Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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watawujtM Zu den bekanntesten literarischen Persönlichkeiten, aber auch zu denen, die etwas seht schnell ,,ins Kraut geschossen" sind und schon aus diesem Grunde Mißtrauen vorfanden, gehört der Polygraph Ferdinand Ossendowski. Seinen drei bekanntesten Schriften über das nachrevolutionäre Rußland und über gewisse Zustände im Innern Asiens hat er jetzt im Verlage E u r a s i a , Internationale Verlagsgcscllschaft m. b. H., Wien, einen Band ,, Japanische Erzählungen" folgen lassen, der mehr Erzählungen über Japan, als Erzählungen aus Japan bringt. Nachdem wir eine beachtenswerte Literatur sozusagen bodenständig japanischen Charakters kennenlernen durften, muten diese japanischen Exkurse Ossendowskis etwas matt und erdacht an: man hat eigentlich nie das Gefühl, daß es dem Erzähler eine ernste Sache, ein Bedürfnis war, diese Einfälle niederzuschreiben; das Buch ist gewissermaßen eine „sich selbst abgequetschte Sammlung zeilenmäßig honorierter Feuilletons" — und keinen Deut mehr. Immerhin ist es für die Beurteilung Ossendowskis recht interessant. Dabei braucht man — als geographischer Laie — sich in keiner Weise auf den harten Standpunkt zu stellen, den Sven Hedin in seiner Streitschrift , .Ossendowski und die Wahrheit", Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig, einnimmt. Hedin hat bekanntlich in einer Reihe öffentlicher Erklärungen gegen den polnischen Flüchtling aus Sowjetrußland energisch protestiert und vertritt noch heute die Meinung, Ossendowskis ganze Flucht durch Tibet sei erlogen. Er bringt hierfür Reweise, deren Nachprüfung Sache der Wissenschaftler ist. Uns Laien mutet der Streit etwas gedehnt und gespreizt an, weil er eben für das Urteil und die Kritik der Oeffentlichkeit zu entlegene Gebiete berührt. Nichtsdestoweniger sind die beiden genannten Bücher für aufmerksame Zeitgenossen sehr fesselnd und für die Lektüre zu empfehlen. Für die Verehrer Sven Hedins ist übrigens im Verlag F. A. Brockhaus ein prachtvolles Werk der Schwestei iles Forschers, Alma Hcdin, erschienen, und zwar unter dem Titel „Mein Bruder Sven". Selten hat jemand bei Lebzeiten einen so liebenswürdigen und im Stil blendenden Kommentator gefunden! Nicht als ob Sven dessen benötigte, aber es ist doch ungemein erfrischend, einmal Näheres aus dem F'amilienlcbcn über den Men-chen zu lesen, der Jahrzehnte hindurch sozusagen „tonangebend" auf dem Gebiete der Asienforschung gewesen ist Und mit wieviclen Menschen hoher und höchster Rangstufen ist Hedin nicht allerorten zusammengekommen, wieviel sympathische menschliche Züge weiß Alma Hedin aufzudecken! Ich glaube, den größten Reiz wird es haben, zu sehen, in wie enger \ erhindung Hedin immer mit seiner Familie gestanden hat, wie schwer ihm immer wieder das Scheiden von daheim wurde . . . und welche Bände, buchstäblich „Bände", die Briefsammlungen einnehmen, deren Urheber er auf seinen vieljährigen Irrfahrten war. Das Werk ist sehr geschmack voll ausgestattet, enthalt viele Bilder und bedeutet einer wertvolle Bereicherung einer jeden Bibliothek. Eine eigenartige und ganz perönlichc Reiseschilderung ist die. «eiche Ebbe Korncrup in Stuttgart, Kosmos Verlag, Franckschc Buchhandlung, über „Peru" hat erscheinen lassen. Ebbe Kornerup nimmt den Leser gewissermaßen mit sich auf die Wanderung, er fesselt ihn von der ersten Minute an und schildert nur» jeden Eindruck so kraftvoll anekdotisch, so bildhaft, daß das schmucke, mit vielen Zeichnungen geschmückte Bändchen beinahe zu kurz erscheint. Städtcbilder wie von Lima. Arcquipa, Callao und Cuzco werden mit so bildhaften Sätzen vor uns entworfen, daß wir alles plastisch vor uns zu sehen vermeinen. Es ist erfreulich, derartige Schriften in die Hand zu bekommen. Sodann müssen zwei nette Untcrhaltungsromane erwähnt werden, zuerst „In Liebe lest" von Max von Altenburg, Verlag Sonnemann in Halle, und alsdann „Annemarie" von Helene von Müblau, Verlag Hesse & Becker. Die beiden Romane dürfen in einem Atem genannt werden, weil sie in den guten Gesellschaftskreisen spielen und uns nahe berührende Schicksale angenehmer Menschen schildern. In dem Roman „In Liebe fest" stört vielleicht bisweilen die unnötige Betonung des Französischen: man glaubt auch ohne diese leicht wiederkehrenden Phrasen („Parbleu, ein verteufelt joli garcon bin ich doch!"), daß die Leute französisch gelernt haben oder aber in Frankreich zumeist französisch zu sprechen gewohnt sind. Aber findet man sich mit dieser Maniricrthcit des Verfassers ab, sovermag der Roman sehr gut zu unterhalten. Ueber „Annemarie" kein weiteres Wort, als: hier siegt die Unmittelbarkeit der dichterischen Geschichte über alle etwaigen Einwände. Man freut sich oft, und das ist — erfreulich . . Eine für sentimentale Gemüter ergreifende Geschichte ist ..Das Kind von Europa", die Geschichte Kaspar Hausers — von Sophie Hoechstettcr in Romanform gebracht, erschienen im Verlag I. L. Schräg. Nürnberg. Das sonderbare, fast unheimliche Schicksal des Kaspar Häuser, der an der Schwelle des Jünglingsalters stehend, plötzlich in Nürnberg auftauchte, der Sprache fast ganz unbegabt und auch sonst, trotz ersichtlicher Gewecktheit des Geistes, im Bildungszustand eines vierjährigen Kindes begriffen — dieses historisch beglaubigte Schicksal hat von jeher die Phantasie lebhaft gefesselt. Man glaubt ja heute, daß es sich um einen rechtmäßigen Thronfolger, der im kindlichsten Alter geraubt und aus Gründen der dynastischen Erbfolge gefangen gehalten wurde, handelte. — Ansclm von Feuerbach und ein Lord Stanhopc haben sich, jeder in seiner Art, für diesen: Findling interessiert, schließlich aber starb Kaspar Häuser auf genau so rätselhafte Art, wie er ins öffentliche Leben trat . . . Würden wir heute einen Film dieses Inhaltes vorgesetzt erhalten, würden wir wahrscheinlich kein gutes Haar an ihm lassen, aber das I i Im n ist oft kurioser und herzloser als die Phantasie Hflfefe ■ ■ IE FÜHRENDE AKT WOCHENSC E RSCHE INT M I TTWOCH ICH]