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wichtiger hielte, als die Schönheit, ich würde es Ihnen nicht eingestehen. Um vor Mißverständnissen zu schützen!
Wenn ich aber nun einmal im Ernst von mir als Filmschauspielerin rede, und von meinem Ziel, nämlich auf das Publikum zu wirken und seine Zustimmung zu erfahren, so muß ich sagen, daß einem sein Weg außerordentlich erleichtert wird, wenn man von vornherein, abgesehen von allem Talent, eine suggerierende Kraft mitbringt: die Schönheit. Da einmal die Augen ein unerläßliches Mittel sind, um in Kopf, Herz und Gemüt zu dringen, da die Augen die erste Wahrnehmung machen, und dann erst die anderen Sinne, so ist es in jedem Fall empfehlenswert, den Augen diese Wahrnehmung so angenehm als möglich zu machen, damit sie nicht die Lust verlieren, ihre Beobachtungen weiterzugeben. Im weiteren Verlauf ist es dann freilich zweifelhaft, ob die Schönheit vor einer strengeren Zensur nicht in ihrem Gehalte verliert. Wenn sie Stil hat, so wird sie es nicht tun, ich glaube also, daß Schönheit und Stil gleich wichtig sind, jedes an seinem Platze.
Im übrigen erwähnte ich schon einmal, daß ich Ihnen nicht die Wahrheit sagen werde!"
Margarethe Schön ist kurz und ehrlich :
„Ist Schönheit für eine Filmschauspielerin wichtiger, als der Stil? Sie erlauben mir, die Frage umzudrehen: Ist Stil für die Filmschauspielerin wichtiger als Schönheit?
Erstens: Ja!
Zweitens: Nochmals ja!
Drittens: Mit einer Ausnahme! Nämlich: Wenn sie häßlich ist!
Wladimir Gaidarow stellt sehr gewissenhafte Untersuchungen an, ehe er sich entscheidet:
Stil oder Schönheit? . . . Wem ist der Vorzug zu geben? — fragen Sie.
Natürlich, letzterer, wenn von „r i c h t i g e r" Schönheit die Rede ist.
Gibt es denn auch eine „falsch e" Schönheit?
Oh, doch, sogar sehr häufig! Sie ist immer dagewesen und existiert noch heute. Wie oft sagen wir: Ach, was für ein schönes Kleid, welche schöne Frisur (z. B. „Bubikopf"?!) usw. Aber das sind falsche Ausdrücke. In den meisten dieser Fälle sollte man von PseudoSchönheit reden oder sagen: wie modern! . . . Wie oft, wenn wir den auf der Leinewand vorübergleitenden Bildern folgen, möchten wir ausrufen (und tun es doch nicht!): Prachtvoll, schön! Diese Eindrücke verbleiben ein, zwei Tage oder ein wenig länger in unserem Gedächtnis, dann . . . erlöschen sie für immer.
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Weshalb? Sie waren doch prachtvoll?
Ja, prachtvoll und schön, dennoch . . .
Fben jetzt versuche ich mir die schönen Gesichter, schönen Figuren, schönen Bilder zu vergegenwärtigen, die ich im Film bewundert habe, und ... ich bin nicht imstande, es zu tun, da ich sie fast alle vergessen habe, außer vielleicht zwei oder drei Erscheinungen! Und ich habe ihrer doch so viele gesehen!
Woran liegt es denn? Warum habe ich sie vergessen? Und warum entsinne ich mich im Gegenteil anderer . . .? Ob in jenen Schönheit war? Vielleicht ja, möglicherweise aber auch nicht . . . Mehr noch, — ich erinnere mich an Gestalten, die in ihrer Häßlichkeit schön und in ihrer Schönheit häßlich wirkten, - und unwillkürlich kommt mir der Gedanke in den Kopf:
„Das Schöne oft zum Häßlichen sich neigt, Und selbst im Häßlichen birgt sich das
Schöne."
Dieser Vers gehört einem unserer russischen Dichter, Igor Severjanin, einer, der zur Schönheitsempfindung berufen ist und dessen Worte dadurch Aufmerksamkeit verdienen . . .
Aber halt: vor meinem Gedächtnis erscheint etwas?! Vielleicht liegt die Lösung hier?
Ich weiß nicht, ob ich es als Gestaltung bezeichnen kann oder als Schema oder als graphisches Bildnis? In der ganzen Bewegung, im Umriß, in der gesamten Form fehlt jegliche Wärme, jedes seelische Moment, alles Lebendige . . . Soll ich das als Stil bezeichnen und diese äußere, in sich begrenzte Form vorziehen?
Vielleicht! Aber welch ein schlechter Stil, der keine Harmonie in sich hat. Ist denn das
schön? Nein
und abermals: nein!
Aber wenn ich festzustellen versuche, wa3 Schönheit ist, muß ich an die vergeblichen Bemühungen Tausender denken, denen die Lösung dieses Problems nicht gelingen konnte. Wenn von Stil die Rede ist, stellt sich die Aufgabe ein wenig leichter. Ich wenigstens würde unter Stil die sich nach außen gebende Form eines bestimmten inneren Charakters und Sinnes bezeichnen, obgleich auch hier nichts Positives festgelegt werden kann, denn wie oft wird vom Stil gesprochen, wo nur ein bloßes Schema vorliegt, wo weder Charakter noch Seele darunter steckt.
Die aufgeworfene Frage aber ist damit nicht entschieden. Ich zerbreche mir den Kopf, was zu diesem Zwecke geschehen soll? . . .
Da! . . . Ein rettender Gedanke! Ich entnehme ihn abermals einer Erinnerung.
Also, es war in einem kleinen Dorfe Italiens, wo ich mit zwei Regisseuren auf der Durchreise befand und auszuruhen gedachte. Meine Begleiter und ich setzten uns auf die Bank vor der Haustür der Trattoria, wo wir Aufenthalt genommen hatten. Der Wirt, indem er den Weinkrug auf den Tisch setzte, erzählte uns mit reichlichen Gesten und reichlichem Wortschwall, daß im Dorfe ein Tanzfest stattfinden sollte . . . Wir jedoch achteten kaum auf seine Worte und genossen in vollen Zügen, nach ermüdender Reise, die angenehme Ruhe, die ringsherum herrschte. . . .