Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Japanischer Heidenvater oder was korrekter ausgedrückt ist: „in die Schwerter" kriegen. Das ist der zweite kennzeichnende Hauptpunkt der japanischen Filmdramaturgie: es wird sehr viel gekämpft in diesen ostasiatischen Filmen. Es gibt, wie auf der Sprechbühne, so auch im Film, keine psychologischen Feinheiten in unserem Sinne, es gibt sogar in der Darstellung nichts rein Ausgearbeitetes, kein bedeutsames Augenzwinkern meinetwegen, keine leise, andeutungshafte Geste einer Hand oder eines Fingers; alles ist nach unseren Begriffen utriert und stark, überstark unterstrichen. Und da eine solche Grundeinstellung zur bewegten Handlung in wenigen Situationen erschöpft sein muß, müssen die japanischen Dramaturgen immer wieder auf das belebende Moment der Schwertkämpfe zurück greifen. Es ist sehr sonderbar, daß die Japaner in den europäischen — oder allgemein gesagt : in den abendländischen Filmen jede Geste ohne weiteres richtig deuten, daß sie jede Handlung mehr oder weniger zutreffend kapieren, — in den japanischen Filmen jedoch fordern sie, vielleicht unüberlegt, jene Kundgebung der japanischen Mentalität, die relativ unkompliziert und ein leuchtend ist. Allerdings möchte ich an dieser Stelle eins hervorheben: das Verständnis des Japaners für die europäischen Filmhandlungen wird dadurch erleichtert, daß in den Kinos von Nippon, und selbst in den größten, die beinahe an die zweitausend Zuschauer fassen, noch immer der „Ansager" unerläßlich ist. Sei es, daß die Kinobesitzer hierzu gezwungen sind durch die vorhandenen Analphabeten, die die Zwischentexte doch nicht lesen können, — oder aber, daß die vorhandene Mehrheit nichtasiatischer Filme ipse facto einen Erklärer bedingt. Aus welchem Grunde ein europäisches Mädchen unglücklich ist, — das muß den Japanerinnen oft erst gesagt werden, da es Situationen gibt, die sonst einer Eingeborenen Japans unverständlich bleiben würden. Wie weitgehend die Wirkung nichtasiatischer Filme auf eine japanische Zuschauerschaft sein muß, kann man sich schon aus der Tatsache herleiten, daß man in Japan den Kuß nicht kennt, die junge Japanerin also ganz erschrocken aufzuschauen pflegt, wenn ihr im Film zum ersten Mal dieser ungewohnte und unerklärliche Vorgang gezeigt wird. Es gibt eine Zensurbestimmung drüben, die sogar die Vorführung solcher Kußszenen untersagt; von Zeit zu Zeit entsinnt man sich immer wieder darauf, daß dieser Ukas besteht, und ebenso oft pflegt man sich in Europa über das „Schamgefühl" Japans zu mokieren. Wer jedoch im Auge behält, daß der Kuß für sozusagen „nichtküssende" Völker ein Vorgang seltsamer Ideenverbindungen sein kann, wird für die Auffassung Japans erheblich mehr Verständnis als der vorschnelle Spötter aufbringen. Die Erklärer in den Kinos von Tokio und Kyoto sind ein Beruf für sich: sie lernen 31