Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Theater zu besuchen. Es war eine Ehebruchsgeschichte. Ein Graf liebte eine Tänzerin und verstieß seine ihn über alles liebende Gemahlin. Als er dann endlich sein Unrecht eingesehen, war es zu spät, denn die Gräfin hatte gerade aus dem Giftfläschchen getrunken. Pepi aber nun übertraf sich selbst, er wetterte und verfluchte den Grafen in den ungeheuerlichsten Extempores und er säuselte und winselte mit der Gräfin zum Erbarmen; ich war gänzlich sprachlos, und zu meinem Erstaunen fand das im Publikum nicht die geringste Beanstandung, im Gegenteil, alles zerfloß in atemlosem, tiefem Mitgefühl. Als dann aber Pepi bei der Sterbeszene der Gräfin die letzten Worte derselben mit wirklich tränenerstickler Stimme in das Publikum hineinschluchzte und dann den zu spät kommenden Grafen an der Leiche zusammenbrechen ließ, mit einem Aufschrei, den er mit der ganzen schmalzigen Kraft seines herzvei fetteten Organs hervorbrachte, da faßte mich die Komik mit unwiderstehlicher Gewalt und ich brach in ein schmetterndes Gelächter aus. — Aber niemand stimmte mit ein und wie ein greller Mißakkord flatterte mein Lachen durch den Raum, mit einem rohen Griff die ganze Stimmung zerreißend. Und das sollte augenblicklich gerochen werden. Mehrere kampferprobte Arme, die etlichen Pülchern angehörten, welche mit ihren Gschpusis engumschlungen, in tiefer Rührung versunken in meiner Nähe saßen, langten nach meiner hinteren Kragenseite, und Stimmen brüllten: „Raus mit dem Lackel, hauts eam oane eini!" Es war ein Glück, daß ich einen Eckplatz hatte, denn mit knapper Not gelang es mir, zu verschwinden. Für den Pepi aber, mit dem ich ganz gut Freund war, war ich seitdem nur noch ganz gewöhnliche Wiener Luft. Aber trotzdem, er hat es fertig gebracht, mit seinem weinseligen Ueberschwang sein Publikum in die tiefgehendste Stimmung MARIA CORDA zu versetzen und kam auch wirklich nur eine Summierung von harmlosen Gemütern in Betracht, so waren diese, wie auch heute noch, immer in der Mehrheit und ich glaube fest, daß ich in der Vorstellung tatsächlich nur die einzige Opposition war. Darum muß ich betonen, daß, wenn ich ausführe, was mir im Film am besten gefällt, ich eigentlich die ganz persönlichen Reflexionen meiner inneren Gefühlseinstellung preisgebe und nicht von dem allgemeinen Standpunkte des Filmrezensenten aus urteile, der mit einer Unmenge von Gesamtfaktoren rechnen muß. Aber ich habe doch die Hoffnung, daß ich im seelischen Einklang mit manchem Filmfreund und mancher Filmfreundin stehe und mit ihnen die gleiche Wertung der künsterischen Schwingungen im Filmschauen gemeinsam habe. Der Film wird heute in gedrängter Fülle auf den Markt geworfen und da entsteht ganz selbsttätig die Frage nach einer einwandfreien Unterscheidung zwischen echtem Kunstfilm und Durchschnittsware. Ich will nun ganz wahllos aus dem Gedächtnis einige Filme der letzten Erscheinungsperiode herausnehmen, ohne einen bestimmten Idealfilm anzuführen. Die Nibelungen; — in dem gesamten großen Filmwerke hatte ich die Auslösung des höchsten künstlerischenGe nußaffektes in dem einen Moment, wo die besiegte Brunhild in Worms hält und nun Siegfried von Günther Kriemhilds Hand erlangt, mit dem Ausspruch: Ich habe mein Wort gehalten! Hierbei dreht sich, wendet sich Brunhild jäh und unvermittelt um, die dunklen Augen blitzen auf in einem verhängnisvollen Ahnen! — Das war meisterhaft! Auf wessen Konto dieser prachtvolle Moment, dem der Regie oder Hanna Ralphs selbst, ist gleichgültig, er war da. Meine zweite tiefe Erschütterung war der Tod, das Sterben Siegfrieds. Es 47