Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Doch niemand regt sich im Nebenzimmer. Auf unsicheren Füßen, die schwer wie Blei sind, schleicht Farnum zur Tür und blickt in Helens Raum; die Sekretärin ist verschwunden. Der Verdacht des Mordes, der so plötzlich ausgesprochen wurde, lähmt Daniel Farnum; betäubt bleibt er einige Sekunden stehen. Dann schiebt er sich an den Möbeln und Wänden entlang, um auf einem Sessel unweit der zur Treppe führenden Tür niederzusinken. Nicht so sehr Furcht vor dem öffentlichen Verdacht lähmt ihn, als die Schande, eingestehen zu müssen, wie er zu den Schriftstücken Hobsons kam, — zu jenen Schriftstücken, aus denen er von dem riesigen Geschäft mit Kleinasien erfuhr. Gewiß: er hat nicht fair gehandelt . . . Und nun ist Miß Franklin verschwunden . . . Wo kann sie hin sein? Sie hat doch den Besucher gemeldet! Vor wenigen Minuten erst meldete sie Romain Habet . . . Und nun ist sie nicht mehr da . . . Sie ging in dem Augenblick, in dem Habet ging . . . Ah, — das ist's! Daniel Farnum richtet sich auf. Und in seine matten Augen kommt neue Energie, neue Entschlußkraft. Er glaubt, alles zu durchschauen. Daher also die ausgeprägten Hände . . . die ausgeprägten, vielsagenden Knöchel an den Fingern . . . Ah, — das ist's: gemeinsame Sache hat dieses Mädchen mit dem Fremden gemacht! Sie gehörte mit zu dem Ring, der um den Inhaber des Hauses Farnum geschlossen worden war . . . Sie gehörte mit zu Hobson, Habet, zu den Russen von damals . . . Und ein gramvolles Gefühl bescbleicnt jfo* r „Kennen Sie Monsieur Habet?" fragt er geradeheraus. D?niel Farnum, eine Verzweiflung, eine wette Enttäuschung . . . Helen Franklin — muß er denken — , Helen Franklin, warum hast du mich nicht besser durchschaut? Du hättest es besser bei mir haben können als sonstwer auf der Welt . . . Ihm fällt ein kurzer Augenblick ein, jener Augenblick, in dem er sich sagte: sie ist prachtvoll gebaut, diese Kleine . . . Er läßt die Stimmung, die ihn damals bewegte, an sich vorbeigleiten, weil er an die eben eroberten Schriftstücke in seiner Hand denkt. Hätte er den Moment nur nicht verpaßt, tadelt er sich. Aber war denn Helen Franklin mehr als eine einfache, unbedeutende Privatsekretärin? Und ist sie denn heute mehr als . . . eine Intrigantin? Hat sie nicht mit Romain Habet das Weite gesucht und ihn dem Skandal überlassen? Ueber diese traurigen Gedanken sinkt der Abend herein. Aus den Geschäftsräumen kommt niemand, nach dem Chef zu sehen. Die Straßen hüllen sich in Dunkel, Laternen flammen draußen auf, langsam schlürfende Schritte nähern sich endlich von der Treppe her. Bob ist es, der Bureaudiener. „Sir — ?" fragt er, an der Tür innehaltend. Daniel zieht sich an den Sesselwangen hoch und steht vor dem Alten. „Wie spät haben wir's?" erkundigt er sich beschämt. „Es ist fast sieben, Sir!" „Wartet der Wagen, Bob?" „Wohl, — er wartet!" „Ich komme sofort!" Und während der Wagen den Weg durch die belebte Altstadt sucht, rattert der der Motor unaufhörlich durch die Polster hindurch: Mordverdacht Mordverdacht . . . Zwei weitere Tage vergehen so; noch immer ist die Polizei auf den irreführenden Spuren. Von Stunde zu Stunde steigt Daniels Nervosität, und sein Jähzorn bricht in seiner eigenen Unsicherheit, in dem Gefühl ständiger Erwartung eines Furchtbaren, mehr und mehr zusammen. Helen Franklin ist nicht wiedergekehrt, und es hätte auch keinen Sinn, wenn sie da wäre: Daniel wüßte nichts mehr zu diktieren. Das Geschäft mit Angora hat er vollkommen aus dem Auge verloren. Am dritten Tag geht er selbst zur Polizei; er trifft den Kommissar an und forscht nach den Ergebnissen der Untersuchung. „Wir haben eine neue Fährte — ", sagt der Kommissar augenzwinkernd. 41