Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Einen technisch hochinteressanten Bau sah man in der „Straße" Karl Grünes; das war die Kleine Anlage mit dem Blick auf einen Teil der Stadt und auf den Fluß im Hintergrund. Während die Anlage im Vordergrund in natürlicher Größe gehalten war, wurden die einzelnen Dekorationsteile nach hinten zu immer kleiner. Der Dampfer zum Beispiel, der den Fluß hinauffuhr, war ein verhältnismäßig sehr kleines Modell. Durch diese Methode erzielte der Architekt eine unerhört starke Perspektive, so daß der Bau unendlich größere Dimensionen im Bilde annahm, als er in Wirklichkeit hatte. Ein „Fachmann", der sogar mit der Einsteinschen Relativitätstheorie" seine Wirkungen erzielt, ist Jackie Coogan. Nicht zuletzt hat er sich seine Beliebtheit auf Grund seiner Kleinheit erworben. Wer Jackie bei seinem Besuch in Berlin gesehen hat, wird bemerkt haben, daß es mit der „Kleinheit" nicht so schlimm ist, und auch viele Bilder in „Oliver Twist" zeigen das. Der gute Jackie wird eben vor einigen Dutzenden baumlanger Kerls, an denen schon der Vater des „Alten Fritz" seine Freude gehabt hätte, gestellt, man plaziert ihn in einen riesigen Thronsessel, oder er bekommt eine dürre lange Tante zur Gegenspielerin; kurzum, seine Umgebung wird ihm angepaßt. Man stelle sich das Gegenteil vor. Der lange Patachon spielt in einem Riesenzimmer, dessen Möbel so groß sind, daß, wenn er sich auf einen Stuhl setzt, seine Füße nicht zur Erde reichen, sondern in der Luft baumeln. Wie wäre in diesem Falle die bildliche Wirkung? An dem Zimmer würde weiter nichts auffallen; aber Patachon würde wie ein Kind oder ein Liliputaner erscheinen. Oft wird das Auge durch geschicktes Ineinanderschneiden der einzelnen Szenenteile ganz gewaltig getäuscht. Im „Mann ohne Namen", der berühmten Abenteuerkomödie Georg Jacobys, sah man folgendes: Kaiser-Titz, der „Kaiser der Sahara", spazierte im Löwenkäfig herum, Das war an sich schon eine Trickaufnahme, die bekannterweise durch Teilung des Biklfcnsters im Aufnahme-Apparat erzielt wird. Dabei riß einer der Löwen böse den Rachen auf (Großaufnahme) als wenn er die Absicht hätte, den „Kaiser der Sahara" aufzufressen. 26 Dieser nahm, kurz entschlossen, die Peitsche und schug dem Löwen ein paarmal über die Schnauze, um ihm den Appetit zu vertreiben. Dem Publikum lief ein eisiger Schauer über den Rücken. Die Ausführung der Szene war jedoch sehr harmlos: Alle Einzelheiten wurden nämlich getrennt als Groß oder Nahaufnahmen aufgenommen, so schlägt Kaiser-Titz mit der Peitsche nach dem Löwen, ohne diesen im Bilde zu haben, und das Ende der Peitsche wird dem Löwen (durch ein im Bilde unsichtbares Gitter hindurch erst in einer zweiten Aufnahme über die Schnauze geschlagen. Da zu Anfang und zu Ende der Szene der Schauspieler wirklich mit dem Löwen zusammen im Bilde gezeigt wurde, und der Regisseur die oben genannten Einstellungen geschickt dazwischen kurz einschnitt, so hatte man — bei dem schnellen Abrollen des Bildes den Eindruck, daß Kaiser-Titz neben dem Löwen stünde und ihn verprügelte. Ganz ähnlich verfuhr Fritz Lang in den „Nibelungen" in der Szene, als Hagen Siegfrieden den Speer in den Rücken wirft. Die Wirkung ist der Effekt vollendeter Schneidekunst des Regisseurs und des schnellen Bilderwechsels. Gar nicht selten passiert es, daß der Zuschauer auf der Leinwand eine prachtvolle, naturgetreu gelungene Dekoration zu schauen glaubt, und in Wirklichkeit ist es gar keine Dekoration sondern, ein echtes Bauwerk oder eine echte Anlage, die nur mit Kinolampen ausgeleuchtet worden ist. Man macht das besonders oft bei technischen Anlagen, Maschinenhäusern und dergleichen. Und noch einen Trick will ich kurz erwähnen: Sehr oft sieht man in Filmen sehr schöne nächtliche Stadt oder Straßenbilder, die nicht gestellt sein können. Diese kommen folgendermaßen zustande: Der Operateur begibt sich vor Einbruch der Dämmerung auf einen exponierten Punkt, von dem das aufzunehmende Objekt gut zu überblicken ist. Bei Einbruch der Dämmerung dreht er das Motiv, unterbelichtet es jedoch. Dann rollt er bei geschlossener Blende dcw Filmstreifen zurück. Während der Nacht, wenn die Laternen in den Straßen angezündet sind, beginnt die Hauptarbeit. Dann muß nämlich jedes einzelne Bildchen einige Sekunden lang belichtet werden, um die brennenden Laternen als Lichteffekte auf das Bild zu bekommen. Das dauert einige Stunden — und ist eine Folter für den Operateur.