Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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*s-. Doch dann war ich oben, und da war alles vergessen! Da lag die leuchtende weiße Welt zur Linken, und rechts in langer Folge die blauen Seen von Sils Maria, Silvaplana, Maloja bis zum blauverschwimmenden italienischen Horizont. Der Abstieg nach St. Moritz wurde mir dann doch verflixt schwer — und wo das Ziel erreicht war, merkte ich erst, wie jämmerlich mir zumute war; aber erst in St. Moritz bat ich meinen Vater, für die letzte Stunde bis Pontresina einen Wagen zu nehmen. Ich soll dann 16 Stunden wie eine Tote geschlafen haben, aber stolz war ich, wie ein kleiner „Schneekönig". Ich war ganz überzeugt davon, daß ich nur einmal einen Hochtouristen heiraten könne. Das war Ehrensache. Und nun habe ich wirklich einen Mann geheiratet, der zwar nicht Bergführer von Beruf ist, — sondern schöne Häuser baut, — aber die Berge genau so leidenschaftlich liebt wie ich und mit mir genau so vergnügt in der Welt herumstrolcht, wie es einstmals mein Vater mit mir tat. Im vorigen Jahr haben wir die südliche Schweiz durchstreift, sind von Lugano aus in die Berge gestiegen, in die narzissenbewachsenen Täler von Tesserete, die dolomitenähnliche Zacken säumen; haben die kleinen vergessenen Ortschaften an den frühlingshaften Seen aufgesucht, sind durch alle menschenmöglichen Tunnels gefahren durch den Gotthard, durch den Simplon, den Lötschberg, sind in die weißen Gletscherstürze von Saasfee gewandert und von dort über die Berge nach Zermatt, immer höher hinauf auf den Gornergrat, und haben dort dem Monte Rosa, dem Matterhorn, Breithorn und den Michabellen Grüß Gott! gesagt. Und dann fiel es uns plötzlich ein, ,,gen Süden zu ziehen", wie es immer so schön in der deutschen Geschichte heißt; und auf dem Schiff von Neapel nach Sizilien sind wir plötzlich auf den lustigen Gedanken gekommen, bis Tunis weiterzufahren, um doch einmal in dem Erdteil gewesen zu sein, wo ,,die Affen wachsen". Dann wieder Sizilien. Dieses rostbraune, wilde Sizilien mit seinen schwarzbärtigen Sarazenengesichtern. Hochsommer dort unten, — das ist Afrika! Alle Fremden waren längst geflüchtet. Wir sind in diesen romantischen Bergen herumgestiegen, auf den alten Kastellen und Sarazenentrümmern, und haben dieses seltsame Land, in dem noch wirklich die Vendetta herrschen soll und es nach Brigantengeschichten wispert, durchgestöbert, wie Kinder ein Märchenbuch. Das Meer ist dort im Sommer wie dunkler Stahl, oft erschreckend, wie eine zähe unbewegliche Masse, — rotbraune Berge stürzen 2000 Meter hoch daraus empor, die Luft steht mittags still vor Glut; — ich hatte oft das Gefühl, es müsse im nächsten Augenblick etwas Furchtbares geschehen und habe schon zum Aetna hinübergeschaut, der in ewiger Ruhe in den Himmel qualmt — und — wartet. Und doch wird einem der Abschied von Sizilien unendlich schwer, vielleicht, weil es für uns Nordländer doch schon etwas Jenseitiges von Europa bedeutet. Menschen, Landschaft, Luft und Sonne — alles ist schon afrikanisch. geheimnisvoll, weil es fremd ist Und von einem andern Land muß ich auch noch erzählen, das vielleicht noch fremder und eigenartiger, wenn auch nicht annähernd so schön, ist. Eine Filmreise brachte mich nach jahrelangem Eingespen tsein in Deutschland — nach diesen schrecklichen Kriegsjahren, in denen die Welt für uns vermaueit war — #7 rV ■<?,r w ff I 25