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Olga Tschechowa
Ich bin im Kaukasus geboren, kam aber noch als Kind nach Petersburg und Moskau. Schon in frühester Jugend hatte ich größtes Interesse für Malerei und Bildhauerkunst, so daß ich mit ii Jahren mein Examen als Bildhauerin in Petersburg ablegte. Sechzehnjährig heiratete ich den Schauspieler Tschechow und kam dadurch in den Interessentenkreis des feinsinnigen russischen Schriftstellers Anton Pawlowitsch Tschechow, der mit seiner Kunst starken Einfluß auf die tiefe künstlerische Einstellung der ganzen Familie ausgeübt hatte. Mein Wunsch war, zur Bühne zu gehen. Früh erkannte ich, daß Vorbedingung einer wirklichen Bühnenkunst Beherrschung des Körpers und seiner Bewegungen sei. So nahm ich ernsten Unterricht in rhythmischen Übungen, die mir bei meiner späteren Laufbahn viel vorwärts geholfen haben. Die russische Revolution mit ihren Begleiterscheinungen vertiefte mein künstlerisches Empfinden.
1922 kam ich nach Deutschland, nicht um Kunst auszuüben, sondern um mich zu erholen. Hier wurde ich mit dem Regisseur Murnau bekannt, der mich überredete, eine Rolle in einem seiner Filme zu übernehmen. Ich hatte bis dahin noch nie einen Film gesehen und war begeistert, als mir der erste deutsche Großfilm vorgeführt wurde.
Meine Einstellung zum Film? Ich sehe in ihm die Möglichkeit, tief in die Geschehnisse des menschlichen Lebens hineinzuleuchten und das wiederzugeben, was ich selbst als Erhebendes und Freudiges, Trauriges und Ernstes in den Menschen sehe. So war mein liebster Film „Nora" nach Ibsen, und ich habe die Sehnsucht, diesen Film noch einmal in anderer Form spielen zu dürfen. Auch „Das Meer" nach Kellermann war für mich ein Erlebnis, wie ich überhaupt jeden Film liebe, in dem ich mit der Natur verwachsen und die Natur dem Menschen näherbringen kann. Ich lebe dann so ganz anders als in der Großstadt, vergesse Maniküren und Ondulieren, trage die Kleidung der Bevölkerung, in der ich mich bewege und die ich wiedergeben soll. Ich möchte nicht wieder aus Deutschland fort, weil ich die Überzeugung habe, daß wirklich ernste Arbeit und tiefe künstlerische Leistung nur in Deutschland erzielt werden können.