Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Gespräch mit mir selbst Von Lilian Har\e\r) Das kam so: ich war mit meinem Sprachlehrer im Kino. Ich sage Sprachlehrer, weil alle anderen Frauen Veiter oder Onkel sagen — , aber wenn eine junge Dame im Chinchilla mit ihrem Bruder zu Pelzer geht, ist entweder der Chinchilla oder der Bruder Imitation — — . Also ... ich war da im Kino und sah den literarischen Film „Die Rache des Maharadscha" — oder „Die vergiftete Turbanagraffe" — , und ich sah mich selbst. Ich spielte das Gift in der Agraffe — es war eine neue Tricksensation. Mein Sprachlehrer ahnte nicht, daß ich in dem Film mitwirkte; als ich auf der Leinwand erschien, fragte er, wer diese Rolle „dreht" — respektive wer gedreht wird. Es handelte sich, wie man sieht, um eine verdrehte Sache. Ich kam mir sonderbar vor auf der Leinwand — ich woüte Klarheit haben — ich sah nur einige Meter Filmband — und stand dann vor nur selbst. Ich wollte etwas Näheres über mich erfahren — denn ich sehe leicht die Balken in den Augen anderer, aber nicht gerne die Gedankensplitter in den meinen . . . Und Lilian Harvey sagte, während der Sprachlehrer ihr etwas englisch angehauchtes Deutsch durch französische Wendungen origineller zu machen versuchte: „Soll es ein Interview sein? — Schwerlich! Wie mag das werden? Es gibt doch nur dreierlei Frauen; solche, die reden — und solche, die schreien — — denn zu jenen, die mit sich reden lassen, gehöre ich doch nicht . . . oh, zu diesen gehörte ich nicht einmal als Kind — übrigens die einzige Zeit zwischen der Geburt und dem Heute, da in der Kleidung so viel Gemeinsames war — indem man alles auszog, um anzuziehen . . . Kurz nach der Geburt fing ich an, in mäßigen Grenzen zu wachsen; dies blieb bis auf den heutigen Tag so. In einigen Jahren wird es aufhören. (Es hört mit 21 Jahren auf — aber ich erwähne das nicht wegen der Schlußfolgerungen auf mein Alter — resp. meine Jugend.) Ich kam dann zur Schule und leinte das, was überflüssig ist, währenddem ich das, was man wissen muß, späterhin erfahren konnte, — aber ich machte davon noch keinen Gebrauch. Ich begann zu träumen — aber ich ließ mich wecken, um nicht das Schicksal aller Träumer zu teilen, — die ihr Glück verschlafen. Ich erlernte das Erröten, eine Kunst, die die meisten nur verlernen können, während ich den Wert der Unschuld noch nicht kennenlernte denn er liegt ja in ihrem Verlust . . ., ich fand dafür kein Wort, weil sie nicht verloren ging . . . Mit elf Jahren verliebte ich mich, aber ich heiratete nicht; zu dieser Dummheit war ich eben noch zu jung. Jetzt bilde ich mir ein, dazu zu alt zu sein — denn es gibt glückliche Ehen, — es gibt auch frohe, sorge nfreihe Ehen — jedoch amüsante Ehen gibt es nicht. Und wenn — dann amüsieren sie stets nur den Dritten . . . Und Liaisons? — Sie wären ideal, wenn sie so leicht zu lösen wären, wie anzufangen. Ich suchte später einen Beschützer. Da mir. wie jeder Frau, nur einer zugesagt hätte, der als Beschützer auch eine Gefahr bedeutet, entschloß ich mich zur platonischen Liebe. Es ist' aber auch mit ihr wie mit der Ehe: sie ist ein schwer zu beherrschendes Instrument, die meisten vermögen es überhaupt nur mit — Begleitung zu spielen. Lassen wir die Liebe. (Leider — sie läßt uns nicht . . .) Jedenfalls mußte etwas geschehen. Ich liebte Musik und kam zum Tanz. Ich sang mit meinen Beinen, meinem Körper (für eine Tänzerin das Ideale, für eine Sängerin ein Mangel an Stimme . . .). Und da ich den Tanz erlebtedurchtrainierte, — wurde er mir auch Beruf.. Ich tanzte dann im Konzertsaal — ich tanzte in der Revue: Wien gib acht!!! — Aber nicht allein Wien, sondern noch viel mehr das Publikum der deutschen Großstädte gab acht. Und dazwischen begann ich zu filmen. Ein scheuer, ein erster Versuch. Es war aber, als würde ich mich hier selbst finden . . . und ebenso fand mich hier der Regisseur. Aus einer kleinen mittleren Rolle wuchs die grobe Rolle . . . Ich kann sagen — : ich spielte eine Rolle beim Film. Dann kamen Schönheitskonkurrenzen. Ich bekam erste Preise. Und hatte Kredit. Kredit — gewiß, das will nicht viel über die Bonität sagen. Aber ich erhielt ihn ja nicht von der „Staatsbank", sondern vom Publikum. Und ich bekam wundervolle Empfehlungsschreiben! — Empfehlungsschreiben, das will auch nicht viel sagen, doch ich erhielt sie ja nicht von. höchsten Politikern, sondern von der Kritik. -und nun filme ich eben." — So sprach mein Bild im Filmstreifen, „Und wie gedenken Sie die nächsten; Monate zu verbringen?" fragte ich unbesorgt, denn es handelte sich weder um einen Bankdirektor noch um einen Minister — ; die Frage konnte also nicht anzüglich sein. „Ich werde in Deutschland nur auf einer Auslandsreise filmen, denn wenn wir Filmkünstlerinnen plötzlich nach Holland fahren, so> fällt das ja nicht weiter auf — niemand zieht Schlußfolgerungen . . . wir haben ja keine Staatsgeschäfte zu besorgen . . . Und so werde ich denn mit Richard Eichberg filmen. — Hier war der Bildstreifen zu Ende. Mein Sprachlehrer bedauerte es. Es gibt Dinge, von denen er nicht genug haben kann. Wir gingen dann heim — er bis ans Tor . . . ja — Tor! Das Titelbild der vorliegenden Hummer stellt Lilian Harvey dar. 73