Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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„Sind hier eben eine Dame und ein Herr in einen Wagen eingestiegen?" Und er begann unvermittelt zu laufen, in der Richtung auf den Platz zu, weil er dort Autotaxen vermutete. Ein einziger Wagen hielt drüben. Er rannte auf ihn zu und brüllte den Chauffeur an: „Sind hier eben eine Dame und ein Herr, ein Dicker, in einen Wagen eingestiegen?" Der Chauffeur deutete nach dein Stadtinnern zu. „Herrgott," brüllte Leblanc, „können Sie nicht antworten? Haben Sie gehört, wohin die beiden wollten?" „Ins Tabarin, Herr!" lallte der Kutscher. „Ins Tabarin, — ins Tabarin," dachte Leblanc, was sollen sie im Ballsaal . . .? Er, der auffallend korpulente, steckbrieflich verfolgte Bankrotteur . . . und sie . . ., aber ja, sie ist ja Tänzerin!" — Und er stieg in die Autotaxe und rief dem Kutscher zu: „Los, auch ins Tabarin, Mann! Und so schnell wie möglich!" Das Auto ratterte durch die Straßen und setzte Leblanc vor dem Ballhaus ab; dar Geschäftsführer des „Tabarin führte den Kommissar durch alle Räume des Unternehmens, — es war vergebens. „Vielleicht sind die Herrschaften unterwegs ausgestiegen," sagte er vertröstend. „Ich habe auch schon daran gedacht," nickte Leblanc und verabschiedete sich. Dann fuhr er zum Boulevard Voltaire zurück; die Kneipe war noch offen. Auch die Wirtin war noch munter. Als sie Leblancs an 48 sichtig wurde, erhob sie sich: „Aber junger Mann, wer wird denn gleich so wild sein!" „Sie haben mir alles verdorben," wollte Leblanc schelten. „Nun hören Sie aber auf," knurrte die Frau. „Sie rennen weg und werfen ein Zehnfrankstück auf den Fußboden! Kaum sind Sie draußen verschwunden, kommt der Dicke wieder mit ihr zurück . . . Beide gehen hinauf in ihr Zimmer. Nach fünf Minuten kommen sie wieder herunter, und sehen nach rechts und nach links ... Ich hinaus zu ihnen. ,Meine Dame', sage ich, ,der Herr sucht Sie . . . er ist eben zum Platz hinuntergelaufen! Warten Sie doch ein wenig, er wird gleich zurückkommen!' Da sagt der Dickwanst: ,Ach, da werden wir ihm nachfahren, komm', Sarafina!' und weg sind sie . . ." „Mit Gepäck, ja?' fragte Leblanc. „Mit einem kleinen Koffer nur," lächelte die Wirtin. „Es ist gut," brummte Leblanc, „ich werde sie finden! Auf Wiedersehen, gute Frau!" Und wütend ging er abermals zur Place de la Nation hinüber. Eine Kirchturm-Uhr schlug irgendwo einen Schlag, Mitternacht war vorüber . . . Es war ärgerlich, es war hundsgemein: — aber Leblanc hatte selbst schuld: wozu ersann er das Märchen von der unglücklichen Liebe? Jeder andere Kriminalist hätte sich vermutlich als Beamter bei der Wirtin ausgewiesen, und die Wirtin wäre darauf eingegangen. Aber Herr Richard Leblanc mußte seinen persönlichen Weg einschlagen! Und nun hatte er die Quittung dafür. Nun konnte er wieder von vorn anfangen mit dem Suchen. Mehr noch: unzweifelhaft würde Sabadell jetzt doch Paris verlassen, da er jemand auf seiner Fährte wußte, und jedes Auffinden war nur noch ein Folge des Zufalles. O, er mußte die Hilfe Celeste Richepins in Anspruch nehmen, — es ging nicht anders. Er mußte mit ihr frei und offen reden: wie kommst du zu Sabadell . . . und was hast du gemein mit ihm? Unruhig verbrachte Leblanc die Nacht; um fünf Uhr früh stand er schon am Nordbahnhof und instruierte persönlich die Bahnhofswache, um %6 war er am Quai d'Orsay-Bahnhof und wiederholte hier die Instruktion. Zerschlagen kam er zurück und legte sich noch einmal nieder. Um %9 Uhr brachte Frau Tuftar, die prachtvolle Wirtschafterin, die Post ins Arbeitszimmer; Leblanc erwachte im Klubsessel, — er fühlte sich gerädert und gevierteilt. Mit blinzelnden Augen durchflog er die Post — , und er warf einen rosafarbenen Brief zur Seite: ausgerechnet heute mußte sich Anne Cedraille anmelden: in Quimper hatte der Regen eingesetzt, und die Saison in Naftes hatte noch nicht wieder begonnen, „also komme ich zu dir, du Herzensjunge," schrieb sie. „Du wirst viel Zeit für mich übrig haben müssen, denn ich war seit zwei Jahren nicht mehr in Paris!"