Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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sich auf die glücklichste Art zunutze; in dem Augenblick, da die Seele von ihr wich, äußerte sich auf einmal, aber nur in den Fingern des erstarrten Armes, ein gelindes Zucken; s i e kniff den Rock, der um ein weniges erhoben ward und gleich wieder sank: das letzte Aufflackern eines verlöschenden Lichts; der jüngste Strahl einer untergehenden Sonne. — Wer diese Feinheit in meiner Beschreibung nicht schön findet, der schiebe die Schuld auf meine Beschreibung; aber er sehe sie einmal!" Die moderne Schauspielkunst steht, wie es scheint, erheblich mehr unter dem Signum des Theaterglases mit achtfacher Vergrößerung; denn das, was Lessing als besonders auffallend lobt, ist heute längst Gemeingut aller nur irgendwie greifbaren Provinzschauspieler geworden. Es ist also durchaus nichts Verwunderliches, daß der Film die Mimik des Todes bereits schabionisiert vorfand. Das ging sogar so weit, daß jede Person, die meinetwegen an Halsbräune oder an einer Zehenverstauchung zu sterben hatte, bis in die letzten Tage das Herannahen der kritischen Sekunde durch einen Griff in die Herzgegend zu illustrieren hatte. Ein großer Teil unserer Filmregisseure hat sich da zwei Gesten zurechtgelegt, um die sogenannte letzte Stunde einzuleiten: nämlich den Griff zur Polikuschkas letzte Stunde Herzgrube — und den an die Kehle. Gewiß ist es erfreulich, daß die Stereotypisierung der geistigen Emotionen sich hierbei genug sein ließ, aber betrachten wir die Regie als eine wissenschaftlich-künstlerische und nicht nur als eine Routine-Aufgabe, so wird sich in diese bequeme Freude doch auch ein Schuß Bedauern mischen. Immerhin: lassen wir all die Sterbeszenen, die wir in den verschiedenen Filmen zu sehen bekommen haben, noch einmal an uns vorübergleiten, so finden wir über die beiden festgeprägten Bewegungen, die sozusagen für die große Masse bestimmt scheinen, auch etliche individuelle Leistungen. Der Tod Siegfrieds im ersten Teil der „Nibelungen" mag dabei ausgeschaltet bleiben, denn wie Helden sterben, das ist ein Kapitel für sich. Aber im „Fridericus Rex" gehört die Sterbeszene des alten Königs, dargestellt von Steinrück, zu den ergreifendsten Bildern, die je von geschickter Regiehand gestellt wurden. Erhöht wurde hier die Unmittelbarkeit der Wirkung durch den beachtenswerten Umstand, daß die Leistung Steinrücks nicht durch Wiederholungen und Einblendungen auseinandergezerrt wurde. Das nämlich erschwert unter Umständen die Arbeit des Filmkünstlers in diesen gewaltigen Nervenstrapazen so ungemein, daß Einzelmomente auch nach einmaliger Durchspielung der Szene nochmals rekonstruiert werden müssen, um Gelegenheit zu den Großaufnahmen zu geben. In diesen Fällen ist durchweg die Geflicktheit des Vorganges herauszufühlen. Der genannten Szene Steinrücks ist übrigens an durchgespielter Innerlichkeit nur eine andere an die Seite zu stellen, nämlich die Mosjukins in „Polikuschka". Diese beiden personifizierten Gegenpole sind insofern sehr lehrreich, als sie zeigen, wie die leidenschaftliche Natur eines preußischen Soldatenkönigs sich mit ihrer letzten Stunde fast körperlich auflehnend abfindet, während der Russe, der einen geknechteten Sklaven des alten Reußenlandes verkörpert, sich mit einer demutvollen Fatalität ergibt. Es ist schwer zu sagen, wo die höhere Intensität des schauspielerischen Gefühles liegt: bei Mosjukin — oder bei Steinrück. Das erbarmungslose Schicksal, dessen Opfer sich der Russe wähnt, ist in seiner aus der Dummheit ge 34