Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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fahre wieder hinauf . . . „Ich will Sie ja engagieren", sagt der Direktor, der noch immer in der Annahme ist, ich könnte ihn irgendwie mißverstanden haben. Eben sind wir oben angelangt. „Engagieren wollen Sie mich?" frage ich konsterniert und hoffnungslos. „Ja doch!" . . . Und ehe er sich noch weiter mit mir befassen kann, bin ich schon wieder auf der Treppe und habe nur die eine Idee: hinaus aus dem Theater! Endlich — nach meiner dritten Flucht — , denn immer, wenn ich unten ankam, war auch der Direktor mit seinem Fahrstuhl unten angelangt, wurde das Engagement sozusagen zwischen Lift und Bureautür abgeschlossen. Premiere! Ich als Statistin — mitten unter der Masse trotz meiner , .vorzüglichen Erfolge'' als Kind, trotz meiner dreimonatigen Lehrzeit in München. Aber ich kniff die Lippen zusammen über diese Demütigung: Ich würde meinen Weg schon machen, ich würde schon auffallen! Ich hatte mir ein Modellkleid aus Paris besorgt, etwas Pikfeines! Da kamen die anderen einfach nicht mit! Die Vorstellung soll gerade losgehen, die Statisterie tritt eben in gebührender Form zusammen, Regie und Inspektion schreiten die Front ab, — hinter der Szene schrillt die Glocke auf . . . Drüben, zehn Schritte von mir entfernt, wird der Vorhang in die Höhe ge= zogen . . . Da kommt irgendwer auf mich zugestürzt — ich weiß gar nichts mehr davon, wer es war und wie er aussah, ich entsinne mich nur eines gefahrdrohenden Schattens — , da kommt dieser Schatten auf mich zugestürzt, packt mich an der Schulter und flüstert erregt: „Was haben Sie denn für'n Kleid an? Runter damit von der Bühne. Das ist ja keine Statisterie, Ralph, das ist ja erste Salondame! Runter damit! Weg!" Und ich stand schon außerhalb jeder Kulisse. Die Vorstellung fing an — und hörte auf . . . ohne mich. — Das war eine traurige Vorstellung, — es war vielleicht das traurigste unterallen Debüts, die mir beschieden waren. "\ Hanna Ralph im Alter von sieben Jahren. Die Zeit der Festspiele taucht vor mir auf; Düsseldorf . . . der Rhein . . . Und mit dem Rhein die Zeit der großen Rollen. „Alles, was gut und teuer ist", wie der Theaterjargon sagt. Das war besonders im „goldenen Mainz". Ach, was für Kisten mit herrlichen Trauben und Traubenwein wurden mir von begeisterten Theaterbesuchern ins Haus geschickt. Und ich hatte doch bis dahin kaum einen nennenswerten Schluck Wein zu mir genommen. Ich wußte vor allem nicht zu unterscheiden zwischen leichtem und schwerem Wein. Ich wohnte in einer Pension — mit einer Kollegin zusammen. Und wir beide wußten uns vor den Weinkisten nicht zu retten, noch zu helfen. „Wir müssen sie austrinken!" entschied meine Zimmernachbarin, und wir machten uns daran. Wir tranken den schweren Wein aus Wassergläsern, denn wir ver< standen es nicht besser. Wir tranken aus Pflichtgefühl bis zur Verzweiflung. Das war die klassische Zeit . . . Und nachher kam die hungrige Zeit. Das war in Hamburg. Es gab nichts anderes als Steckrüben, tagein, tag. aus Steckrüben ... Ich kam, wie so viele andere, auf den Hund dabei. Ich hatte keine „Beziehungen", keine Bekannten, ich wußte nicht, wo man die Zulagen als Schwerstarbeiter erschleichen konnte . . . Ich lernte „Maria Stuart" auswendig, indem ich in der rechten Hand den Schiller, in der linken eine Steckrübe hielt. So stand ich vor dem Spiegel, so schritt ich mit königlicher Geste auf und ab. Dann rettete „Minna von Barnhelm" mein Leben. Ich spielte . . . und ich bekam einen liebenswürdigen Huldigungsbrief mit „eigenartiger" Handschrift ins Haus gesandt. Ich kannte den Namen des Absenders nicht, — und ich zog Erkundigungen ein: — zum Tee sollte ich kommen? Wer gab den Tee? Und wer verkehrte dort? Nun, mein Zögern währte nicht lange. „Ralph," sagte man mir, „da geh' hin! Da gibt's zu essen! Das ist ja der 11