Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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„Gesehen habe ich doch nichts!" widersprach Sleenwijk. Der Arzt nickte: „Um so besser, — reden Sie vidi nichts ein! Also auch was Sie hören, interessiert mich!" Damit ging Dr. Hallein. Steenwijk fühlte jetzt ein Grauen vor jeder Nacht; tagsüber fiel es ihm leichter, das Unerklärliche, Geheimnisumgebene zu erleben, zur Nachtzeit aber erhöhte die Finsternis die Wirkung ins Ungeheuerliche. Denn die Eindringlichkeit der Wahrnehmungen nahm ständig zu. Angeregt durch die flüsternden Stimmen, glaubte er mehrere Male auch die dazugehörenden Schatten sich bewegen zu sehen. Er ließ sich Lampen über Lampen bringen, um nicht irritiert zu werden. Aber die vielen Lichter beschatteten sich gegenseitig und erzeugten ein Vi irrwar von dunklen Konturen, die ihn nur noch mehr folterten. Er ließ wieder einige Lampen entfernen und ordnete die Lichtquellen ringsherum an den Wänden. Eines Vormittags kam der Rittmeister herübergeritten; es war das drittemal, daß er Maria sah. „Sie machen sich noch immer Sorgen!" sagte ei ihr auf den Kopf zu. Maria errötete: „Nicht wegen mir, - aber sehen Sie sich meinen Mann an! Wenn er sich nur entschlösse, die Kampenburg zu verkaufen." „Au wen denn?" fragte Babenfeld sarkastisch. Maria hüllte sich in verlegenes Schweigen. „Liebe, gnädige Frau," sagte der Rittmeister, „Sie würden, auch wenn Sie die Kampenburg los würden, so viel verlieren, daß ein Abbruch und ein Neubau billiger käme." Maria lag es auf der Zunge, zu fragen, ob denn der Spuk nicht am Platze bleiben würde. Aber sie schämte sich der Einfalt. „Dr. Hallein war hier!" sagte sie deshalb nur. Babenfeld hob die Schultern: „Wer ist das?" „Der neue Arzt aus der Stadt ... Er hat meinen Mann gebeten, weiter in den Zimmern wohnen zu bleiben . . . Vielleicht ahnt er etwas." Steenwijk trat jetzt aus dem Haus. Der Rittmeister betrachtete ihn schnell und kurz, Steenwijk sah aus, als hätte er seit acht Tagen nicht mehr geschlafen. Man sprach von gleichgültigen Dingen, endlich fragte Steenwijk: „Sagen Sie mal, Herr Nachbar, wurde der Doppelmord . . ., ich meine der Mord an der Magd und an dem Knecht . . . damals nicht gesühnt?" Babenfeld sah sein Gegenüber durchdringend an. Also so weit ist es schon mit dir? dachte er bei sich. Und er antwortete, ohne den forschenden Blick von Steenwijk abzuwenden: „Fragen Sie doch mal die Gespenster, warum sie noch immer hier herumspuken!" Diese Aufforderung blieb in Steenwijks Gehirn hängen, — er hatte noch nie daran gedacht. 58 in das Mustern hineinzusprechen. Er hatte nur immer gelauscht, nur immer gehorcht. Und er wartete auf die Nacht. Aber als ob die Besessenheit sich in einem immer weiteren Umkreis kundtat, hörte er die Stimmen heute schon, noch ehe er seine Zimmer betrat. Er stand im Musikzimmer seiner Frau, Maria war noch in der Küche beschäftigt. Da wisperte es um ihn. Erst schien's ein Knistern zu sein, dassich quälend ins Trommelfell fraß; aber aus diesem Geräusch wurden wieder Stimmen. Hochaufgerichtet stand er da — . hörte scharf hin. Und er hatte das Gefühl, als ob zwei Wesen miteinander sprächen. Ja, er unterschied Worte, bestimmte Worte . . . Was sagten also» diese unsichtbaren Wesen? Wie dunkel war doch das Musikzimmer . . . Was sagten also diese Unsichtbaren? Kalter Schweiß trat Steenwijk auf die Stirn. Was sagten die unheimlichen Wesen, die ihn umgaben? Sagten sie n:cht das Wort ..Sühne" . . . sprachen sie nicht „Mord?" Hilflos blickte Steenwijk um sich, — dort war noch ein elektrischer Schalter, der war mit dem Deckenlicht verbunden. In drei Schritten konnte er ihn erreichen . . . Oh, diese flüsternden, raunenden, zischenden Stimmen um ihn! Licht! Nur Licht! Mit einem Sprung war er an der Tür, griff nach dem Schalter, griff fehl und glitt auf dem nachgebenden Teppich aus. Mit dem Kopf schlug er gegen einen Türpfosten. Ein kleiner Notentisch folgte dem Sturz, und ein Stuhl neben der für kam gleichfalls ins Wanken. „Herrgott!" stöhnte Steenwijk. „Ist das der . Niifang vom Ende?" Er raffte sich auf und stellte die Gegenstände wieder auf die Beine. Dann tauchte er das Musikzimmer in volles Licht, sah sich um und lauschte abermals: die Stimmen waren verschwunden. Ich höre sie jetzt schon hier! dachte er . . . Die Stimmen verfolgen mich schon . . . Wie lange dauert's noch, dann bin ich überall von ihnen umgeben . . . Nur weil ich in ihren Zimmern aushalten will . . . Und plötzlich sah er eine grausame Szene vor sich: in den Räumen, die er bewohnte, waren die Morde ausgeführt worden. Menschenblut mußte dort den Boden genetzt haben. Er zweifelte gar nicht mehr daran: jene Zimmer waren die Mordzimmer. und vielleicht hatte auf der Stelle, da er schlief, das Bett gestanden, in dem der grausame Kämpen seine Geliebte, die Magd, erdrosselt hatte. Steenwijk hatte ihr und dem erschlagenen Knecht in ihren Zimmern getrotzt, und darum verfolgten sie und peinigten ihn jetzt, wo er ging und stand . . . Das Haus verkaufen! das war der einzige Ausweg. Aber wer — wer in aller Welt würde auch nur einen Pfifferling für ein verhextes Hauneben ?