Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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£ f. * a r Im Karst — Eine Filmexpedition unter besonders erschwerenden Umständen Glion, das nächtlich erleuchtete Caux, die Rosen des Friedhofs von Montreux, alles ist ebendig in mir, als wäre es gestern gewesen. Mein Vater, der die Berge leidenschaftlich liebte, erzog mich ganz zu seinem Gefährten. Er trainierte mich, daß ich als elfjähriges Kind wie eine Uhr ging. Damals machteich meine ersten Gletschertouren mit ihm in der Bernina. Ich wurde der reine Gletscherfloh. Kleine Spalte war mir zu breit, und all mein Ehrgeiz ging nur in der einen Richtung, alle „Piz" „machen" zu dürfen, die — ich eben noch nicht machen durfte. Ich erinnere mich heute noch genau, mit welchem brennenden Neid ich hörte, daß ein zwölfjähriger Knabe den Piz Bernina selbst bestiegen hatte. Ich war damals genau so alt und konnte diese Konkurrenz nicht verwinden, bettelte meinen Vater daher tagelang, mich mit den Führern allein hinaufzulassen, und war todunglücklich, als er es mir abschlug. Er fühlte sich eines beginnenden Herzleidens wegen nicht mehr kräftig genug dazu und möchte mich nicht allein gehen lassen. Aber die umherliegenden Gletscher, Norteratsch, Rosegg usw., haben wir doch mehr oder weniger im Laufe mehrerer Jahre gemacht. Eine meiner allerersten Touren war der Piz Corvatsch - eine an sich ganz unkomplizierte Gletschertour, die aber in Anbetracht meines Alters, oder besser gesagt: meiner Jugend, denn ich war, wie erwähnt, höchstens elf Jahre alt, immerhin eine Ausdauerprobe für mich war. Ich greife gerade diese Tour heraus, weil sie ein lustiger Beweis für meinen alpinen Ehrgeiz war. Ich wachte nämlich am Morgen vor dem Aufstieg mit einer schweren Erkältung auf, die einen gänzlich steifen Hals zur Folge hatte. Wir waren damals in Pontresina, von wo aus wir überhaupt alle Touren der Umgegend machten. Ich hatte noch niemand etwas von meiner Krankheit gesagt — , da trat mein Vater mit den Worten ins Zimmer: ,, Willst du heute mit auf den Corvatsch? Das Wetter ist gut, und ich habe einen guten Führer." In fünf Minuten war ich angezogen; an meinen Stiefeln fehlten Nägel, die Gletscherbrille war zu reparieren, aber pünktlich um 3 Uhr nachmittags war ich mit allein fix und fertig und stieg mit den anderen zur Hütte auf. Diese Nacht war vielleicht die landschaftlich schönste, die ich je auf einer Hütte erlebt habe. Es war Vollmond, und die ganze Berninagruppe lag in einem blauschimmernden, zaubernden Licht vor uns. Sehr spät entschlossen wir uns zu einer kurzen Ruhe. Zum Schlafen kam es kaum. Die Hütte war überfüllt. Zudem spielten die Führer die ganze Nacht ein besonderes Kartenspiel, bei dem sie immer mit den Haudknöcheln auf den Tisch schlugen — , und zudem war mein Hals so steif, daß ich mich kaum rühren konnte. Aber ich muckste nicht, um nicht zurückgeschickt zu werden. Gegen 4 Uhr morgens stiegen wir dann, drei Stunden angeseilt, durch sehr weiche Schneefelder, die das Gehen sehr erschwerten der Schnee war so weich, daß mein Vater über einer Spalte einbrach und es einen tüchtigen Ruck am Seil gab. Und der Hals! und der Hals! . . . 24