Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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„Die Frau also erscheint nach einer Stunde und wimmert Ihnen die Ohren voll, sie erzählt sogar, daß er immer am Herzen gelitten hat — " „Stimmt!" sagte Dr. Bonhomme. „Da haben Sie's ja," triumphierte Richard Leblanc, der plötzlich aus seiner Pose des ..Sehenden" fiel und wieder Mensch unter Menschen wurde, „da haben Sie's ja! Natürlich haben Sie dem Weib alles geglaubt und waren nun bereit, den Totenschein auszustellen. Damit ist eine Person aus der Welt geschafft, unter meinem Namen, — irgendwo im weiten Paris wird sie eingescharrt . . ." „Wir werden einen Steckbrief erlassen", sagte Dr. Bonhomme entschieden. Richard Leblanc, der lebende, nickte mit boshaftem Lächeln: „Einen Steckbrief — das ist nicht so übel . . . Hinter wem denn aber, he?" Darauf mußte der Arzt beschämt schweigen .. . So also stand der Vorfall, als Richard Leblanc bei seinem Vorgesetzten, dem Oberinspektor Pollard, Bericht erstatten wollte. Leblanc kam indessen gar nicht zu Wort. „Lieber Herr," empfing ihn Pollard, ..wenn Sie Reklame brauchen, so bedienen Sie sich bitte geschmackvollerer Mittel, ja?" Leblanc also mußte mit einer Verteidigung beginnen. „Eine Reklame, Herr Oberinspektor?" fragte er konsterniert. „Ich wüßte nicht, daß ich eine Reklame nötig hätte." „Sie haben uns den ganzen Vormittag im Unklaren gelassen", beharrte Andre Pollard. „Sie waren telephonisch nicht zu erreichen, so sehr wir Sie auch über Ihren Tod befragen wollten. Dr. Bonhomme teilte uns mit, daß Ihre Frau Sie heimgeholt hätte . . ." „Ich bin doch gar nicht verheiratet", begehrte Leblanc auf. „Dr. Bonhomme ist düpiert worden, es handelt sich um ein Verbrechen, Herr Pollard! Eine mysteriöse Vergiitungsaffäre hat mich in den Mittelpunkt gerückt, ohne daß ich bis heute früh eine Ahnung davon hatte!" „Und wer ist der Tote?" forschte der Oberinspektor. „Ich habe keine Ahnung!" „Gut", entschied der Oberinspektor. „Sie haben keine Ahnung, einverstanden. Sie bekommen sowieso für den laufenden Monat Ihr Gehalt, weil Sie es nun einmal weghaben. Ich betrachte Sie nichtsdestoweniger als Toten, Herr Leblanc, bis Sie mir nachgewiesen haben, daß nicht Sie. sondern ein anderer an Ihrer Stelle vergiftet wurde. Bringen Sie mir den Beweis, dann will ich Ihnen glauben . . . Bis dahin . . . au revoir, mon eher!" „Ist das Ihr letztes dienstliches Wort an mich?" vergewisserte sich der Kriminalist. „Insofern ich mit einem Toten überhaupt noch dienstlich reden kann", bestätigte Pollard und beugte sich wieder über seine Akten. 52 Richard Leblanc ging ohne Gruß hinaus. Es ist peinlich — so dachte er im Korridor — , daß ich, obwohl ich den Mord an der kleinen Evangeline Fresnaud aufdeckte und die Bankunterschleife von Saint Mihiel eruierte, einen so blöden Chef wie diesen Pollard habe. Ganz Frankreich ist sich darin einig, daß ich der bekannteste und tüchtigste Kriminalist dieses undankbaren Landes bin, aber die lächerliche republikanische Regierung tut nichts, um mich an den leitenden Posten des Sicherheitsdienstes zu berufen; dort sitzen Trottel vom Schlage Radeaus und Pollards. Ich verstehe es: sie wollen mich unterdrücken; der „Matin" hat mich auch anläßlich meines Todes als den bekannten Detektiv Frankreichs bezeichnet. Das geht gegen ihren Geschmack. Sie wollen mich ducken . . . Und darum behandeln sie mich so ungnädig, diese Laien! Aber schließlich ist es meine Anlgabe. ihnen zu zeigen, daß ich wirklich noch lebendig bin; sie sollen nicht umsonst ihren Spott mit mir treiben wollen! „Guten Tag, Leblanc!" wurde er in dieser Sekunde tiefster Nachdenklichkeit aufgeschreckt. Er sah auf; sein Kollege Guemin stand vor ihm. „Guten Tag, Guemin. Ich bin sehr \ erdrossen . . .", sagte er zu dem Kollegen. „Pollard hat mir aufgegeben, ihm zu beweisen, daß ich noch am Leben bin." „Und das fällt Ihnen schwer, wie?" erkundigte sich Guemin liebenswürdig. „Kein Wunder . . . Die Presse, die jedermann totschweigen kann, kann auch jedermann totsagen. •• „Das ist es nicht", schüttelte Leblauc den Kopf. „Aber stellen Sie sich vor: ein Mann bekommt den Totenschein auf meinen Namen, er wird in diesen Tagen irgendwo bestattet. — man kann seine Leiche, um eine Aufdeckung der Schandtat zu verhindern, in einer Kiste nach Troves oder nach Marseille verfrachten, überall muß der Totenschein anerkannt werden . . . Ich kann mich ja nicht davor retten, daß nur e i n I .eblanc geboren, aber zwei begraben werden. Verstehen Sie diese Willkür der verbrecherischen Natur?" Roland Guemin verneinte. Und Leblanc fuhr bekümmert fort: „Die Bosheit Pollards gleitet an mir ab, er ist ein Kretin, den Gott in seinem Zorn auf den Platz eines Oberinspektors gesetzt hat. Aber Eonhomme weiß nicht, welche Zeugen sich für die Identität des ermordeten Mannes gemeldet haben. Und wüßte er deren Namen, so wären es falsche. Es ist ja klar, daß die Verbrecher, die den Armen vergiftet, die Trau herbeigeholt und dann sich aus der Schlinge gezogen haben, nie mit ihren wirklichen Namen herausgetreten wären." „Ich verstehe von all dem gar nichts", beteuerte Guemin. „Erzählen Sie doch einmal ausführlich, was sich zugetragen hat und welcher Mann ermordet wurde!"