Der Kinematograph (February 1922)

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No. 781 Der Kinematograph — Düsseldorf Perlmann und seine mitarbeiter. Zur Illustrierung des innerlichen Verhältnisses, das unsern verstorbenen Schriftleiter mit seinen Mit¬ arbeitern, den getreuen Gehilfen am Werke verband, stellen wir nachfolgend aus den uns zugegangenen Nachrufen die bezeichnendsten Bruchstücke zu einer Art von Symphonie für den Dahingeschiedenen zu 8ammen, denen wir noch einige Stellen aus den Beileids kundgebungen einiger Freunde, die die Stimmung be sonders zu vertiefen geeignet sind, anfügen. Frl. Vera Bern (Freiburg) will keinen Nachruf im üblichen Sinne geben, sondern nur „des Menschen Einil Ptrlmann gedenken, des Repräsentanten ei «er Zeit, die 1914 vor neuer Moral zerschellte“. Sie schreibt u. a.: Als ich ihn kennenlemte, kannte ich ihn schon lange: War seine Mitarbeiterin und kletterte vom lG-Pfennig-Zeilenhonorar langsam immer höher bis zu der schwindelnden Höhe von .... doch nein, das sind kleino Werkstattgeheimnisse. Aber be¬ zeichnend für ihn, daß er die kleinen Krhöhungen ohne Zeigern bewilligte, wenn sie vor Geburts-, Weihnachts- oder anderen Feiertagen erbeten wurden! Sinn für Festfreude hat er immer gehabt. — plante sogar noch für diesen Winter eine große Düssel¬ dorfer Filmredoute. Eines Tages, in diesem Hochsommer, liekam irh ein Tele gramm, das mir seine Ankunft kündete. Das war. wahrend hier der „Galiläer“ verfilmt wurde, zu dem die Fachpresse zur Gastsrhau eingeladen worden war. Im Vestibül eines hiesigen Hotels streckten wir uns die Hände entgegen. Dieser Augenblick bedeutete kein Kennenleman — es war mehr-ich hatte einen väterlichen Freund gefunden. Das erste Wort, das er nach der Begrüßung an mich richtete, war die Frage nach einer mir widerfahrenen Unbill, die ihm zu Ohren gekommen war. Der Schutz, den er mir als „Kinemato- gmph“ und vor allem eben als Emil Perlmann angedeihen ließ, offenbarte ihn als den temperamentvollen, gerechten Menschen, als den ich ihn so oft hatte rühmeu hören. interessante Stunden waren es, die wir gemeinsam verlebten als Gäste des Hauses instein und Schwobthaler, hier unten in Freiburg, bei Wein, Sekt und Reden — im großen Reiseauto durch den Schwarzwald und oben auf dem Feldberg. Viele solche Joumalistenfohrten, immer größere — in immer fernere Länder wünschte sich Emil Perlmann mit launigen Worten, während er an sein Glas schlug.-— Nun hat er eine Reise angetreten in ungeahntes Land, eine Reise, die ihn so weit hiuwegführt von uns aden, so weit — daß es kein Rückwärtsschauen mehr gibt für ihn. Mögen wir jungen deutscher» Filmjoumalisten — trotz aller Erfolge, die auch uns besclüeden sein mögen — uns ein ebenso warmes Herz bewahren, wie es Emil Perlmann hatte-der allzufrüh Heimgegangene.“ Emil Gobbers, den wir schon in Nr. 2 des „Kinematograph“ als Mitarbeiter finden, klagt in „Ge danken am Grabesrande“ um den verlorenen Freund wie folgt: „Wenn ich die Tugenden des Verblichenen, die Liebe, die er gesät, die Freundschaft, die er geübt, das Gute, was er ge¬ schaffen, das eiserne Pflichtgefühl, mit dem er gewirkt, in Er¬ innerung bringe, so geschieht es, um mir sein Bild lebendig zu machen in dem ernsten Augenblick, da wir den entschlafenen Freund der Mutter Erde in den Schoß betten. Vor mehr als zwanzig Jahren kam der von uns Geschiedene nach Düsseldorf, wo sein eigentliches Lebenswerk begann. Aller Anfang ist schwer! Das hat auch unser verstorbener Freund reichlich erfahren müssen. Zahllos, fast unüberwindlich schienen die Hindernisse, die sich ihm entgeäenstellten. Doch sein fester, unbeugsamer Wille bahnte sich seinen Weg. Daß sich zu seiner eisernen Energie auch die richtige Einsicht gesellte, das beweisen die beiden bedeutenden, von ihm geleiteten Fachschriften „Der Artist“ und „Der Kinematograph“, die er auch durch die schlimmen Jahre des Krieges über alle F&hrlichkeiten gebrach« hat. Durch sein großzügiges Organisationstalent, seine unermüdliche Tat¬ kraft, seine seltene Umsicht und Kenntnisse, seine zähe Aus¬ dauer wußte er alle Hindernisse und Widerwärtigkeiten zu über¬ winden- Ging es anfangs auch nur langsam vorwärts, so reiften doch die Früchte seines emsigen Schaffens und Ringens zu Nun hatte er sein Ziel beinahe erreicht, nun konnte er sich init Recht der Früchte seines redlichen 8trebens freuen. Doch die \ orsehung hatte es anders beschlossen. Der allzu Fleißige muß wohl seinem Körper in physischer Hinsicht zuviel zugemutet haben. Dio Reaktion» blieb nicht aus. Ein Leiden, das der Rastlose anfangs nicht genügend 1 «achtet haben mag, nahm im taufe weniger Wochen ernstere Formen an; sein Zustand ver schiiminorte sich immer mehr. Mit großer Zähigkeit kämpfte der energievolle Mann gegen dieses hartnäckige Leiden an; wellte er sich doch seiner Familie, seinom ihm ho sehr am Horzen liegenden Beruf erhalten. Er mußte sich einer Operation unterziehen lassen. Seine treue Gattin, seine Tochter, tille seine Mitarls-iter. Kollegen und Freunde gaben sich der bestimmten Hoffnung hin. daß die Operation einen guten Verlauf nehmen würde; doch vergeblich zeigte sich die Kunst der Acrzte! Nun weilt er nicht mehr unter uns, nun nilit dieser schaffende, rastlose Geist, ruhen die arbeitsfreudigen Hände dieses Mennes aus von der irdischen Arbeit! — Wer den Verblichenen naher kannte, diesen treuen, an spruchslosen Mann, der wird den Schmerz der Familio, für deren fortkiimmen er so eifrig geschafft ha», die große Trauer des Hauses Ed. Lintz, seiner Mitarbeiter und zahlreichen Freunde verstehen. Ein ehrlicher, Strebsarier, von eisernem Pflichtgefühl durch drungener Mann, ein glänzender Journalist und Schriftsteller, ein mitfühlender Helfor in Rat und Tat, in Not und Sorge, ein gerechter Mensch, ein aufrichtiger Freund, ein treuer Kt-merad ist schlafen gegangen. Für mich aber wird sein Andenken unauslöschlich sein. Lebe wohl, lieber Freund! Die Erde sei dir leicht und Friede deiner Asche!“ Osca r Gel 1er, unser Münchener Korrespondent, selbst ein Veteran des Artistentums und der Film-Jour nalistik, schreibt in seinem Nachruf. „So gilt es denn, von einem der ältesten Freunde Abschied zu nehmen. In der Vollkraft seines Lebens ist er von uns ge- gangen, hereuRgerisser» aus freudigem, unermüdlichen Schaffen, an dem er mit ganzem Herzen hing. Und wenn es in diesem schmerzlichen Augenblick einen schwachen Trost geben kann, so ist er in dem unerschütterlichen Bewußtsein, daß Emil Perl¬ mann nicht umsonst, nicht vergebens gewesen, — sein Werk wird uns alle überdauern und noch späteren Generationen Zeugnis ablegen vop dem Wirken des Mannes, dem ich mehr denn drei Jahrzehnte so nahe gestanden bin! Es war eine wilde, turbulente Zeit in Berlin, da Emil Perl¬ mann aus bescheidenen, tastenden Anfängen sich Geltung Zu verschaffen strebte. Im Artistentum gährte es, heftige Kämpfe brechen aus, und neue Männer drängten sich vor. Schwer war es für den jungen Neuling, sich durchzusetzen. Aber Emil Perl- mann verfolgte zäh sein Ziel, stellte sich mutig zwischen die Parteien und suchte vermittelnd die Gegensätze auszugleichen. Da traf ihn der Huf, nach Düsseldorf zu gehen, den .Artist“ zu übemelimen. Was er hier geleistet, das wird immer vor bildlich bleiben. Die Tradition des Blattes stets hoohhaltend. verstand er es, allen Anforderungen der neuen Zeit gerecht zu werden. Und als die ersten Versuche unternommen wurden, die Kinematographie Buszubauen, war Emil Perlmann der erste, und eine Zeitlang auch der einzige, der mit sicherem Blick er kannt hatte, welch Großes sich hier vorbereite. Nun hat er seine Arbeit, sein Werk im Stich gelassen! Das ist der erste wirkliche Schmerz, das erste bittere Weh, das mir Emil Perlmann in unserer mehr denn dreißigjährigen Freundschaft bereitet! Einsam und kalt wird es um mich altem Manne! Unser Häuflein ist gar arg zusammengeschmolzen. Und nun ist auch Emil Perlmann von uns gegangen, — dieser gütige, liebe, gefällige Mensch, der nur Freundschaft und Freundliclikeit kannte! So ziehe denn in ewigen Frieden ein, Emil Perlmann!“ Wie Herr F. Paul Liesegang, einer der tech¬ nischen Bahnbrecher der Kinematographie, den Ver¬ storbenen einschätzte, ergibt sich aus seiner Beileids kundgebung, in der es heißt: „Wer hätte gedacht, daß Herr Perlmann, an dessen Name sich der Begriff eines immer rührigen und mit größter Tatkraft sein Ziel verfolgenden Mannes knüpft, so bald von uns scheiden würde! Ich betraure aufrichtig den schweren Verlust, den nicht nur Sie, sondern die ganze kinematographische Branche erlitten