Film Revue (1948 Issue 4)

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4 ä Die aufgepfropfte Sprache Probleme der Filmsynchronisierung — noch immer BE nicht gelöst Von Friedrich Luft %) As wirklich Erfreuliches der Berliner Mitbür ger au darf sich die Hände reiben und nutznießen aus Berlins vierfacher Besetzung: Filmfreunde und Kinohasen, Ihr Blick geht nunmehr unbehelligt in vier Länder. Ihre lustvolle Neugier wird aus der französischen, amerikanischen, britischen und russischen Filmspule be. friedigt. Aber auch die Nachteile kommen zutage. Als der Film noch sprachlos war, bedeutete er ein höchst internationales Gewerbe. Erst mit der Erfindung des Tonbandes riß die mühelose Austauschbarkeit dieser Kunst durch die Länder ab. Mauern wuchsen wieder, erstellt durch den Fortschritt. Und wieder muß .die Technik helfen, die Nachteile eines technischen Fortschritts zu überwinden. Man befreit den Film aus der nationalen Begrenzung, in die er durch die Erweckung aus dem Stummsein geraten war. Man gibt ihn in eine neue Maschinerie, die dem ' amerikanischen Schauspieler, dem Russen, Franzosen das Wort “ wortwörtlich vom Munde nimmt. Man setzt seinem Gesicht eine andere Sprache auf. Man treibt Barbarei, sagen die künstlerisch Orthodoxen. Einem Munde die eigene Sprache nehmen und eine andere, weitgehend zufällige aufdrängen, sei eine Abstrusität. Die Sprache gehört zum Individuum. Die Person hat die zweite Silbe ihres Namens vom lateinischen ‚‚sonare“ = tönen. Wie einer Laut. 93 gibt, spricht, stöhnt, lacht, ist nicht auswechselbar und nicht zu ersetzen. Alles andere ist Grausamkeit am Geschmack und Blasphemie am Menschenbild. Zur Not lassen sie die Filmfassung mit Fußtuteln gelten. Aber da begehren die Filmfanatiker auf: Das geht nicht! Ein Kameramann ist kein Zufallsknipser. Er geht auf Bildkomposition aus. Er rafft den Vor dergrund oder weitet ihn. Es gehört zu der künstlerischen Seite seines Berufes, wie er seitlich einen Kopf im Bild anschneidet. Es hat seine Bedeutung, wenn er ein Bild verzerrt, gerade, von oben, von unten oder aus halber Höhe nimmt. Flackernde, einkopierte Schrift plötzlich über der unteren Bildkante tanzen zu finden, ist ein Mißgeschmack, sagen die Freunde des reinen Bildes. Auch das — Barbareı. Und zudem: Nicht alle lesen den Übersetzungskommentar so hurtig, daß sie noch Zeit. finden, aus dem Bild „selbst. abzulesen, . was .es. zeigt inkurzem ‚Schnitt. Der Blick hüpft hin und her. Untertitel treten grausam jeden Aufschwung im Bildlichen aus. Und Film sei und bleibe Bildkunst vor allem, Ä Beide beleidigten Stimmen wohnen zumindest in der halben Höhe des Künstlerischen. Der landläufige Kinogänger will aber nicht gebildet, belehrt, ‚gebes sert werden. Er will vorerst unterhalten: sein. Und dazu gehört, daß er versteht, was vor sich geht. Die Fußtitel-Methode ist bei weitem zu anstrengend für das Auge, als daß sie populär werden dürfte. Sie ist eine Eselsbrücke für das Verständnis, und dazu eine dünne. Synchronisation läßt sich nicht um gehen, will man nicht auf die Einfuhr fremder Filme überhaupt verzichten. Und dabei hat sich nun nad dem ersten Dutzend in unsere Sprache übersetzter Streifen erwiesen, daß keinesfalls Synchronisierung Unnatur und künstlerische Vergewaltigung zu bedeuten braucht. Wir haben schon ausgezeichnete Arbeiten gesehen, die uns‘das Gewaltsame der Methode vergessen ließen. Diese Arbeit ist fast bewundernswerter als die Herstellung eines künstlerischen Films selber. Denn die Nachsprecher haben hier in doppelte Verstellung zu gehen. Einmal müssen sie die orisinale Rolle sprachlich ausdrücken. Zum anderen haben sie sich sklavisch den Mundbewegungen ihres ‚fremdländischen Sprechers anzupassen, als sei jedes ihrer Worte tatsächlich ein Wort von ıhm selbst. Es ist versucht worden, mit neuen Mitteln der Verständigung. beizukommen. Wir haben Versuche mit einem „akustischen Kommentar“ gesehen, die deutsche Stimmen über die fremden legten und eine Art Rahmenerzählung als Ausweg aus der Misere der Fremdsprachlichkeit fanden. Bei epischen. Filmen mag das angehen. Wo Konversation in der Mitte steht, ist solche Art wieder unbrauchbar. Immer wird Synchronisation eine künstlerische Mißlichkeit bleiben. Immer werden die Ohren der Über empfindsamen im Parkett leiden, wenn aus russi schem Munde das klare deutsche Wort. hervorgeht oder deutscher Gesang unversehens e!nem unverkennbar amerikanischen Gesicht entströmt. Es sind 'am Rande eines so gebildeten Pflasters wie des Kurfürstendammes Versuche gemacht worden, zu glei cher Zeit die originale und die deutsche Version eines britischen Filmes zu zeigen. Selbst da-war das Kıno immer besser besucht, wo das eingängige Idiom von der Leinwänd kam. Die englische Fassung wurde bald” abgesetzt. N ‚So unkünstlerischalso der Gedanke einer aufgepfropf ten Sprache sein mag — die Technik ist imstande, auch hier scheinbare Unmöglichkeiten zu überspringen und dem Film im weiteren Fortschritt das wiederzu ‚geben, was er vor fast zwanzig Jahren durch die Er‘findung des Tones einbüßte: die Internationalität ‚einer Kunst für eine Menge, wie sie sonst keine ‚andere Kunstübung erreiht. a die Seite der Lebensannehmlichkeiten n dn letzten achtzehn Monaten buchen konnte — eıne Gilde. PETER SCHUÜTTE als der junge Pianist | Michael Reimers Gustav Diessil gestorben cin sterbendes Antlitz, das ausgezehrte, bittere Antlitz des Soldaten aus dem ersten Weltkrieg, das der Tod schon mit den harten Konturen des Endgültigen gezeichnet hat, bleibt unvergessen. Der Film hieß ‚Westfront 1918‘, Später folgte ‚Menschen hinter Gittern“, die Rolle eines Sträflings, der ins geordnete. Leben zurückfindet. Diese bei den Filme waren Diessis beste Leistungen, im deutschen Film wie in Hollywood. Nicht viel, wenn man sich erinnert, wie oft seine sympathische, männliche Erscheinung auf der Filmleinwand erschienen ist: Aber der Film hat später Gustav Diessl niemals mehr richtig einzusetzen verstanden, So geriet er, der ein Nachfolger Conrad Veidts hätte werden können, in das Fach des Salondämonen im Unterhaltungsfilm (‚Der grüne Kaiser“, ‚Tiger von Eschnapur“). Nun ist er, von dem der neue österreichische Film sich viel erhoffte, in Wien am Tage nach der Premiere seines neuesten Films ‚Der Prozeß“ unerwartet einem Herzschlag erlegen. BE Foto: Archiv Iye Hamburger Real-Film, die kürz4 {ich mit schönem Erfolg ihren ersten Spielfilm „Arche ‚Nora‘ anlaufen lassen konnte, dreht jegt ihren zweiten Film „Finale“. Diesmal wird die Musik das beherrschende Element des Films sein — gespielt von Walter Gieseking werden. wir Tschaikowskys B-moll-Konzert und Werke Beethovens und Chopins hören. Die Handlung bringt ein tragisches Künstlerschicksal unserer Zeit, das durch die Hilfe liebender Menschen wieder neuen Sinn erhält. „Wir heißen euch hoffen“ ist das Leitmotiv, wel ches über dem neuen Anfang des durch eine Kriegsverwundung aus seiner erfolgreichen Laufbahn geworfenen jungen Pianisten (Peter Schütte) steht. Hoffen wir, daß der Film soviel menschliche Wärme wird ausstrahlen können, daß sich dieses verheißungsvolle Motiv auch auf uns hoffnungsuchende Zuschauer überträgt. An der Seite des kriegsversehrten Piani sten stehen eine reizvolle, tapfere junge Frau (Edith Schneider, bekannt durh „Arche Nora“) und ein Arzt (Willy Fritsch) als treuer Freund des jungen Paares. Seine Partnerin ist die Schwester Marianne (Else von Moellendorff). In weiteren Rollen erscheinen Margarete Haagen, Gisela Mattishent, Hedwig Schmig, Karl Geschonnek, L. von Ledebur, Franz Schafheitlin und Willy Schweisguth; das Drehbuch schrieb H. GC. Pettersson, die Spielleitung liegt in den Händen Ulrich Erfurths. | | . Fotos: Lani (4), Aschenbroich (1)