Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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eigentlich die Filmindustrie heute unter den Industrien bereits an dritter Stelle rangiert. Und wir können verstehen, daß der starke Zauber, den die „Filmatmosphäre" in sich birgt, unaufhaltsam neue Geister anzieht, daß er fähige Köpfe, Männer der Kunst, der Wissenschaft und der Technik in ihren Bannkreis zwingt und vorwärtsdrängt zu neuen Taten, zu neuen Bahnen. Und nun will ich Ihnen ein kleines Privalissimum über „Besetzung" geben. Das Theater hat 30 Fachschauspieler, der Film aber hat die ganze Welt zur Verfügung, d. h. einen Reichtum an Möglichkeiten, der wahrhaft sinnverwirrend ist. Bei ihm — oder sagen wir: bei uns gibt es höchstens finanzielle Grenzen. Zugestanden, diese Grenzen machen auch uns oftmals ernste Kopfschmerzen, weil wir, leider, nur in den seltensten Fällen voraussehen können, was das liebe Publikum zu unserer Arbeit sagen wird. Aber dafür ist auch die ganze Welt unser Publikum und nicht nur ein Parkett und drei Ränge; — und wenn es uns gelang, etwas zu schaffen, daß die Welt aufhorcht, dann haben wir wirklich unser weitgespanntes Ziel erreicht. Angesichts der Mannigfaltigkeit unserer Zuschauer müssen auch wir Mannigfaltiges bringen und das letzte in der Auswahl unserer Mitarbeiter, besonders der Darsteller, berücksichtigen. Jede, auch die kleinste Figur des Films soll ein Mensch sein und keine angemalte Theaterpuppe. Das Kinema, das Objektiv ist unerbittlich hart und L;iausam. Seinem Scharfblick bleibt nichts entrückt, und wenn vielleicht noch etwas den kunstvoll aufgestellten Lampen verborgen blieb, so dringt das Licht des Tages durch alle Unwahrheiten hindurch! „Die Sonne bringt es an den Tag." Darum müssen wir restlos das letzte in der Suche nach dem Menschen, nach der Frau, nach dem Kind leisten. Die Möglichkeit, dem Verfasser des Romans, dem Dichter des Dramas gerecht zu werden, zwingt uns dazu. Die altbekannten Hilfsmittel der Bühne zur Verwandlung eines Schauspielers versagen zumeist gegenüber dem schonungslos enthüllenden Lichtbild der Leinwand. 1 her gibi es Ueberraschungen, von deren Größe ein Nichteingeweihter sich keine Vorstellung machen kann. Schminke und Puder, Farben und Pasten zerrinnen in ein Nichts vor der Linse, und sonst starke darstellerische Wirkungen auf Auge und Ohr rufen, 32 bringt man sie auf der Leinwand an, nur Enttäuschungen hervor, die kaum glaublich erscheinen. Die ultima ratio des Regisseurs ist daher wohl in vielen Fällen die gründliche Probeaufnahme. Dem Trugbild des Scheins gegenüber, hervorgezaubert durch die Kunst der Schminke, tritt nun die Natur in Erscheinung und warnt eindringlichst vor Fehlbesetzungen mit angeblich anderswo „ausprobierten Kräften". Hier stehen die Wirkungen unverrückbar fest. Nur zu gern wird natürlich der Spielleiter bei der Besetzung der Hauptrollen den traditionsmäßig festgelegten Gesichtern seine Aufmerksamkeit schenken, aber oftmals geschieht dies auch zum Schaden des Ganzen, denn unter diesen „Abgestempelten" befindet sich leider ein erheblicher Teil von Künstlern, die sich so zu einer Spezialität entwickelt und ausgewachsen haben, daß sie sich bereits nur noch selbst kopieren, manchmal mit, manchmal auch ohne Bewußtsein; ähnlich wie gewisse unter den bekannten Malern stets wieder und wieder das eine Bild malen, das ihnen einstmals Anerkennung und goldenen Lohn eintrug. Die Gefahr, die diese Wiederholung einer alierprobten Wirkung in sich birgt, wird immer noch von vielen Filmautoren und Regisseuren verkannt. Gibt es doch manch einen unter ihnen, der sich für besonders tüchtig hält, wenn er sein Filmragout nur mit den beliebten und bekannten Namen würzt. Das ist ja nebenher auch sehr bequem: man lege sich also eine gute Kartothek an, man numeriere, benenne, und man nehme . . . Hier sind wir wieder bei einem Punkt angelangt, bei dem sich Bühne und Film berühren. Die Sucht der Unternehmer, dem Publikum zum Munde zu sprechen, ist auch hier Grund, Ursache und alleinige Schuld, warum so vielen an sich guten Darstellern in besonderen Spezialfächern durch das Zutodeschen ihrer Beliebtheit der Garaus gemacht wird. Sie werden buchstäblich zu Tode gehetzt, mit ihrer „gefragten" Beliebtheit. Auf der anderen Seite aber ist die Kurzsichtigkeit einiger Regisseure verderblich, die von dem Standpunkt ausgehen: „Das kann nur Herr X spielen," und die Ursache zu ganz wahnsinnigen 1 Ionorartreibereien. So sehr das Streben nach Verinnerlichung, die