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Willy Fritsch
Mein Vater war Fabrikbesitzer, und geboren wurde ich — ohne meine Schuld — in Kattowitz. Aber ich kam schon sehr bald nach Berlin und wuchs hier auf. Schon als Schüler hatte ich es mir in den Kopf gesetzt, unbedingt zum Theater zu gehen. Das aber war gegen den Willen meines Vaters, und da ich mich der höheren Gewalt beugen mußte, sollte ich ebenfalls Ingenieur werden. Ich praktizierte bei Siemens und besuchte nebenbei das Technikum, das ich jedoch meistens schwänzte. Dafür statierte ich im Großen Schauspielhaus. Hier entdeckte mich Reinhardt, und als ich eines Tages für einen erkrankten Schauspieler einspringen mußte, wurde ich bald darauf engagiert und spielte nun am Deutschen Theater „tragende" Rollen, denn ich mußte Tabletts, Briefe, Speere und ähnliche Gegenstände auf die Bühne tragen. Auf die Dauer genügte das aber meinem künstlerischen Ehrgeiz nicht; ich ging von Reinhardt weg und wurde nach Bremen engagiert, wo ich als jugendlicher Held spielte. Hier blieb ich über ein Jahr. 1920 erhielt ich das erste Angebot von der Ufa, in dem Mady ChristiansFilm „Seine Frau — die Unbekannte" mitzuspielen. Später löste die Ufa mich aus meinem Bremer Vertrag, indem sie die Konventionalstrafe zahlte, und seitdem bin ich dauernd bei der Ufa tätig gewesen. Zwischendurch habe ich Theater und auch in einer Revue gespielt.
Es ist selbstverständlich, daß mir heute der Film viel mehr bedeutet als das Theater, auch in künstlerischer Hinsicht. Ich bin nicht begeistert von meinen Liebhaberrollen, ziehe jugendliche Charakterrollen mit dramatischem Einschlag vor. Ich schätze am Film im Gegensatz zum Theater besonders die absolute Natürlichkeit. Alles, was man macht, muß echt sein. Man kann kein „Theater" im Film machen. Für mein Gefühl ist die Filmkunst künstlerisch hochwertig, oder sie könnte es sein, wenn die Industrie die Filmproduktion unter ernsteren künstlerischen Gesichtspunkten betreiben würde. Daß dieses eines Tages der Fall sein möge, ist mein ganzer Wunsch.