Hellmut Diwald: Sein Vermächtnis für Deutschland (1994)

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Hellmut Diwald - Geschichtserwecker und Vorkämpfer und Gefühle vieler Menschen< nicht mißachten. Dies und dergleichen mehr, oder weniger, steht nicht unter dem Schutz der Meinungs- und Redefreiheit. Die engsten Grenzen sind mithin dem Blankoscheck des Meinungspluralis¬ mus bei der Deutung der Geschichte gezogen. Unser Staatsverband hält sich in fast schon beklemmender Weise zurück, wenn es um Normen und sittliche Verbindlichkeiten geht. Im Gegensatz dazu haben die Behörden in den letzten fünf Jahrzehnten nirgends massiver in die Meinungsbildung eingegriffen als beim Geschichtsunterricht. Erstens, indem sie ihn stundenmäßig geradezu kastrierten. Zweitens, indem sie, bei aller Vielfalt der Schulbücher, ein be¬ stimmtes Geschichtsbild präsentierten. Drittens, indem sie Geschichte als Exhumierung und museale Schaustellung betreiben oder alles gleichmäßig zuschmieren lassen mit dem Ketchup des verflossenen Blutes in Schlachten und Revolutionen. Viertens skizziert man die deutsche Geschichte nach wie vor als eine Chronologie von Irrwegen, törichten Handlungen und Verbre¬ chen, so daß uns nichts anderes übrigbleibt, als die Spiegel zu verhängen. Wen wunderts, daß so eine Geschichte nichts anderes darstellt als etwas durch und durch >Ungustiöses<, wie ein Österreicher sagen würde. Geschichte, auch unsere Geschichte, ist kein Skandal, aber ein Skandal ist es, wie mit ihr umgegangen wird... Weil unsere Vergangenheit wehrlos den Händen der Gegenwart ausgeliefert wurde, haben wir heute den Zustand, den jeder kennt.« Und so wurden in Schulen und Universitäten ganze Schüler- und Studen¬ tengenerationen umerzogen und verbogen - bis auf den heutigen Tag. Schon die französische Schriftstellerin Madame de Stael brachte es treffend so zum Ausdruck: »Wenn den Deutschen noch so großes Unrecht angetan wird, findet sich irgendein obskurer deutscher Professor, der so lange an der Objektivität herumbastelt, bis er bewiesen hat, daß die Deutschen Unrecht getan haben.« So findet man etwa in Deutschland kaum einen lehrenden Geschichtsprofessor, der die Kraft hätte, das Münchener Abkommen aus dem Jahre 1938 der historischen Wahrheit entsprechend darzustellen: als das Durchführungsabkommen einer bereits vorher erfolgten Abtretung, als die »Revision eines Unrechts« (Hellmut Diwald). Hellmut Diwald hat Hunderte und Aberhunderte von Vergangenheits¬ und Umerziehungslügen, von Geschichtskhtterungen aufgedeckt. Jedoch selbst er hat nur einen Teil von dem aufdecken können, was heute möglich ist. Die real existierende und praktizierte historische Volkspädagogik geht etwa entlarvend aus einem Brief Golo Manns hervor, den er am 20. September 1961 an den Reichstagsbrandforscher Fritz Tobias schrieb. Schlagartig wird die verdeckt überwiegend vorhandene Methode erhellt: »Die Alleintäterschaft des Holländers van der Lubbe sei ihm, Golo Mann, sozusagen volkspädago¬ gisch unwillkommen.« Und ist man nicht mit Dutzenden von schwerwie¬ gendsten Belastungen - und nicht nur zur jüngsten Zeitgeschichte - analog verfahren, etwa mit dem Verbrechen von Katyn? Der österreichische Schrift- 26