Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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der staunenden Menschheit zu zeigen, wie man überhaupt Theater spielt. Der Eintritt Amerikas in den Krieg zerriß für mich plötzlich den heiteren Vorhang, der mich bis dahin von der Wirklichkeit getrennt hatte. Zusammen mit der Deutschen Botschaft kam ich im Frühjahr 1917 nach Berlin. Mein Vater war auf seinem Posten zurückgeblieben. Es mußte sich nun erweisen, ob aus einer begeisterten kleinen Dilettantin eine wirkliche Schauspielerin werden konnte. Als ich in Berlin zum ersten Male dem alten Freund meines Vaters, Max Reinhardt, gegenübertrat, konnte ich meine amerikanische Siegesgewißheit absolut nicht wiederfinden. Und ich kann Reinhardt auch nicht nachsagen, daß er mir geholfen hätte, sie schnell wiederzufinden; das war nämlich mein Glück. Die ersten Versuche in Deutschland zeigten mir, daß meine Liebe zum Theater eine sehr unglückliche war, aber gerade im Unglück erkannte ich die Inbrunst meiner Liebe zum Theater. Mein Beruf als Schauspielerin wurde zum Inhalt meines Lebens. Gott sei Dank konnte ich dann auch bald selbst mein Talent entdecken. Ich habe in Deutschland erkennen gelernt, daß die Vorbedingung für ehrlich verdiente Erfolge eine harte, nie aufhörende Schule ist. Oft werde ich gefragt: „Was tun Sie lieber, filmen oder Theater spielen?" Ich antworte immer ehrlich, daß ich beides gleich lieb habe. Bei ernsthaftem, künstlerischem Streben ergänzt eines das andere und bietet wechselseitig die Kontrolle für die Aufrichtigkeit vermeintlicher Fortschritte. Der Filmstreifen lügt n i e. Aufrichtige Freunde im Parkett, besonders wenn sie Freikarten haben, immer. Auf der Bühne steht jeder Schauspieler mehr oder weniger im Banne der Rolle. Die ganze Atmosphäre des Geschehens steigert ihn über sich selbst hinaus und beseitigt die Hemmungen des Privatmenschen. Im Filmatelier morgens um 8 Uhr, bei Hämmern und Klopfen, Schimpfen und Fluchen, bei grellen Scheinwerfern auf verschlafenen Augen, hat der Ruf: „Frau Christians, bitte Aufnahme!" lange nicht die belebende Wirkung wie das letzte Klingelzeichen abends in der Garderobe vor Aufgang des Vorhangs. Im Film muß der Regisseur der große Zauberer sein, der mit wenig Worten die Atmosphäre schafft, aus der heraus der Schauspieler eine kurze, aus dem Zusammenhang gerissene Szene lebenswahr gestalten kann. Mein letzter Film mit Joe May, „Der Farmer aus Texas", stellte mich z. B. an einem Vormittag vor die Aufgabe, als kleines Farmertöchterchen mit einem imponierenden Grafen sehr handfest zu flirten und schon eine Stunde später mich durch unseren inzwischen herangewachsenen Sohn für eine sehr minderwertige Behandlung während der Ehe zu rächen. May hat mir die Aufgabe ungeheuer erleichtert, weil er zwei hervorstechende Eigenschaften hat, die das Arbeiten mit ihm zur Freude machen: mitreißendes Temperament — und sehr, sehr viel Geduld. Ich habe noch einen besonderen Grund, weshalb ich nach einem großen Film wieder gerne Theater spiele. Alle Frauen haben Freude am Reden. Bei der Theaterpremiere kann ich drei Stunden lang sprechen, ohne daß mich jemand unplanmäßig unterbrechen darf. Das habe ich nicht einmal zu Hause. Der Filmregisseur dagegen hat ein kleines zweischneidiges, mir sehr unsympathisches Instrument, „die Schere", und bei der Uraufführung des Films darf ich auf dem Hinrichtungsstuhl in der schönen großen Loge nicht plötzlich aufschreien: „Mörder! Du hast mein Bestes geschnitten!" ^etö!)ftten nun jSarijtienfcen Der S'jjott ift ba0 3fcmö ber ffilnujifffnhnt; man fpottet, vurnn man nicht begreift. JDie 3titbc ift ein tuict)tige0<JBcfrbaft; \iucr richtig lieben uuiH, öarf baneben nein ivueirea kennen. "STiel fetmerer norib altf öa£ fctujetftc £c;ö tragt firb eine maftlofc Euft. Hiebe man unerfcrjtjptfirb fein, Hcibenfchaft ift ep nidbf, aueb ift c.ö heinc hlcine aufgäbe für eine anftanbige jfrau, öicfelbc tueialicrj auf Ktl ganzes leben 511 uerteücn. ffilnferc ü>rbat3C mi'tfTcn fo tief bergrabrn fein, bafj bie ganjc Wtlt barübrr ninfebreiren Kann, ohne fie 311 beinernen. (Quo „3<t>ei Jraucn") 82