des jungen Menschen bewies ihm, daß er einen äußerst gewandten und verschlagenen Gegner vor sich halte. ,,Wir wollen uns einmal auf Ihren Standpunkt stellen," nahm er dann nach einer Weile wieder das Wort, ,,und die ganze Sache rein kaufmännisch betrachten. Da werden Sie es verständlich finden, daß wir die Katze nicht im Sack kaufen wollen. Dürften wir also zunächst erfahren, mit wem wir es eigentlich zu tun haben? Auch wären wir Ihnen für eine Andeutung dankbar, in welcher Weise Sie überhaupt glauben, den gegenwärtigen Stand des Karrprozesses entscheidend beeinflussen zu können!" Ein tückischer Blitz zuckte im Auge des anderen auf. ,,Mein Name tut vorläufig nichts zur Sache. Da Sie mir ja liebenswürdigerweise sofort einen Erpressungsversuch vorgeworfen haben, möchte ich mit meiner Person vorläufig lieber noch etwas im Hintergründe bleiben. Ebenso denke ich nicht im Trauni daran, mein Material auch nur mit einer Silbe preiszugeben, ehe nicht ein absolut bindendes Abkommen in der Geldfrage zustande gekommen ist!" ,,Was verlangen Sie also?" ließ sich jetzt die tiefe Stimme des Kommissars vernehmen, der dem kleinen Rededuell bisher als stummer Zuhörer gefolgt war. .,Dreimalhunderttauscnd Goldmark! Keinen Cent weniger!" Herr Brandsletter pfiff leise durch die Zähne. ,,Ein anständiger Balzen Geld!" ,,Bei dem Vermögen, das Herr Karr nach Zeitungsberichten seiner Witwe hinterlassen hat, ist es nur eine Bagatelle. Und schließlich dürfte der gnädigen Frau dieser kleine Aderlaß ihres Bankkontos weniger schmerzlicli sein als ein lebenslängliches ZuchlliauN oder vielleiihl noch etwas Schlimmeres!" Er fuhr sich mit einer bezeichnenden Bewegung um den Hals und blies dann seelenruhig eine Kette von Rauchringen gegen sein Bierglas. Walter sah scharf über den Tisch. Unwillkürlich verglich er die Breite der Platte mit der Spannweite seines rechten Armes. Sekundenlang hatte er nur den einen Gedanken, diesen höhnenden Mund mit einem einzigen Schlage seiner wohltrainierten Boxerfaust für immer zum Schweigen zu bringen. Der Kommissar hatte unterdes sein Benzinfeuerzeug aus der Tasche genommen und zündete sich bedächtig eine neue Zigarette an. ,,Wir werden Frau Karr zunächst von Ihren Ansprüchen m Kenntnis setzen!" sagte er dann. ,,Denn Sic haben ja wohl selbst nicht angenommen, daß wir den Betrag gleich bar in der Westenlasche bei uns führen!" ,, Selbstverständlich nicht!" war die Antwort. ,,Bis zur Hauptvcrliandlung sind ja auch noch fast vierzehn läge Zeil, und da läßt sich noch manches erledigen!" ,,lcli habe Zeit, meine Herren!" schloß er selbstbewußt. ,,Icli mache Sie aber gleich darauf aufmerksam, daß ich bei langem Zuwarten vielleicht noch wesentlich teurer werden könnte!" Herr Brandstctler lächelte freundlich. ,,Sic sind wirklich ein Gemütsmonsch und können es bei Ihrer Jugend sicher noch weit bringen. Nur einen freundschaftlichen Rat möchte ich Ihnen geben: Seien Sie vor der Polizei ein bißchen auf der Hut!" Ein ironisches Grinsen erschien auf dem blassen Gesicht seines Gegenübers. ,,Mil der Polizei schrecken Sie micli nicht! Aber Sie zeigen mir mit diesem Hinweis, daß ich im Verkehr mit Ihnen doppell vorsichtig sein muß. Sollte ich übrigens bemerken, daß Sie irgendwie die Behörden gegen mich in Bewegung setzen, so könnte es leicht geschehen, daß mein Material, das an einem sicheren Ort niedergelegt ist, durch einen Mittelsmann vernichtet wird, ehe es für Ihre Klienten überhaupt in Aktion tritt. Schließlich haben diese ja alles und ich nur sehr wenig zu verlieren!" ,, Irgendwelche Skrupel, daß man auch aus rein moralischen Gründen verpflichtet sein könnte, für zwei unschuldige Menschen einzutreten, scheinen für Sie nicht zu existieren!" ,, Verehrter Herr!" Die Stimme des jungen Mannes hatte einen fast mitleidigen Beiklang. ..Ich glaube, wir sind liier doch niclit zusammengekomnien, um Scntimeiitalitälcn auszutauschen. Ich kenne weder Herrn Dr. Steinhoff noch Frau Karr und habe an ihnen kein besonderes persönliches Interesse. Dieser Fall aber, zu dem ich ganz durcli Zufall Beziehungen gewonnen habe, ist für mich die große Chance meines' Lebens, die icii entschlossen bin, bis zur letzten Konsequenz auszunützen. Darum will ich meinen Standpunk' kurz dahin präzisieren: Ich verlange, daß der vorhin genannte Betrag auf einer Bank im Ausland, die ich Ihnen noch näher bezeichnen werde, unantastbar unter einem bestimmten Decknamen niedergelegt wird. Gegen Aushändigung des Depotscheines erhalten Sie dann am Tage der Hauptverhandlung mein Alalerial. Bis dahin ist es wohl besser, daß wir nicht mehr persimlich, sondern unter einer Chiffreadresse durch das Poslaml Dorotheenslraße miteinander verkehren!" Er hatte Ihi diesen Worten seiner Brieftasche ein Blatt ent nommen und warf ein paar Zeilen auf das Papier, Dann legte er ein Geldstück auf den Tisch und erhob sich. ,,Ich darf wohl darauf rechnen, von den Herren bald etwa^ zu hören!" Damit war er bereits zur Tür hinaus. Auch Waller war aufgesprungen, als ob er ihm nacheilei wollte, doch der Kommissar hielt ihn zurück. ,, Keine unnütze Aufregung, Herr v. Prayerl Dreihundcrltauscnd sind kein Pappenstiel. Die läßt der Mann nicht iir Stich, wenn er überhaupt etwas zu melden hat!" XVI. Leisen Schrittes schlichen die Tage dahin. Der verhängnisvolle Termin der Hauptverhandlung rückte uii aufhaltsam näher und näher. Waller war vom frühen Morgen bis in die späte Nacht hinein ruhelos in Berlin unterwegs und halle immer wieder lange Konferenzen mit Brandstctler, ohne daß doch, wie er sich setbs' gestand, bisher auch nur der geringste Erfolg seiner Rettungsaktion für Kurt und Ivvelyn zu verzeichnen gewesen wäre. Fnrixi'lziing folgt