Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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DW*WV* Ikteflfaisckcld Conrad Veidt in „Don Carlos" /jf\^e letzte Stunde — ? Ja, die Dramatiker C# f haben sie oft zum Vorwurf genommen, ß J diese letzte Stunde, in der der Mensch "■ vor der Lösung des großen Ewigkeits rätsels zu stehen pflegt, vielleicht nur mit dem Ergebnis, in der Bewustlosigkeit nicht mehr zu bemerken, daß diese Ewigkeits furcht erst durch das Denken geschaffen wurde. Schließlich ist ja nichts gut oder böse, nichts schrecklich oder beseligend, es sei denn, daß das Denken es erst dazu mache. Aber genug mit diesen Reflexionen, genug damit — ob es erdichtet und erdacht sei, der letzten Stunde des Erdenwallens mit Furcht und Zweifeln entgegenzutreten: wir müssen damit einverstanden sein, daß die Moral aller Zeiten aus der Todesstunde gewaltiges Kapital geschlagen hat; der ganze Sinn der Tragödie seit den allerklassischsten Perioden jeglicher Dichtkunst beruht ja darauf, daß die menschliche Gesinnung geläutert werde durch die Betrachtung des Tragischen. Aus den alten Schlußfolgerungen, die sogar zu vier Arten der einen Tragödie führten, ist uns , jedoch heute nur die Vorstellung geläufig, daß dem Augenblick, in dem der Mensch dem kontrollierbarem Diesseits den Rükken wendet, eine ungeheure Weihe innewohnt, weil — nüchtern formuliert — „keine Tat des emsigsten Lebens diese definitive Sekunde an Bedeutung übertrifft". So hat denn auch in der künstlerischen Darstellung die Todesszene von jeher eine beson 3 Graf Charolais Phot. : Oswaldiilm dere Aufmerksamkeit erfahren; sowohl in der Literatur der Naturalisten wie in der gesamten Malerei ist die Sekunde des Verscheidens ein immer wiederkehrendes Stiinmungsmotiv geworden. So stark aber auch die Ansprüche sein mögen, die die Sprechbühne in die enervierende Durcharbeitung dieser menschlischen Schlußszene stellte, so ergeben sich doch die Forderungen, d'e in der gleichen Szene der Film an den Schauspieler stellt, in ungleich stärkeren Gefühlsdimensionen. Wenn es auch brutal klingt, so ist doch an dem Vergleich etwas Wahres daran, den kürzlich ein prominenter Schauspieler im Atelier fallen ließ: „Eine Sterbeszene im Film — das ist, als sollte menschlicher Trennungsschinerz mit der qualvollen Stummheit der arglosen Kreatur ausgedrückt werden — ." Oder mit anderen Worten: Auf der Bühne hat der Darsteller alle Mittel der Stimme und der röchelnden Lunge zur Verfügung, im Film aber muß alles in' eine ferne Geste, die nur durch die Großaufnahme etwas „herangeholt" [Verden kann, verdeutlicht werden. Lessing schreibt an einer Stelle in seiner „Dramaturgie" einmal die folgenden Sätze: „Madame Henseln starb ungemein anständig; in der malerischen Stellung; und besonders hat mich ein Zug außerordentlich überrascht. Es ist eine Bemerkung an Sterbenden, das sie mit den Fingern an ihren Kleidern oder Betten zu rupfen anfangen. Diese Phot.: Sternfilm Bemerkung machte sie 33