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Conrad Veidt
Ich bin in Potsdam geboren. Dann kam ich nach Berlin und besuchte in Schöneberg die Schule. Ich war ein maßlos schlechter Schüler und blieb dauernd sitzen. Aber diese Schulstunden waren nicht das Leben. Das Leben war, Abend für Abend zwischen 5 und 6 Uhr auf dem Galerieaufgang zum Deutschen Theater zu sitzen, um für eine Reichsmark einen guten Platz zu bekommen. Von da an wurde die Frage „Wie kommst du zum Theater?" immer brennender. Mit viel Ausdauer erreichte ich schließlich, daß ich Max Reinhardt vorgestellt wurde, und endlich bekam ich einen Vertrag für 1913/14 mit der fürstlichen Gage von 100 Mark monatlich. Ich statierte so ein Jahr lang, ohne daß sich etwas Besonderes ereignete. Dann wurde ich Soldat und spielte an verschiedenen Front-Theatern. 191 7 wurde ich vom Militär entlassen und ging zu Reinhardt zurück. Jetzt errang ich meinen ersten Erfolg am Theater, aber, was noch wichtiger war, mit diesem Erfolg kam auch der Film.
Um den Film hatte ich mich bisher kaum gekümmert und meinen künstlerischen Ehrgeiz durchaus auf die Bühnenlaufbahn eingestellt. Nun entdeckte ich, daß auch beim Film künstlerische Möglichkeiten waren. Der Anfang war das verfilmte „Tagebuch einer Verlorenen". Ich lernte und arbeitete und hatte alle Hände voll mit der Technik des Films zu tun, die mir von Anfang an seltsam vertraut gewesen ist. Mit dem rein Technischen habe ich nicht halb soviel zu kämpfen gehabt, wie mit der Technik auf der Bühne. Ich merkte bald, daß die Arbeit beim Film bedeutend schwerer als beim Theater ist, schon deshalb, weil der große anreizende Faktor des Theaters fehlt: Das Fluidum des Publikums. Es ist nicht so einfach, in einer großen Halle voll Hitze, Staub, Lärm und Arbeiterrufen und dem Hin und Her gehender und kommender Menschen auf den Ruf „Herr Veidt" sofort und fast automatisch jenes Maß der Suggestion spielen zu lassen, das allein zum Erfolg führen kann. Es bedarf also der äußersten Konzentration und dex letzten kraftvollen Hingabe, um zu wirken. Denn was wirkt letzten Endes? Die Suggestion.
Ein großer Film kam nach dem anderen. „Es werde Licht", „Prostitution", „Prinz Kuckuck" usw. usw.
Man hat versucht, mich zum „dämonischen Schauspieler" zu stempeln. Das bin ich nicht. Ich bin sogar absolut undämonisch, wie ich es ja wohl oft genug auf der Bühne und beim Film gezeigt habe. Wenn ich mal einen freien Abend habe, dann gehe ich unweigerlich ins Theater. Das kann ich nun einmal nicht lassen, denn das Theater ist meine Liebe. Ich könnte ohne den Film und das Theater nicht leben.