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„Große Film von bulgarische Volk muß sein!" sagte er. Und ich entnahm seiner flotten Rede weiter, daß die bulgarische Gesandtschaft an der Angelegenheit interessiert sei. Schüchternheit hätte mir nicht viel geholfen, also ....
Und ich trat zu den beiden Herren hin, stellte mich vor und bat um Entschuldigung — und was man in dergleichen Fällen noch alles zu tun pflegt. „Die bulgarische Regierung will einen Film machen," nahm ich die Diskussion auf, „aber meine Herren, da hätten Sie sich doch an meine Firma wenden sollen, so etwas ist unsere Spezialität."
„Ich bin fremd in Berlin," bestätigte mir der Bulgare, „wie heißt denn Ihre Firma?"
Aufs Geratewohl warf ich einen Namen hin, der wie eine Firma klingen mochte. Nehmen wir an, ich hätte „Turandot"-FilmG. m. b. H. gesagt. In Wirklichkeit war der Name etwas anders.
„Turandot — Turandot . . ." wiederholte der Bulgare nachdenklich . . . „Den Namen habe ich noch gar nicht gehört."
„Ja," fiel ich ein, „da sieht man, daß Sie die deutschen Firmen gar nicht kennen. Sie müßten ja auch sonst davon unterrichtet sein, daß wir gerade solche Filme als Spezialität betreiben, wie Ihre Regierung einen machen lassen will."
Ich mußte bei den beiden Herren einen passablen Eindruck hinterlassen haben, denn wir verabredeten für den nächsten Mittag eine Besprechung bei der bulgarischen Gesandtschaft. In der Frühe des nächsten Tages hatte ich nichts Eiligeres zu tun, als mir Briefbogen mit der Firma der „Turandot"Film-G. m. b. H. drucken zu lassen, dann begab ich mich zu einem Rechtsanwalt, gründete hier die G. m. b. H. in aller Form, ernannte mich zum Direktor des Unternehmens, ließ mir expreß Visitenkarten herstellen .... und fand mich um ein Uhr auf der Gesandtschaft ein. Der langen Verhandlungen kurzer Sinn war, daß ich — oder die „Turandot"-Film G. m. b. H. den Auftrag erhielt, einen großen bulgarischen Kulturfilm herzustellen, der die bulgarische Geschichte in gewaltigen Zügen und die gegenwärtigen kulturellen Errungenschaften in imposanten Szenen zu zeigen hatte. Ich verpflichtete als Operateur Herrn Reinwald — und rüstete meine Expedition aus. Alles verlief nach Wunsch: ich stand unter dem Schutze der bulgarischen Regierung. Ich erhielt
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einen umfassenden Reisepaß, durch den ich mit den unmöglichsten Befugnissen ausgestattet wurde, — mehr oder weniger hatte halb Bulgarien stramm zu stehen, sobald ich auf der Bildfläche erschien, — und dann bekam ich einen Sonderzug von Berlin nach Sofia, einen Sonderzug, der aus einem Salonwagen, einem Schlafwagen, einem Speisewagen, drei Lastlowries und einer militärischen Eskorte von einem höheren Offizier sowie etlichen Soldaten bestand. Was ich nur als nötig und nützlich angab, wurde mir gestellt, und wenige Wochen später trat ich die Aufnahmereise nach dem Balkan an
Der Film wurde gut. Ich zeigte ihn nach Monaten in Berliner Fachkreisen, wo man ihn unter dem Titel „Bulgarien, Land und Leute" in Umlauf setzte, und überall billigte man sowohl die dramaturgische Aufmachung des Kulturfilms wie auch die bildhaften Einzelheiten. Ich durfte mich, selbst als Direktor der „Turandot"-Film-G. m. b. H., auf meinen Lorbeeren ausruhen, denn ich hatte niemand betrogen. Aber schließlich setzte man mir doch einen Floh ins Ohr: „Warum machen Sie denn keine Spielfilme?" fragte man mich. „Ihr Bulgarienfilm beweist doch, daß Sie das Zeug dazu haben."
„Ich habe kein Geld," gestand ich.
„Das besorgen wir Ihnen!"
Und so wurde es allmählich; ich fand mich mehr geschoben bei diesem Wechsel, als daß die Umstellung von mir ausgegangen wäre. Ich bekam die Mittel, um die „Zwei Menschen" zu machen, und sie wurden ein beispielloser Erstlingserfolg.
Aber wenn ich Ihnen das nun erzähle, — sagen Sie selbst, wen in aller Welt interessiert das?" schloß Hanns Schwarz seinen Bericht.
Ich mußte diesen Menschen, der sich so bitter über sein geringes Bekanntsein — nein, nicht doch: der sich so bitter über die Vernachlässigung der Regisseure in der öffentlichen Wertschätzung beklagt hatte, beinahe wie ein neues Weltwunder anstarren. Und über diesen erstaunten Blick wurde endlich auch er stutzig.
„Oder meinen Sie, daß das doch interessiert?" forschte er.
„Ich wüßte nicht, was mir bisher Ehrlicheres und Interessanteres von einem Filmregisseur erzählt worden wäre," bestätigte ich ihm. „Sie haben mir, Gott sei Dank, so gar nichts Künstlerisches aufgetischt "