Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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B«*£ätä**dL (Alle Rechte vorbehalten.) I. Ein unbedeutendes Mädchen. Wer Helen Franklin ist? Helen Franklin ist die unbedeutende Privatsekretärin von Daniel Farnum, Getreide engros, London W. 1, Weymouth Street; jung, fast sehr jung noch, nämlich gerade neunzehn Jahre, und erst seit etwa drei Monaten bei Mister Daniel Farnum in Position. Vorher war Helen Franklin sozusagen ohne Beruf: und wäre der Vater nicht gar zu früh gestorben, hätte sie vermutlich noch ein oder zwei Jahre hinter der modernen englischen Novellistik gesessen und ganz verstohlen nach dem Mann ihrer Wahl ausgeblickt. Leider wurde daraus nichts und so muß Helen denn jetzt die private Korrespondenz des etwas jähzornigen und ziemlich heißblütigen Daniel Farnum junior erledigen. Daniel senior hat sich zwar auch noch nicht ganz von den Geschäften zurückgezogen, aber da sein Sohn immerhin schon achtundzwanzig Jahre alt ist, ist es Zeit für ihn, den Wert der Verantwortung am eigenen Leibe zu erfahren. Morgens um acht Uhr trifft Helen Franklin im Kontor ein, öffnet die Post, streicht die Bestellungen rot, die Mahnungen blau — und die Beanstandungen grün an, sortiert alle Briefe nach dem Alphabet und legt die umfangreiche Mappe Herrn Farnum auf den grünbezogenen Schreibtisch. Um halb neun kommt Herr Farnum, sehr ruhig, sehr gut ausgeschlafen und einen Geruch von irischer Zahnpasta um sich verbreitend. Er begibt sich mit bedächtigen Schritten, die er in New York einem Enkel Rockefellers abgelauscht haben soll, an seinen Platz, blättert gelangweilt in den Eingängen, wird ungefähr bei dem fünften oder sechsten Schreiben nervös, drückt den Knopf der elek= frischen Klingel und fährt Helen Franklin, die daraufhin eintritt, folgendermaßen an: „Miß Franklin, was soll das?" „Bitte, Herr Farnum — ?" „Was soll das??" Dabei fährt Daniels gutmanikürter Zeigefinger über den gerade vorliegenden Brief und bleibt hier und dort hängen. „Ich verstehe nicht recht — Herr Farnum," sagt dann Helen Franklin. Mister Farnum springt darauf regelmäßig auf, erreicht mit zwei großen Sätzen das Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers, starrt hinaus auf die Straße, macht Kehrt und pflanzt sich vor Helen Franklin hin, um stoßweise herauszubringen: „Ich wünsche von Ihnen mehr persönliches Interesse an unserer Firma, Miß Franklin ... Es genügt mir nicht, daß Sie Ihre Farbenstriche einwandfrei hinmalen . . . Ich erwarte von Ihnen . . . ich erwarte "— von Ihnen . . ." — Er unterbricht sich hier, sieht die Sekretärin mit einem wohlwollenden Blick von oben bis unten an, verweilt mit den Augen etwas länger an den unerhört durchsichtigen Seiden 35