Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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I' *sr Gaumont-Studio liegt beispielsweise eine ganze Autoir.obil-Stunde außerhalb der Hauptstadt; man muß über Montmartre hinausfahren, lernt eine schmutzige Gegend mit engen Straßen und unsauberen, schleichenden Menschen kennen und bemerkt bei seiner Ankunft im Atelier, daß einem eigentlich schon aller Mut in die Schuhe gerutscht ist. Endlich hält das Automobil in einer elenden Straße, — und noch immer ist nichts von einem Atelier zu sehen. Man muß erst einen langen Gang passieren, ehe man in die riesengroßen, aber furchtbar ungemütlichen Werkstätten der französischen Filmkunst eindringt. Uns wurden schmutzige, dunkle Garderoben angewiesen; draußen grauer Regenhimmel, - drinnen ein unfreundlicher, ungeheizter Ankleideraum. Was jeder von uns sich angesichts so ungewohnter Verhältnisse wünschte, brauche ich wohl nicht auszusprechen? Aber es gibt für die Filmdarsteller Ablenkungsmittel, um über jedes Ungemach hinwegzukommen: man schminkt sich. Und dann sollten die Aufnahmen beginnen. Jedoch nichts klappte. Und vor allem waren die Leute unser deutsches Arbeitstempo nicht gewöhnt. Kaum hatten wir begonnen, da — plötzlich: mitten in der Szene ging das Licht aus. Was war geschehen? Es war Punkt 12 Uhr, und die Herren Arbeiter gingen zu Tisch. Wo wäre eine gleiche Disziplin oder eine gleiche Disziplinlosigkeit in einem deutschen Atelier denkbar? Aber man muß sich im fremden Lande nach den fremden Sitten richten, und mithin saßen wir alltäglich zwei Stunden in einer kleinen Kneipe auf der anderen Straßenseite, geschminkt und mit einem Mantel über den bloßen Schultern, in hellem Abendkleid und in Brokatschuhen . . . und verzehrten unsere mitgebrachten Stullen. Der Kochkunst dieser Nordpariser Wirtsleute trauten wir ja nicht allzuviel zu. Bei zehn Personen hätte der Laden wegen Ueberfüllung schon geschlossen werden müssen, aber da die Gaumont-Studios keine Kantine besitzen, drängten wir uns, 30 oder 40 Personen, zusammen, mußten auf dem meterlangen Tische mit Hund und Katze einen Friedenspakt schließen und waren bisweilen heilfroh, wenn der Wirt uns ein Weinfaß hereinrollte, um den übervollen Tisch damit entlasten zu können. Das einzige, was wir in diesem Lokal außer Wein käuflich zu erwerben wagten, waren Oelsardinen; hier glaubten wir wenigstens dessen sicher zu sein, daß die Zustände in der Küche sich nicht auf das Innere der Büchse übertragen hatten. Unter solchen Verhältnissen haben wir, obwohl offiziell um fünf Uhr Schluß der Aufnahmearbeit war, bis 9 und 10 Uhr abends durchgearbeitet und dann erfolgte nachts die Rückfahrt durch eine Gegend, der man nicht einmal am Tage traute. — Wirklich, nirgendwo kann der Mensch sich unsicherer und unbehaglicher fühlen als unter Menschen, und wenn ich heute vor die Wahl gestellt würde, eine Filmexpedition in das Innere der Libyschen Wüste mitzumachen oder aber meinen Aufenthalt im Pariser Norden noch einmal von vorn zu beginnen — , nebenbei bemerkt: ein Aufenthalt, der sieben Wochen in Anspruch nahm — , so würde ich unweigerlich der Libyschen Wüste den Vorzug geben. Womit allerdings nicht gesagt ist, daß ich mich nicht trotz aller hundertjährigen Engländerinnen an der Riviera doch noch wohler fühlen wüide, als im zentralen Libyen . . . I 4 ?■ f § « Vj 31