Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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Sensation: Manfred K ö m p c i , der Münchener, ließ sich seine Haferlschuh putzen. Sowas hatte man in Valencia noch nicht gesehen. Etwa 20 zerlumpte Vertreter der Innung sammelte sich an, befühlten die Lasche des Haferlschuhs und tauschten schnatternd ihre Meinung darüber aus. Es war ein großer Tag für die ganze Gilde . . Auf die Stierkämpfer will ich nicht weiter eingehen. Es ist darüber ja auch hier das meiste bekannt. Neu war mir nur, daß die Stierkämpfer ein kleines Zöpfchen tragen und daß man in den Läden von den Berühmtheiten Postkarten verkauft, wie bei uns von den Filmstars; daß es in Spanien über 200 Steinarenen gibt, in denen zweimal in der Woche Stierkämpfe stattfinden, bei denen je 6 Stiere und bis 20 arme Pferde getötet werden. Die Saison hatte noch nicht begonnen, dafür haben wir bei Malaga in einer Stierkämpferschule Stierkämpfe gesehen. Doch die Erinnerung daran macht mich so traurig, daß ich alles gern vergessen möchte. Ich kann das traurige Brüllen des Stieres und sein großes Auge immer noch nicht vergessen, als ihm der lange Degen schon im Leibe steckte . . . Wenn ich daran denke und an alle die Tausende armer kleiner Esel, die die „Automobile Spaniens" sind und die so geschunden werden, da muß ich sehr schlecht von Spanien denken und möchte es direkt als barbarisch und grausam bezeichnen. Aber in Valencia im Palace-Hotel erlebten wir auch einen schönen Beweis von der Ritterlichkeit der Spanier. Kaum daß wir saßen und einige spanische Offiziere uns als Deutsche erkannten, da intonierte die Musik uns zu Ehren: „Deutschland über alles!" Uns kamen im fremden Land Tränen der Rührung an. Palmen, Feigen, Kakteen, lachende Sonne. Wir haben herrliche Aufnahmen gemacht und der Regen hat unseren Operateur L ü 1 1 g e n s selten geärgert. Granada. Alhambra. Aber auch die ist ja hier am meisten von Spanien bekannt. Interessant waren uns Tänze von Zigeunern, die fast wie wilde Tiere in Höhlen leben. Hier sah ich eine wirkliche Carmen mit derartigen Glutaugen, daß ich fast erschrak! Diesen Zigeunern geht es glänzend, denn sie werden regelmäßig von Cook'schen Reisetruppen Bei Freilichtaufnahmen im spanischen Süden muß man zufrieden sein, wenn der Wirt einer Honda den Künstlern Tisch und Stuhl aui die Landstraße stellt, damit sie sich schminken können. 78 besucht, die es sich etwas kosten lassen. Die Tänze haben absolut die Qualität erstklassiger Varietenummern. Amüsant ist es auch in den spanischen Kabaretts, die wir überall besuchten. Es treten da nur Frauen auf, jede einmal, immer in einem anderen Kleid oder bunten Schal, wenig darunter. Sie „schreiten einher" und singen dazu. Die ganze Angelegenheir ist sehr erotisch, wenn auch nirgends so unbekleidet wie bei uns. Aber daher vielleicht desto erotischer. Nachher sind die „Künstlerinnen" immer im Publikum, das nur aus Herren besteht. In manchen Logen stehen Sofas. Das ganze ist bezeichnend für die Stellung der spanischen Frau. Die spanische Dame nämlich lebt ganz zurückgezogen und ist von einer Sittenstrenge, vou der man sich bei uns kaum einen Begriff machen kann. So zogen wir von Stadt zu Stadt, von Motiv zu Motiv, von Hotel zu Hotel. Allmählich hatte sich eine Krankheit der ganzen Truppe bemächtigt, die immer schlimmer wurde, je länger die Reise dauerte: die