Hellmut Diwald: Sein Vermächtnis für Deutschland (1994)

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Alfred Schickel des sogenannten »Dritten Reiches« heutzutage und hierzulande als abschrek- kende Beispiele verabscheut werden. Seitdem einem promovierten Finanzju¬ risten auf der Grundlage einer aus der NS-Zeit stammenden Bestimmung der Doktorgrad entzogen worden ist, schien aber gerade das Unvermutete wahr¬ scheinlich zu werden. Ohne es offenbar zu merken, wurden die verbalen Antifaschisten zu Nachahmern faschistoider Methoden und degradierten den Verleger zum »Mitläufer des Zeitgeistes«. Nach diesem problematischen »Etappensieg« über die Erstausgabe der Geschichte der Deutschen galt es, den Verfasser entscheidend zu treffen. Fach¬ kollegen, Publizisten und Amateurhistoriker warfen Hellmut Diwald vor, »trotz offener Bibliotheken und Archive in aller Welt den Umfang der natio¬ nalsozialistischen Untaten zu verharmlosen« - und das alles, weil er es gewagt hatte festzustellen, daß, was im Auschwitz geschah »trotz aller Literatur in zentralen Fragen noch immer imgeklärt« ist, zu einer Zeit, da man im Auschwitz-Museum den Besuchern noch 4 Millionen ermordete Häftlinge meldete, bis später der jüdische Gelehrte Prof. Jehuda Bauer 1989 die Zahl der Toten auf weniger als die Hälfte korrigierte und die polnischen Museums- Verantwortlichen die Viermillionen-Tafeln abnehmen ließen: Vorgänge, die Hellmut Diwalds Feststellungen vollauf bestätigten, die jedoch die volkspäda¬ gogischen Meinungsführer nicht gelten lassen wollten, die sich daher bis heute für ihre gehässigen Attacken nicht entschuldigt haben. Wer Hellmut Diwald damals nahestand, spürte, wie er unter diesen konzentrierten Angriffen litt und auch seine Familie der gnadenlosen Hetze ausgesetzt sah: seine Frau Susanne, eine international renommierte Islamwissenschaftlerin an der Uni¬ versität Würzburg, und seine Kinder, denen er ein liebevoller und fürsorgli¬ cher Vater war. Er konnte nur hoffen, daß sich auch bei Hellmut Diwald ähnlich wie bei Galileo Galilei einmal der »Spätsieg der Wissenschaft« einstellt und ihm seine Standhaftigkeit zur Wahrheit lohnt. Offenbar im Gegensatz zu den meisten seiner »Rezensenten« und Kollegen registrierte Hellmut Diwald sehr genau die neuesten Forschungsergebnisse im In- und Ausland und war über aktuelle Recherchen auf dem laufenden. Im Vertrauen auf den Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes, welcher die »Freiheit von Lehre und Forschung« verbürgt, sparte er auch die Untersuchung und Behandlung sogenannter »heißer Eisen« der deutschen Zeitgeschichte nicht aus, sondern bezog sie in seine Darstellun¬ gen ein. Dabei war es für ihn selbstverständlich, eigene Quellenforschungen zu betreiben und Archivarbeit zu leisten, meinte er doch einmal zu einem Freund: »Wer die Zeitgeschichte erforscht, trägt seine Haut zu Markte. Urplötzlich werden von dem vermeintlich selbstvergessen arbeitenden Historiker Eigen¬ schaften verlangt, die man eher bei Angehörigen waghalsiger Berufe voraus¬ setzt, etwabeiSeiltänzern, Stierkämpfern oder dem Begleitschutz fürGeldtrans- porte. Zeitgeschichtsforschung in korrekt wissenschaftlichem Sinn verlangt 41