Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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würde, das ihn, Leblanc, ermordet hätte. Die Konkurrenz ist ja unter den Kriminalisten genau so groß, wie bei den Nordpol und Tibetforschern . . . Zunächst lenkte Leblanc seine Schritte zu den Begräbnisinstituten, dann weihte er die Bahntiansportgesellschaften in das Geheimnis ein, um auch über verdächtige Transporte nach außerhalb unterrichtet zu sein, und dann aß er in euier elenden Kneipe in der Rue Dupin sein Diner. Unter dem Einfluß des Weines packte ihn der Mut, ein dürftiges Cabaret in der Rue des Orteaux aufzusuchen, ganz weit draußen neben den früheren Befestigungen der Hauptstadt, und als er sich hier an dem Bewußtsein erlabt hatte, selbst als „erledigter" Kommissar noch die Erbfeinde der menschlichen Gesellschaft, die Gauner, im Auge zu behalten, kehrte er um die elfte Abendstunde in seine Wohnung zurück, um sich von Frau Tufftar Bericht erstatten zu lassen. Mit einem heiteren, einem feuchten Auge besah er sich die Widmungen, die auf den Schleifen Platz gefunden hatten; und wirklich: — es waren manche Initialen darunter, die ihn an froh verbrachte, an verschwiegene Sti-nden erinnerten. Ja, ja, die Frauen, — die lieben, lieben Frauen! „Und nichts Schriftliches, - keine Post, — wie?" fragte er die Wirtschafterin, die gleichfalls gegen eine Rührung kämpfte. „Nichts, Herr Leblanc," sagte die gute, dicke Alte. „Na ja, wer soll auch einem Toten noch etwas mitzuteilen haben," meinte Richard Leblanc vor sich hin. „Um so mehr werden sie nachher schreiben, wenn ich den Mord aufgedeckt habe. Aber dieses Mal — beim Zeus! — dieses Mal schone ich den unfähigen Pollard nicht! In den Staub soll er vor mir!" Frau Tufftar sagte kein Wort. „Ich halte mich bei Madame Richepin auf," meinte Leblanc zum Abschied, — „Sie wissen die Nummer . , . Sollte irgendetwas eintreten, so verständigen Sie mich, ja?" Und vorsichtig schlich er dann die Treppe hinab, schloß das Haustor auf und drückte sich auf den Fußspitzen hinaus, ohne die Tür hinter sich wieder zu verriegeln. Es trat nichts ein, nicht das geringste. Lmd Celeste Richepin war sehr unzufrieden mit ihrem Freunde. ..Ich will dir was sagen, mein dicker Wolf." begann sie deshalb am vierten Tage, „das geht so nicht weiter. Wir müssen den getrennten Haushalt ja doch wiederherstellen, nicht wahr? Und da ist es um so besser, je eher das geschieht. Söhne dich mit Pollard aus, — lade ihn meinetwegen einmal hierher ein, daß wir ihm klar machen, wie wenig du an der Sache schuld bist . . . Und dann wird alles wieder ins Lot kommen." „Pollard soll hierherkommen ?•' fragte Leblanc verdutzt. „Nun ja," sagte Celeste ganz harmlos, „was ist dabei? Er ist ein Mann wie alle andern Männer, — ich bin eine Frau . . . Schön, icii weiß nicht, was dich so in Erstaunen versetzen kann. Zudem ist er dein Vorgesetzter, der dir Scherereien verursacht. Da ist es meine Pflicht, einzugreifen und dir das Leben zu erleichtem. Meinst du nicht auch? Schließlich . . . schließlich helfe ich dir doch damit, und wenn er zum Tee hierherkommt, ist noch nichts Unlauteres geschehen. Du sagst doch sonst immer, Ihr von der Polizei seid lauter Josephe . . ." „Aber Pollard nicht, meine Liebe!" „Papperlapapp!" sagte Celeste ungeduldig, „Pollard auch, das weiß ich, ehe ich ihn kenne. Er hat was gegen dich, das ist alles. Er ist vielleicht auch neidisch auf deine beiden Erfolge, mag sein . . . Aber vor allem denkt er, du hast ihn an der Nase herumgeführt, indem du mit Dr. Bonhomme unter einer Decke stecktest und ein wenig Reklame für dich machen wolltest!" „Ich mit Bonhomme unter einer Decke — ?" brauste Leblanc auf. „Nun schweig' aber von dem Unsinn! Bonhomme erkannte mich ja gar nicht, als ich zu ihm kam . . ." „Ach, du seltener Mensch," lächelte Celeste Richepin spitz, „glaubst du denn wirklch, Pollard würde sich auf ein Leugnen Bonhommes verlassen, ja? Dazu ist Pollard doch zu gewitzt, mein Junge, und zudem ist er a u c h von der Polizei! Er wird doch nicht erwarten, daß Bonhomme sich dem Gericht ausliefert, nachde tt er der Polzei davon Mitteilung machte, daß du bei ihm eingeliefert worden seiest1" „Großer Gott!" stöhnte Richard Leblanc, ..was sagst du da! Wenn das möglich wäre... Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht! Am Fnde habe ich so giftige Feinde unter den Kollegen, daß man meinen Untergang angezettelt hat . . ." „Also soll ich Pollard einladen?" fragte Celeste. ..Tue das!" bat Leblanc. „Schön," schloß Madame Richepin das Duell. ..gehe hin und sage ihm, daß ich mich sehr freuen würde, wenn er mir heute abend die Ehre gäbe." „Heute schon J" „Heute — sage ich! Geh also aufs Amt!" Und Leblanc gehorchte. Durch ein Seitenportal kam er ungesehen bis auf den Flur, in dem der Oberinspektor Pollard sein Zimmer hatte. Er faßte sich ein Herz und trat unangemeldet ein. Das Glück war ihm günstig gesinnt. „Ah, schau an, der Tote . . .," sagte Pollard. als er Leblancs ansichtig wurde. Und er lächelte ein ganz klein wenig, als er fortfuhr: „Und leise, unangemeldet wie der Tod kommt er herein . . ." 56