Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Wenn von einem Fortschritt des Darstellerischen die Rede ist, so darf nicht außer acht gelassen werden, daß erst aus den 300Meter-Filmen von 1911 1600Meter-Filme werden mußten, ehe an die psychologische Durchdringung dargestellter Figuren gedacht werden konnte. Und aus dem Monatsgehalt von 250 Mark mußte erst ein schwieriger Engagementsvertrag mit Floskeln und Konkurrenzklauseln werden, ehe das Gewerbliche oder Kunstgewerbliche der Arbeit zum Künstlerischen auszureifen vermochte. Den Fortschritt markieren hier aber weniger die dramaturgischen Elemente, als jene Aufwendungen, die durch eine immer wohlhabender werdende Industrie gemacht werden konnten. Weil Deutschland sechs Jahre hindurch ganz auf sich angewiesen war und keinerlei Vergleichsmomente geliefert bekam, stützte es sich ganz auf die Entwicklung des nationalen Elementes im Bildspiel und überließ sich mehr oder weniger den Direktiven, die es von . . . Henny Porten empfing. Verheimlichen wir es also nicht vor der Oeffentlichkeit, daß für die Darstellung sympathischer deutscher Frauenfiguren das Vorbild Henny Portens wesentlich r< .iihaltiger war, als etwa das der Asta Nielsen. Der Nachwuchs, wo er sich seither deutsch gebärdete, schritt auf den Spuren Henny Portens einher und nur da, wo er einen nichtdeutschen Typ zu verkörpern gedachte, entschied c sich für andere Exempel. Hinzu kommt, daß die persönliche Erscheinung dieser Künstlerin viel mehr der Vorstellung von einem deutschen Frauenideal entspricht, als dies von einer großen Reihe andeser Künstler; nnen gssagt vv erden kann. Da aber nur das, was sympathisch ist, zur Nachahmung anspornt, verdanken wir dem glücklichen Griff Meßters bei seinem ersten Engagement die vollkommene und grundlegende Orientierung der deutschen Produktion. Von vielen Seiten ist mit Recht der Wunsch geäußert worden, es möchten doch die Filme, welche für die deutsche Spielfilmerzeugung bedeutsame Epochen darstellen, einmal auf kurze Zeit aus der Versenkung heraufbeschworen werden. Diese wünsche sind bisher noch immer ergebnislos verhallt, und zwar wurden sie mit der verständlichen Begründung abgelehnt, daß Selbst in der größten Villa pflegt man die kleinen Ecken aufzusuchen: Am Kamin Phot. : Titzenthaler der Stil der Gegenwart derartigen Experimenten abhold gesinnt sei. Und doch wäre es sehr lehrreich, heute beispielsweise den ersten Film vorgeführt zu erhalten, in dem Henny Porten als Blinde erscheint. Die Vorgänge, die die Herstellung dieses Filmes zur Folge hatten, sind inzwischen etwa 3000mal durch die deutsche Presse gegangen: Henny Porten beobachtete auf der Straße die Hantierungen einer blinden Frau und ließ sich von ihrer Schwester Rosa dazu überreden, Meßter einen Film ähnlich gearteten Inhaltes vorzuschlagen. Aber nicht nur dieser Film aus dem Jahre 1910 sollte einmal der Vergangenheit entrissen werden, sondern auch das Bild „Des Pfarrers Töchterlein", das um 1913 entstand und bereits den Uebergang der Naiven zur Heroine offenbarte. Dann kamen zur Zeit des Ausbruches des Weltkrieges die größeren Filme „Tal des Lebens" und „Die große Sünderin", in denen wir bereits Erich Kaiser-Titz und Bernd Aldor als ihre Partner finden. Die Isolierung Deutschlands durch den Krieg brachte dann sozusagen den deutschen Filmaufschwung und schuf für Henny Porten die umneidete Stellung als deutsche Prominente, die ihr jedoch nie mehr bestritten werden konnte. 15