Hellmut Diwald: Sein Vermächtnis für Deutschland (1994)

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Ein Gedenkblatt für Hellmut Diwald als »unzeitgemässe Betrachtung« sein bester Teil. Die höchste Form menschlichen Wissens ist die Erkenntnis seiner Grenzen, was schon über dieses Wissen hinausreicht. 15. Unser Parforceritt durch eine verstörte Gegenwart, aus der die Götter entflohen sind, sollte den Blick auf das geschichtliche Ganze richten. Die heute zahlreichen Neuansätze historischer Spezialisierung wie etwa Alltags-, Dorf-, Familien-, Mentalitäts-, Arbeits- oder Frauengeschichte u. a. arbeiten im Sacktuch eines restriktiven Wissenschaftsbegriffs und halten sich den Vorrang der Analyse zugute, während die Synthese als unwissenschaftlich abgelehnt wird. Stattdessen begnügen sie sich mit einem »Kontinuum« (Diapason) oder einem tiefenpsychologischen »Es«-Syndrom, wo weder das Ich noch das Selbstbewußtsein etwas Authentisches zu sagen haben. Sie stehen samt und sonders im Schatten von Hegels Fehldiagnose der Gesellschaft als eines »Systems der Bedürfnisse«, was als gezielter Vorgriff zur Rechtfertigung des totalen Staates zu entlarven ist. Der Geist des Ganzen Hegt nicht im Staat, sondern im Gemeinwesen und seiner IndividuaHtät. Und das ist ein ungeheu¬ rer Unterschied. Der »unzeitgemäße« Ansatz eines geisteswissenschaftlichen Gesamtunter¬ nehmens, wie sich das umfangreiche Lebenswerk von Hellmut Diwald anbietet, ist eine vertretbare und notwendige Stufe zur Erschheßung dessen, was wir unter dem Titel »Die geistige Situation der Zeit« subsumieren können. Denn für die Geisteswissenschaften ist der Geist des Ganzen der eigentiiche und aHgemeinste hermeneutische Gegenstand. Erst daraus ergeben sich die wahren Proportionen menschhchen »In-der- Welt-Seins«: Der Mensch ist und bleibt der ewige Störfaktor und sein eigener Widersacher; und daß der Geist irren kann und eben dies menschhch ist, ist nur das eine. Das andere ist der gute Wille auf Wahrheit und Gerechtigkeit, welcher gültige Sinnstiftung erst ermöghcht. Es gibt gut und böse, Schuld und Sühne, Recht und Unrecht und wahre Menschhchkeit, die um den Tod weiß. Das sind und bleiben auch die Kategorien, welche der Würde des Menschen und der Menschheit gerecht werden. 78