Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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VON LUIS SCHVMy Diese Frage tönt mir oft und am meisten von zarten Frauenlippen entgegen, denn ich gelte als ein Mentor der Flimmerwand und besitze außerdem auf dem Gebiete des richtigen vorschriftsmäßigen Filmschauens, in der Peripherie meines Bekanntenkreises den Nimbus einer Kapazität. Ich lasse dann über die Lippen meinerseits ein feines Lächeln spielen, nicht vielleicht weil mir das gut steht, sondern weil mir dieser typische Ausdruck der Ueberlegenheit immer hilft aus der Verlegenheit. Denn ich bin wirklich verlegen, weil ich tatsächlich gezwungen bin, etwas Geistreiches zu sagen, man erwartet dies ganz bestimmt von mir, und unter diesem ganz schauderhaften Gefühl der Erpressung bemühe ich mich darauf, so ungefähr in der Stilblüte eines Schopenhauers den Frager oder die Fragerin, je nach der Individualität, zufriedenzustellen. Aber sehen Sie, man ist immer enttäuscht, und der Glorienschein meiner Koryphäenschaft verblaßt bedenklich, aber das liegt eben daran, weil ich kein Stegreifdichter bin, ich kann nicht improvisieren und einesteils bin ich wieder zu gewissenhaft, um mich mit einer Lobestyrade auf den jeweiligen Filmstar aus dem Druck zu retten, denn ich weiß genau, man erwartet in der Regel von mir eine Bestätigung, oder zum mindestens ein Zugeständnis der eigenen persönlichen Ansicht und Auffassung. Ja, es ist ein Fehler! Jedem das Seine; aber wo immer hernehmen. Heute will ich denn einmal versuchen, ganz zwanglos und ohne jegliche nach außen gehende Tendenz, aus der gesammelten Erfahrung eines zwanzigjährigen, zwangsweisen und freiwilligen Filmschauens zum besten zu geben nach dem oben angeführten Leitmotiv; vielleicht ist jemand unter den geschätzten Lesern und Leserinnen, der sich in seinen Anschauungen mit mir verwandt fühlt und dieselben Resultate sein eigen nennt, das sei mir dann hinlänglich Genugtuung für manche erlittene Verkennung. Bevor die beiden soeben angeführten Dezennien noch verflossen waren, war ich so ein kleines Bürschchen von etwa zehn Jahren, — als ich zum ersten Mal zum Film kam; aber nicht unter den Gesichtspunkten wie Jackie Ccogan. Daß ich damals nicht ebenfalls dessen Berühmtheit erlangte, lag leider daran, daß der Film zu jener Zeit ebenfalls noch in denselben Kinderschuhen steckte wie ich, und daß er außerdem nicht diese prachtvollen Paläste besaß, wie heute, sondern noch in einer ganz ordinären Jahrmarktsbude dem p. t. Publikum vorgeführt wurde. Man hätte also sicherlich mit so einem Wunderknirps nichts anzufangen gewußt, der ich allerdings auch gar nicht war, aber ich glaube, dem kleinen Jackie wäre es auch nicht besser ergangen, wenn er mein Altersgenosse gewesen wäre. Doch muß ich sagen, daß für mich mein erster Weg zum Film vielleicht denselben Energieaufwand erforderte, wie für manch anderen, der heute mit den ganz normalen Zielen zum Filme strebt. Ich wollte ihn damals nur kennenlernen, und um dieses möglich zu machen, mußte ich über drei volle Stunden zu Fuß über Berg und Tal wandern. Das war so. Eines Tages hörte ich, wie mein Vater, der Montierungsarbeiten im Wuppertale leitete, mit einem Bekannten über das in jenen Tagen sich erst publizierende Wunder der lebenden Photographie sprach, welches in einer Schaubude auf dem Jahrmarkt der drei Wegstunden von uns gelegenen Stadt Solingen zu sehen sei. Ich verstehe heute noch nicht, wie mir, damals um die sonstigen Dinge der Welt unbekümmerten Knaben, der Wunsch so brennend in die Brust sprang, gerade dieses Wunder unbedingt sehen zu müssen. Die Entwicklung zur Tatreife geschah noch in derselben Nacht und die Ausführung beschloß ich bereits für den nächsten Tag. Nachdem ich noch meinen Schulspezius zu diesem Plan überredet und dann vorher noch eine sorgfältig geheime Abhebung des Gut 45