Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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und ganz zum Schluß die tibetischen Yaks. Und ferner und ferner schwand die Erinnerung an den europäischen Komfort dahin. Immer intensiver mahnte die Oede des tibetanischen I lochplateaus daran, daß die t lohe des Mont Blanc bereits überschritten sei. Und nun kommen wir in die eigentliche Schilderung des Films. Ossendowski, einer der neueren Zeugen gegen das gastfreundliche Tibet, schildert die Tibeter zwar wiederholt als verschlagene Räuber; die Expedition kam auf ihren Routen jedoch eher zu dem Urteil Sven Hedins, der die Eingeborenen dieser weltfernen Landschaft gleichfalls gutmütig, kindlich und abergläubisch nennt. In der Hauptstadt des Landes, in Lhasa, gibt es sogar ein primitives Telephon und ein Ding, das infolge seiner technisclnn Einrichtung und seiner Wirkung einem europäischen Telegraphen ähnelt. Außerdem gibt es dort Papiergeld, — die einzige, neuzeitliche Errungenschaft, und dann gibt es dort Mönche, jeder vierte Tibeter ist Mönch, und diese Lamas wohnen in festungsartigen Klöstern, die in der Regel in die Felsen hineingemeisselt sind und die Täler beherrschen. Denn nicht nur dem Beten ist das Leben der Lamas geweiht, sie sind bisweilen auch recht kriegerisch. Und nur hin und wieder findet man abseits von den Hauptstraßen Einsiedlerzellen, in denen die ganz pazifistischen Lamas der untersten Grade ihr Dasein in stummer Beschaulichkeit und religiöser Einkehr verbringen. Die regierenden Lamas der Klöster besitzen eine außerordentliche Macht durch ihre orakelhaften Weissagungen, denen sich alles unterwirft. Einer der Berühmtesten unter ihnen, der Rongbuk-Lama, prophezeite der Mount Everest-Expedition sogar das Mißlingen, wenngleich er ihr dennoch seinen Segen gab und ihr zu Ehren jene Maskentänze veranstaltete, die einen dämonischen Schauer auch bei den aufgeklärten Europäern auslösen. Ueber diese Tänze finden wir bei Sven Hcdin verschiedentlich sehr plastische Schilderungen. An einem Weihnachtsabend beispielsweise hatte Sven Hedin seinen kleinen gelben Reisekoffer in die Mitte seines Zeltes gestellt; die Kanten des Koffers wurden in Ermangelung eines Christbaumes mit Lichtstümpfen garniert. „Das war ein strahlender Kerzenglanz für die, die nur ein armseligesTalglicht gewöhnt sind" — so schreibt Hedin einmal in einem Briefe nach I lause. „Dann wurden alle Ladakis eingeladen, vor der Zeltöffnung Platz zu nehmen, und als die Zeltbahn zurückgeschlagen wurde, gab es ein Gemurmel der Verwunderung und des Entzückens. Sie wußten, daß die Christen ein Fest feierten. Nun 13 trugen sie dazu bei und sangen ihre Lieder, die sie mit Flöten und Kasserollen als Trommeln begleiteten. Ihr Gesang ist weich und fein und bildet einen eigentümlichen Gegensatz zu dem ewigen Wind. Darauf tanzten sie vor dem Zelt die Tänze ihrer Heimat, vom Schein der Lichetr und dem Mond phantastisch beleuchtet." Die Lamas sehen im Mount Everest nicht einen monumentalen Berg, sondern ein göttliches Prinzip; sie nennen ihn deshalb auch „Allmutter der Welt", und ihre Legenden bevölkern ihn und seine Gründe mit Kobolden, Zwergen und Berggeistern. Ihre Auffassung von der Unnahbarkeit des Berges läßt sie jede Besteigung für unmöglich, verderblich und todbringend halten, — und wir gehen sicherlich nicht fehl, wenn wir annehmen, daß sie Ursache zu dieser Auffassung haben. „Nie wird der Fuß eines Menschen den Gipfel der Welt betreten und die majestätische Einsamkeit durchbrechen," so sagte der Rongbuk-Lama. Die höchste Stadt Tibets — und vielleicht auch die schmutzigste ist Phare-Dzong. Hier gönnt man nicht einmal mehr den Toten ein Grab: man wirft sie auf den Bestattungsfeldern einfach den Geiern und den Hunden vor, die gierig auf die Ueberreste der Verblichenen lauern. Das Hauptnahrungsmittel in diesen unwirtlichen Gegenden ist die Butter, — und man erzählt sich sogar, daß sie um so kostbarer sei, je älter sie geworden sei. Vierzig Jahre alte Butter sei eine Delikatesse, um die die Lamas von Festung zu Festung Krieg führen würden. Nicht ganz so eigenartige Erfahrungen hat bekanntlich Hedin gemacht, der einmal in den einsamsten Hochgebieten des tibetischen I Unterlandes in sein Tagebuch eintrug: „Nunmehr leben wir ganz von dem, was das Land bietet, und das ist nicht das schlechteste. Ich genieße nur Milch, süße und die herrlichste sauere, eiskalt und immer halb gefroren. Ferner bekommt man recht gute Butter, sowie geröstetes Mehl, das die hauptsächlichste Nahrung der Leute bildet." Die Expeditionäre nach dem Gaurisankar stellen fest, daß sich in diesen Höhen die Menschen niemals waschen, — sie sterben, ohne jemals SeiTe keimen gelernt zu haben. Seltsame Musikanten und Bettler mit vertrockneten Gesichtern durchziehen die Stadt, die eine Unzalfi von Opferfahnen zum Himmel ragen läßt Denn mit ' >nferfahnen und Gebetsmühlen spricht der Tibeter zu seinem Gott; jede Drehung der Gebetmühle wird im Himmel mit 10 000 Gebeten gutgeschrieben. Im übrigen sind die Eingeborenen dieses stillen Landes die besten alier Asiaten, taktvoll und höflich. Ihre äußere Höflichkeit besteht darin, daß, wenn jemand an ein Feuer heranreitet, vierzig Männer gleich