Hellmut Diwald: Sein Vermächtnis für Deutschland (1994)

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Hellmut Diwald und die deutsche Geschichtsschreibung Deutschlands, deren moralische Größe mit der Verkündung der sogenannten »Atlantik-Charta« ein für allemal in derWeltgeschichte festgeschrieben schien. Daß diese zum epochalen Dokument hochstilisierte »Atlantic-Charta« weder pohtisch-moralische Verbindlichkeit besaß, noch von Roosevelt unterschrie¬ ben war, störte die historiographischen Advokaten Roosevelts ebenso wenig wie der Umstand, daß sich ihr Anti-Hitler-Idol bei der Festlegung der europäischen Nachkriegsordnung bedenkenlos über wesentliche Aussagen der am 14. August 1941 der Presse übergebenen »Atlantik-Erklärung« hin¬ wegsetzte. Ließ der amerikanische Staatschef den versammelten Journalisten an bewußtem August-Tag verkünden, daß die Vereinigten Staaten und Großbritannien keine »territorialen Veränderungen wünschen, wenn diese nicht mit dem frei ausgedrückten Willen der betroffenen Bevölkerung über¬ einstimmen«, gab er knapp zwei Jahre später, im Mai 1943, dem tschechoslo¬ wakischen Ex-Präsidenten Benesch seine Zustimmung zu dessen Absicht, nach Kriegsende die Sudetendeutschen aus ihrer Heimat auszuweisen. Selbst Roosevelts »natürlicher Bundesgenosse« Polen, den er über seinen Botschaf¬ ter und persönlichen Vertrauten, William C. Bullitt, im Frühjahr 1939 nach¬ drücklich zum Widerstand gegen Deutschland animiert hatte, mußte erfah¬ ren, daß das Versprechen, keine »territorial changes«, welche nicht »accord with the freely expressed wishes of the peoples« sind, vorzunehmen, nicht einmal für ihn galt, wie die Absprachen von Teheran und Jalta zwischen Roosevelt und Stalin ausweisen. Im Archiv der von Hellmut Diwald mitge¬ gründeten Zeitgeschichtlichen Forschungsstelle Ingolstadt liegen in Faksimi¬ le die Verhandlungsprotokolle der Konferenzen von 1943und 1945, auf denen die »Großen Drei« (Roosevelt, Stalin und Churchill) die künftigen Grenzen Polens beschlossen haben. Geradezu rührend und peinlich zugleich ist, wie sich die polnische Exilregierung in London in Schreiben an Churchill und Roosevelt gegen die über ihren Kopf hinweg gezogene Ostgrenze zur Sowjet¬ union wehrte und sich dann in die Beschlüsse von Teheran und Jalta fügen mußte. Hellmut Diwald, dem die osteuropäischen Dinge als Mensch und Historiker stets besonders nahegingen, sorgte über die Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt für die Einsicht in diese Unterlagen und ihre Auswertung und bereicherte dadurch die deutsche Zeitgeschichtsschreibung um wertvolle Archivalien, die weiterführenden Untersuchungen zur Verfü¬ gung stehen. Wenn schon der kleine polnische Verbündete nicht auf die Zusagen der »Atlantik-Charta« bauen konnte, durfte sich Roosevelts Hauptgegner Deutsch¬ land noch weniger auf die Versicherung besagter »Charta« verlassen, daß die Vereinigten Staaten und Großbritannien weder territoriale noch »andere Vergrößerungen« anstrebten. Die Requirierung der deutschen Patente und die geistige Ausbeutung der deutschen Raketenwissenschaftler nach dem Krieg haben dann bekanntlich nicht unwesentlich zur »Vergrößerung« der Siegerstaaten zu »Weltraummächten« beigetragen. 46