Filmland : deutsche Monatschrift (1924 - 1925)

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den. Wir wissen nicht, ob dies ein glücklicher Griff war: nach unserer Meinung ist Herr Leblanc nicht der Mann, der für die Verfolgung eines so geriebenen Gauners in Betracht kam. Wir werden sehen, ob unsere Auffassung durch den Gang der Ereignisse bestätigt wird." Kommissar Guemin sah seinem Kollegen abwartend ins Gesicht. „Ein tolles Stück, was?" fragte er lauernd. „Und was sagt Pollard?" erkundigte sich Leblanc. „Er sagte: — darf ich's Ihnen verraten, Herr Kollege?" Leblanc biß die Zähne zusammen: „Sagen Sie's!" Er sagte: — der Leblanc wird bald ausgespielt haben!" Leblanc war weiß bis an die Lippen geworden. Er räusperte sich: „So?" Und dann gab er Guemin die Zeitung zurück. „Ich gehe sofort zu Pollard!" nickte er. Einige Minuten ging er auf und ab in seinem Zimmer, dann ließ er sich mit dem Vorgesetzten verbinden. Pollard hatte das Dienstgebäude verlassen. Voller Unruhe wartete Leblanc. Es wurde ein Uhr, zwei Uhr, — Pollard kam nicht wieder. Leblanc ließ sich mit Radeau verbinden, — der war sehr ungehalten: „Was wollen Sie denn von mir?" krähte Radeau. „Pollard ist majorenn, ich passe auf ihn nicht auf!" Kurz nach zwei Uhr wurde bei Leblanc eine Dame gemeldet, es war Anne Cedraille aus Quimper. Leblanc fuhr aus der Haut vor Wut: „Wie kommst Du hierher?" schrie er. „Warte zuhause auf mich! Du machst mich unmöglich!" „Aber, mein Herzensbub," sagte Anne bestürzt, „kennst Du mich denn nicht wieder?-' Leblanc fuhr sich mit den Fingern in die Haare: „Ich überlege Steckbriefe . . . und da kommst Du dazwischen! Polizei ist Dienst, meine Holde! Geh nachhause, zu mir... Melde Dich bei der Tufftar, — das ist meine Doncella! Mach Dich für den Abend fertig! Ich geh mit Dir, wohin Du willst, aber lasse mich jetzt nachdenken und arbeiten . . ." Anne sah aus verwunderten Augen zu ihrem „Herzensbub" auf, streckte dann die Arme aus und hängte sich an seinen Hals. In diesem Moment öffnete sich die Tür: Pollard stand draußen. Er kam eben von der Straße und wollte nach Leblanc sehen. „Mein Gott — ," sagte er, als er die Umarmung gewahrte. „Ich störe Herr Leblanc . . ." Und er wollte die Tür wieder schließen. Aber schon hatte sich Leblanc von Annes Armen befreit. „Herr Pollard," sagte er, während er den Abglanz einer dienstlichen Haltung einnahm, „ich stehe zur Verfügung . . ." Pollard lächelte sehr nett: „Wollen Sie mich nicht vorstellen, mein lieber Herr Leblanc? — Eine Nichte, vermute ich... „Ganz recht, eine Nichte, — " sagte Leblanc beflissen, „Fräulein Anne Cedraille, eine Verwandte mütterlichseits . . ." „Aus Quimper — ?" lächelte Pollard. Und ehe Leblanc noch leugnen konnte, nickte Fräulein Cedraille Herrn Pollard an: „Sie wissen schon mein Herr?" „Ich heiße Pollard," sagte der Oberinspektor und verbeugte sich. Und er reichte der Provinzialin die Hand: „Ich habe jetzt mit Ihrem Herrn Vetter . . . oder was er ist . . . eine dienstliche Unterhaltung . . ., aber ich würde mich freuen, wenn Sie mir einmal mit ihm die Ehre gäben, mein verehrtes Fräulein! Ich sage gerne: auf Wiedersehen!" „Auf Wiedersehen!" lachte Anne Cedraille. Und Leblanc folgte zornbeschwert seinem Oberinspektor in dessen Arbeitszimmer. Dort wurde Pollards Gesicht ernst und streng. „War haben Sie mir zu melden, Herr Leblanc?" fragte er und deutete auf den Stuhl, der für Besucher jeglicher Art bereitstand. Es war ein Symptom, daß Pollard nicht auf das rote Plüschsofa deutete: dort durften nur die Gäste Platz nehmen, die ein besonderes Vertrauen genossen. Dienstliche Gespräche, bei denen private Empfindungen zu schweigen hatten, wurden auf gewöhnlichen Stühlen erledigt. Leblancs Zorn ließ nach, als er auf diese Weise merkte, daß ein Ereignis einschneidender Art eingetreten sein mußte. Er wurde wieder unsicher in seinem Grimm und erachtete die Vorsicht als den besten Teil im Verkehr mit dem Vorgesetzten. „Was haben Sie mir zu melden?" fragte Pollard abermals, indem er sich vor seinem Schreibtisch niederließ. „Ich möchte damit beginnen," sagte Leblanc ganz zahm, „daß ich heute früh bei Madame Richepin war und ihr ins Gesicht sagen konnte, Sabadell habe sie heute nacht um ein Uhr besucht!" Pollard nickte: „Und weiter!" Leblanc sah in Pollards gerötetes Gesicht, das auf nichts Gutes schließen ließ. .Mein Gott', dachte er, ,wenn er etwas gegen mich hat, mag er's bald sagen. Es ist ja ekelhaft, den Skandal immer drohen zu sehen. Jedenfalls habe ich mir nichts vorzuwerfen, hingegen ... er . . .' Pollard sah mit einem stechenden Blick zu Leblanc hinüber: „Sie pausieren etwas länglich. Herr Leblanc," sagte er mit Schärfe „Was also gibt es sonst noch? Fassen Sie sich kurz!" Leblanc nickte: „Ganz kurz, Herr Pollard. Ich hatte Sabadells Spur bis zum Boulevard Voltaire verfolgt und hätte ihn beinahe verhaftet, als er mir durch die Schuld einer Gastwirtin entwischte. Ich entdeckte die Spur wieder bei Madame Richepin . . ." 52