Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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alle „Baumeister", die im Filmatelier arbeiten, wirkliche Künstler wären, würden unsere Filme einen bedeutend höheren Wert haben. Weniger Pose würde nichts schaden. Wenn ich mir als Publikum einen Film ansehe, sehe ich leider zu viel. Manchmal wird ein leidlich guter Film durch den Rahmen, in dem er hergestellt worden ist, erdrosselt. Hier sollte die ernste Kritik an dem Architekten einsetzen, welchen Weg er zu gehen hat, und was von ihm gefordert wird. Ich entsinne mich eines Abends, an dem ich in einem Provinzkino den „Golem" sah. Es war nicht nur die große Idee, die Paul Wegener auf die Leinwand brachte, es waren auch nicht sein Spiel und die Regie. Der Film stand und fiel mit den Bauten Hans Pölzigs. Keiner, der den „üolem" gesehen hat, wird das gewaltige Tor mit der Glocke vergessen oder das verbrennende Ghetto. Gott sei Dank ist Pölzig kein Mann aus dem Filmlager allein, sondern zuerst ein großer Könner und Künstler mit phantastischer Auffassung. Er war der erste, der von den Architekten die Bauten im Atelier restlos putzte. Seine Auffassung vom „Golem" kann so leicht nicht wieder übertroffen werden. Mit wieviel Mühe mag damals das phantastische Labyrinth von Gängen in den Innenräumen entstanden sein. War es doch bis zu jener Zeit nicht Usus, einen solchen phantastischen Film auch nach der Richtung des Architekten hin durchzuführen. Zum ersten Male sah man im „Golem", daß die Möbel und Requisiten alle neuangefertigt waren. Man merkte in diesem Film so recht, wie stark Paul Wegener und Hans Pölzig Hand in Hand gearbeitet hatten. Leider ist nach diesem Film nur sehr wenig der Versuch gemacht worden, das, was Wegener und Pölzig gemeinsam geschafft haben, auszubauen. Ich kam nach Jahren, als der Film hier nicht mehr auf dem Spielplan stand, nach Tempelhof, wo mir Wegener die alte jüdische Stadt zeigte. Ich muß gestehen, daß diese trotzdem das Ghetto größtenteils eingefallen war — einen starken Eindruck auf mich machte. Lange Zeit standen diese verlassenen Ruinen neben den Bauten der „Anna Boleyn" allein. Als ich zum ersten Male vor die Aufgabe gestellt wurde, einen Film zu bauen, war mir der Weg, den ich zu gehen hatte, vollständig klar. Ich kam unbelastet zum Film und sah nichts als geistige Armut. Es wurden die heute schon vergessenen Monumentalfilme aller Stile gebaut. Erst jetzt erwacht langsam das Interesse der Industrie bei uns und auch im Ausland für gute Filmbauten. Es handelt sich nicht mehr darum, daß irgendein Mann von Filmruf die Dekoration stellt, sondern daß der Architekt wirklich ideenreich und ein Bildner ist. Ein 1 ihn kann unendlich gewinnen, wenn ein Künstler mit Phantasie die Bauten entwirft. Der Architekt war bis vor nicht allzulanger Zeit nur 46 ein Handlanger des Regisseurs. Wir keimen das, was dabei herauskam. Vier Leute sind die ersten Diener des Filmstaates: der Autor, der Regisseur, der Operateur und der Architekt. Das Fundament muß das selbständige Direktorium der Gesellschaft sein. Von dem guten Zusammenarbeiten der vier hängt das Gelingen des Filmes ab. Die Entstehung solcher Filmbauten möchte ich schildern. Als mir der Film „Zwischen Abend und Morgen" übertragen wurde, war ich begeistert von der Idee. Ich versetzte mich in das etwas düstere Großstadtmilieu und schuf Entwürfe, die dem Film sicher das Fundament boten. Ich kann heute sagen, daß ich den größten Teil der Aufgaben lösen konnte und die Tragik des Filmes steigern half. — Für alle Filmarchitekten, die die Arbeit ernst nehmen, gibt es eine Frage, die sie sich beantworten müssen: Kann ich den Film bauen — oder liegt mir diese Aufgabe nicht? Hier werden von den Gesellschaften und ihren Vetterngesellschaften die größten Fehler gemacht. Sie übergeben die Bauerei dem besten und zur Zeit bedeutendsten Architekten der Filmindustrie. Nebenbei und zufällig ist er auch noch ihr bester Freund. Und wie oft erleben sie dann die große Pleite! Gott sei Dank ist die Zeit der Milliarden vorüber, jene Zeit, in der die Firmen Starfilme en gros herstellten Es drehte sich nur um die große Kanone, und alles andere war erledigt. Schweigen wir über das Totenhaus, in dem die Bauten dieser Filme begraben liegen. Wie oft müssen wir sehen, wie interesselos solch wichtige Arbeiten durchgeführt werden. Die vier Träger des Filmes müssen sich unbedingt einig sein in der Auffassung des Filmes, der gedreht werden soll. Erst wenn diese Einigkeit erreicht ist, ist ein gemeinsames Schaffen möglich, das die Starwirtschaft ausschließt. Jeder leistet im Film nur eine Arbeit, alle schaffen sie zusammen an einem Werk. Da sollten die, auf denen die Hauptverantwortung ruht, den Weg vorschreiben. Wenn der Regisseur eine Dekoration, die der Maler entwarf und die mit seinen Ideen übereinstimmte, anders beleuchtet und von einem anderen Ausgangspunkt, wie vorgesehen, drehen läßt, wird es gewöhnlich ein schlechtes Bild. Der Architekt, heißt es, ist schuld daran. Umgekehrt sollten der Regisseur und Operateur darauf dringen und bestehen, daß die Entwürfe, wie es die Handlung erfordert, durchgeführt werden. Oft hat der Regisseur die richtige Vorstellung und später das Nachsehen. Wie schlecht war der größte Teil unserer historischen Filme: außen Originalbauten und im Atelier furchtbare Räume und Kostüme. Oder alles gebaut und neu angefertigt, wie im „Lucrezia Borgia"-Film. und dann .... Pfefferkuchen. Es ist mir darum unbegreiflich, daß eine Firma wie Richard ( Kuald. die eine große Rolle in der künstlerischen