Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Schon wieder ein gekränkter Stand Liebes Filmland! Du hast dich bereits einmal zum Schutze der Schwachen und Armen aufgeschwungen, nämlich vor zwei Monaten, als Herr Jannings den Stand der Hotelpförtner in Gefahr gebracht hatte; - heute möchte ich dir gleichfalls mein Herz ausschütten, — aber nicht über die Pförtner, bisweilen auch Portier oder Hausbereiniger genannt, sondern über Herrn S c h ü n z e 1 , dem, wenn ich ihn einmal treffe, eine gründliche Belehrung sicher ist. Eins will ich rundweg aussprechen: an und für sich ist mir Herr Schünzel in jeder seiner Rollen recht, — aber alles muß seine Grenzen haben. Solange er also Personen aus der halbunsichern Welt — oder wie man das nennen mag — verkörpert, bin ich damit ganz einverstanden, aber ich bin von Beruf Schuh-Putzer, und das ist ein Kapitel für sich. Herr Schünzel „spiel t" in der „Blumenfrau vom Potsdamer Platz" einen Stiefelputzer, — und so etwas hat man noch nicht gesehen. Die Hotelpförtner haben wenigstens einen Verein, der gegen Herrn Jannings Beschlüsse fassen kann, - wir Stiefelputzer indessen sind noch nicht organisiert und deshalb allen Vergewaltigungen machtlos ausgeliefert. Ich möchte, liebes Filmland, deshalb zunächst einmal die Frage aufwerfen, ob es einen einzigen Schucreme-Schmierer in Berlin gibt, der seinen Sonntagsnachmittagsausgehrock auf den Kleiderbügel hängt und ihn dann während der Arbeit den Aesten eines irgendwie erreichbaren Baumes anvertraut. So was gibt es nicht, erkläre ich dir. und damit fällt die ganze Figur, die Herr Schünzel sich ausgedacht hat, glattweg unter den Tisch. Fs verstößt gegen die Standesehre eines klassenbewußten Schuhputzers, sich so unfein zu benehmen, wie Herr Schünzel es tut, - es verstößt gegen die Klassenehre, einem Herrn die Gamaschen zu wichsen, — es ver ßt gegen das Ehrgefühl unseres Berufes, Zechen zu machen, die man nicht bezahlen kann. Wir drücken uns nicht vor dem Oberkellner, wie Herr Schünzel das in der „Blumenfrau" tut, und wenn wir eine Dame ausführen, so überzeugen wir uns vorher, ob wir am Tage auch genug eingenommen haben. Denn wir sind ehrliche .Menschen und legen 90 auch aui alle andern männlichen Tugenden, wie Mut und Treue, den größten \\ ert. Undi sowohl Mut wie auch Treue läßt Herr Schünzel vermissen. Ich führe das nur in aller Kürze aus, weil) ich nicht hinter den Hotelportiers zurückstehen, möchte, die ihrerseits so erfolgreiche Resolutionen verfaßten. Was dem einen recht ist. muß dem andern billig sein! Es ist eben nicht so leicht, einen richtigen Schuhputzer bei der Arbeit und im Privatleben zu zeigen! Einer» Arzt, der andauernd im weißen Kittel umherreimt, — einen Chemiker, der ununterbrochen in Gläser und Flaschen hineinguckt und in einemfort Erfindungen macht, — einen Großindustriellen, der egalweg Sekt trinkt und Damen vom Ballett traktiert, — und schließlich eineKommerzienratstochter, die totsicher eiiii Waisenhaus leitet ... all diese Leute sind mühelos zu verfilmen, aber Hotelportiers und Schuhputzer sind Personen, an die kein Janningsund kein Schünzel herankann! Das wollte ich dir. mein liebes Filmland, nur sagen; mögen die Blumenfrauen nun auch ihrerseits Stellung nehmen, wie sie wollen. Die Regisseure aber müssen wissen, daß es> noch Zeitgenossen gibt, denen sie nicht gewachsen sind! Berlin SW. Ergebenen standesbewußten Gruß Frich R. . . . . Schwabenstreiche Stuttgart, den 15. März 1925. Die Väter unserer guten Stadt haben sich einen netten Schwabenstreich geleistet: man darf bekanntermaßen ja erst von 18 Lenzen an insKino — . Liefen da gleichzeitig zwei Filme, einmal die marlittisch angehauchte ..Gräfin Donelli". — zum andern der Wiener 1 ihn „Die Geschlechtskrankheiten". Wie sagen Sie: der erste ist eben für Jugendliche erlaubt, der zweite verboten ? Falsch, lieber Freund, denn umgekehrt ist auch gefahren! Nämlich der letzte wurde be