Film-Magazin Vereinigt Mit Filmwelt (1929)

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VON GERTRUD WIETHAKE Keine Zauberlampe verhalf Maurice Chevalier, dem ausgesprochenen Liebling der Pariser Bühne, welcher soeben seinen ersten Film für die Paramount in Hollywood fertigstellt, aus der Nacht seiner ärmlichen, freudlosen Kindheit zum Lichtblick, denn er ist heute eine der populärsten Figuren des Nachtlebens auf dem europäischen Kontinent. — Wenn man die Geschichte seines nimmer erschlaffenden Ringens mit dem Hungergespenst und dem Wunsche, andere zu beglücken, betrachtet, so muß man unwillkürlich an den Aufstieg Charlie Chaphns denken, denn nur große Genies, wie Chaplin, die Negri und wenig andere, hatten die Ausdauer, immer wieder den Kampf mit den sich ihnen entgegenstellenden Hemmnissen aufzunehmen und trotz aller Mißerfolge nicht zu verzagen. — Chevalier erblickte vor etwa dreißig Jahren in Menilmontant, nahe Paris, das Licht der Welt. Sein Vater starb bereits, als Maurice elf Jahre zählte, und hinterließ die Mutter und einige jüngere Geschwister in äußerst bedrückter Lage. — Schon in diesem Alter waren Chevaliers ganze Träume auf die Bühne gerichtet, die natürlich für den von allem leicht begeisterten Jungen aus dem Zirkus mit seinen Clowns und Akrobaten bestand. Dieses Bühnenfieber ist schuld, daß Maurice mit zwölf Jahren aus der Schule gewiesen wurde. Damals, als er noch rechnen sollte, wieviel von 40 Sous nachbleiben, wenn man zwölf davon nimmt, ertappte sein Lehrer ihn beim Nachahmen seines Lieblingsclowns, und ihm wurde ohne viele Umstände der Besuch der Anstalt des Wissens untersagt. — Der so gebrandmarkte Junge wurde dann Tischlerlehrling. Doch zwischen den fallenden Spänen tauchten immer wieder die regenbogenartigen Visionen von Kaffeehäusern, Konzerten und Zirkussen auf, bis der Meister ihn davonjagte. Dann wurde er der Reihe nach Gehilfe eines Elektrotechnikers, eines Buchdruckers, und schließHch finden wir ihn in einer Puppenfabrik beim Bemalen der Porzcllangesichtcr wieder. Aber anstatt den Weisungen seines Vorgesetzten zu folgen und engelhafte Gesichtchen zu malen, pinselte Chevalier hochrote Wangen und verwandelte die Puppen in phantastische Marionetten, so daß er sich sehr bald wieder auf der Arbeitssuche befand. — Nun, im Alter von dreizehn Jahren, ist : Reisender für eine Farbenhandlung und zum ersten mal verhebt. Die glückHche kleine Dame seines Herzens ist Georgette, eine blonde Mademoiselle von zehn Lenzen. Der romantische Maurice nimmt diese kindliche Affäre sehr ernst, und das Ende vom Liede ist, daß sein Chef ihn mit der Begründung, er sei keinen Sou wert, an die Luft befördert. Doch Maurice nimmt dieses nicht weiter krumm; denn nun hat er ja genügend Zeit, mit seiner geliebten Georgette spazierenzugehen. Bei einem ihrer täglichen Gänge kamen sie an einer Kirche vorüber, in welche gerade ein Hochzeitszug trat. Der Junge, welcher stets voll von komischen Einfällen steckte, breitete plötzlich seine Arme aus, stimmte ein ulkiges Liedchen an, und — die Kirchentür schließt sich und quetscht Maurices Finger erheblich. Im Krankenhaus beschließt er dann, seine Liebe für Georgette fahren zu lassen. — Der genesene Maurice ist nun in einer Nagelfabrik angestellt und leistet so gute Arbeit, daß es fast den Anschein nimmt, als ob er seine Berufung fürs Leben entdeckt habe . . . . Nägel zu fabrizieren! Seine Theatersucht ist aber immer noch nicht eingeschlafen, und während seiner Frühstückspausen stiehlt er sich auf den Hof und mimt bekannte Schauspieler. Nach Feierabend findet man ihn regelmäßig bei einer Turnvereinigung, um sich als Akrobat auszubilden; doch ein verstauchter Fuß und ein zerschlagenes Gesicht, welches er beim Ausüben seiner Kunst da\ontrug, veranlassen seine Mutter, ein energisches Wort mit ihrem Maurice zu reden, und sie verbietet ihm alle weiteren Versuche auf diesem Gebiet, — Sowie Chevalier aber wieder einigermaßen hergestellt ist, begibt er sich zur Konzerthalle der ,,Drei Löwen" und erzählt dem Inhaber dreist von einigen erfolgreichen Tournees als Sänger, die aber nur in seiner Einbildung existieren. Er bittet ihn um Anstellung, und die Gattin des Inhabers, die an dem hübschen Jungen Gefallen findet, legt bei ihrem Gatten ein gutes Wort für ihn ein, so daß der Junge sich tatsächhch sein erstes Engagement als Sängef erbluffte. Maurice, der noch nie mit Klavierbegleitung gesungen hatte und noch viel weniger vor so vielen Menschen aufgetreten war, versagte vollkommen. — ,,Gut, dieses Mal war es halt ein Mißhngen", sagte er zu sich. ,,Das ist sogar schon Caruso passiert. Nächstes Mal werde ich mehr Erfolg haben." — Und mit diesem zuversichtlichen Trost sucht er weitere Chancen. Er findet die nächste Anstellung als Sänger im Casino de Tourelles. Der Junge imitiert be= kannte Persönlichkeiten, tanzt und gibt Schlager zum besten. Er erhielt pro Abend drei Francs und trat viermal wöchentlich auf. — Durch einen seiner Pariser Freunde wird er